Das Hotel New Hampshire
besorgt aus - Frank sah weg.
Das war im Herbst 1939. Meine Mutter wußte es zwar noch nicht, aber sie war bereits schwanger - mit Frank. Mein Vater fuhr die Ostküste hinunter, und während er die Ferienhotels abklapperte - mit ihrem Big-Band-Sound, ihren Bingo spielenden Gesellschaften und ihren Kasinos -, gelangte er mit dem Wechsel der Jahreszeiten immer weiter nach Süden. Er war gerade in Texas, als im Frühjahr 1940 Frank geboren wurde; Vater und Earl reisten zu der Zeit zusammen mit einer Truppe, die sich ›Lone Star Brass Band‹ nannte. Bären waren in Texas beliebt - auch wenn ein Betrunkener in Fort Worth versucht hatte, die 37er Indian zu stehlen, nicht ahnend, daß der schlafende Earl ans Motorrad gekettet war. Das Gericht in Texas verlangte, daß Vater für den Krankenhausaufenthalt des Mannes bezahlte, und Vater mußte noch einmal einen Teil seines Verdienstes drangeben, um die lange Reise in den Osten antreten und sein erstes Kind in der Welt willkommen heißen zu können.
Meine Mutter war noch im Krankenhaus, als Vater nach Dairy zurückkam. Sie gaben Frank den Namen »Frank«, weil mein Vater meinte, so werde man in der Familie immer miteinander umgehen: frank und frei sollte sich jeder aussprechen können.
»Puh«, pflegte dann Franny zu sagen. Doch Frank war ganz stolz darauf, so zu seinem Namen gekommen zu sein.
Vater blieb gerade lange genug in Dairy, um meiner Mutter zu einer neuen Schwangerschaft zu verhelfen. Dann fuhren er und Earl wieder los, nach Virginia Beach und durch North und South Carolina. Als sie am vierten Juli in Falmouth auf der Halbinsel Cape Cod auftraten, wurden sie fortgejagt und waren schon bald danach wieder bei Mutter in Dairy, um sich von ihrem Unglück zu erholen. In Falmouth war während des Festzugs zum Tag der Unabhängigkeit an der 37er Indian ein Lager kaputtgegangen, und Earl war Amok gelaufen, als ein Feuerwehrmann aus Buzzards Bay Vater helfen wollte, den Schaden zu beheben. Der Feuerwehrmann hatte unglücklicherweise zwei Dalmatiner dabei - eine Hunderasse, die noch nie durch besonderen Scharfsinn aufgefallen ist; als wollten sie ihrem Ruf gerecht werden, griffen die Dalmatiner Earl in dem Beiwagen an. Earl riß einem von ihnen kurzerhand den Kopf ab und hetzte den anderen mitten unter die im Festzug mitmarschierenden Männer vom Osterviller Softball-Club, wo der dumme Hund sich zu verstecken versuchte. Der Festzug stob auseinander, der Feuerwehrmann aus Buzzards Bay war in seinem Kummer nicht mehr bereit, meinem Vater mit der defekten Indian zu helfen, und der Sheriff von Falmouth eskortierte Vater und Earl zur Stadtgrenze. Da Earl grundsätzlich in keinem Auto fuhr, war das ein sehr umständlicher Transport, bei dem Earl im Beiwagen des Motorrads saß, das abgeschleppt werden mußte. Sie brauchten fünf Tage, um die Ersatzteile für den Motor aufzutreiben.
Schlimmer war aber, daß Earl nun an Hunden Geschmack gefunden hatte. Coach Bob versuchte, ihm diese Verstümmelungslust dadurch abzugewöhnen, daß er ihm andere sportliche Leistungen beibrachte: er ließ ihn Bälle apportieren, verbesserte seine Rolle vorwärts und übte sogar Rumpfbeugen mit ihm, doch Earl war schon alt und nicht von demselben Glauben an stählende Leibesübungen beseelt wie Iowa-Bob. Zudem entdeckte Earl, daß er Hunde zerfleischen konnte, ohne selber viel laufen zu müssen; wenn er schlau war - und Earl war schlau -, kamen die Hunde zu ihm gelaufen. »Und dann sind sie erledigt«, stellte Coach Bob fest. »Teufel, was der erst als Abwehrspieler hätte leisten können!«
Vater ließ ihn also die meiste Zeit angekettet und achtete darauf, daß er den Beißkorb trug. Mutter sagte, Earl leide an Depressionen - sie fand, daß er immer trauriger wurde, aber mein Vater sagte, Earl sei nicht im geringsten deprimiert. »Er denkt die ganze Zeit an seine Hunde«, sagte Vater. »Und er ist glücklich, solange er ans Motorrad gebunden ist.«
In diesem Sommer 1940 wohnte Vater bei den Bates in Dairy und tingelte abends durch Hampton Beach. Es gelang ihm, mit Earl eine neue Szene einzustudieren. Sie hieß ›Auf dem Arbeitsamt‹ und ersparte der alten Indian weiteren Verschleiß.
Earl und Vater traten im Musikpavillon in Hampton Beach auf. Wenn die Lichter angingen, saß Earl in einem Herrenanzug auf einem Stuhl; der drastisch umgearbeitete Anzug hatte einmal Coach Bob gehört. Wenn sich das Gelächter legte, betrat mein Vater mit einem Blatt Papier in der Hand den Pavillon.
»Sie
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