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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Browns auslaufen - im Krankenhaus in Cleveland. »Mann«, sagte er zu mir am Telefon, »sag deinem Vater nur, ich geb ihm meine Augen, wenn er mir seine Knie dafür gibt.«
    »Und was gibst du mir, wenn ich dir meine Knie gebe?« hörte ich Franny Junior am Telefon fragen. Ich konnte seine Antwort nicht hören, aber sie lächelte und zwinkerte mir zu.
    Wir hätten nach Boston fliegen können; ich bin sicher, Fritz hätte uns abgeholt, und er hätte uns sicher auch umsonst im ersten Hotel New Hampshire wohnen lassen. Aber Vater hatte uns gesagt, er wolle Dairy oder dieses erste Hotel New Hampshire nie wieder sehen. Natürlich hätte Vater es nicht »gesehen«, auch wenn wir hingegangen wären und den Rest unseres Lebens dort verbracht hätten, aber uns war klar, was er meinte. Keiner von uns war scharf darauf, Dairy wiederzusehen und an die Zeit erinnert zu werden, als unsere Familie noch vollzählig war - als jeder
    von uns mit zwei Augen in die Welt blickte.
    In New York waren wir auf neutralem Boden - und eine Zeitlang, da war sich Frank sicher, würde Lillys Verleger uns unterbringen und sich um uns kümmern.
    »Laßt es euch gutgehen«, sagte Frank zu uns. »Ruft einfach den Zimmerservice.« Vater genoß den Zimmerservice wie ein Kind; er bestellte Zeug, das er nie essen würde, und er bestellte seine üblichen untrinkbaren Drinks. Er war noch nie in einem Hotel mit Zimmerservice gewesen; er benahm sich, als sei er auch noch nie in New York gewesen, denn er klagte, das ganze Hotelpersonal verstehe etwa soviel Englisch wie die Leute in Wien - und er hatte natürlich recht, denn es waren Ausländer.
    »So ausländisch, wie die sind, waren die Wiener nicht mal im Traum!«, beschwerte sich mein Vater. »Sprechen sie Deutsch!« brüllte er ins Telefon. »Jessas Gott, Frank«, sagte Vater, »bestell uns mal ein ordentliches Frühstück, ja? Diese Leute verstehen mich nicht.«
    »Wir sind in New York, Pop«, sagte Franny.
    »Die New Yorker sprechen weder deutsch noch englisch, Dad«, erklärte Frank.
    »Was zum Teufel sprechen sie dann?« fragte Vater. »Ich bestelle Croissants und Kaffee, und die bringen Tee und Toast!«
    »Niemand weiß, was die hier sprechen«, sagte Lilly, während sie aus dem Fenster blickte.
    Lillys Verleger brachte uns im Stanhope unter, an der Ecke Eighty-first Street und Fifth Avenue; Lilly hatte um ein Hotel in der Nähe des Metropolitan Museum gebeten, und ich hatte mir etwas in der Nähe des Central Park gewünscht - ich wollte laufen. Und so lief ich nun rund um das Reservoir, vier Runden jeweils, zweimal am Tag - und ich genoß die Qualen der letzten Runde, wenn mein Kopf nur noch hin und her rollte und die hohen Gebäude New
    Yorks über mir zu wackeln schienen.
    Lilly blickte aus den Fenstern ihrer Suite im vierzehnten Stock. Sie beobachtete gern, wie die Leute im Museum ein und aus gingen. »Ich glaube, ich würde gern hier wohnen«, sagte sie leise. »Es ist, als sehe man zu, wie in einem Schloß die Könige wechseln«, flüsterte Lilly. »Und man kann auch sehen, wie sich im Park das Laub verfärbt«, stellte Lilly fest. »Und immer wenn du mich besuchst«, sagte Lilly zu mir, »kannst du um das Reservoir laufen und mir bestätigen, daß es noch da ist. Ich will es nie aus der Nähe sehen«, sagte Lilly in ihrer seltsamen Art, »aber es wird beruhigend sein, dich über die Gesundheit des Wassers, die Zahl der Läufer im Park, die Menge des Pferdemists auf dem Reitweg berichten zu hören. Ein Schriftsteller muß über diese Dinge Bescheid wissen.«
    »Hör zu, Lilly«, sagte Frank, »ich glaube, du wirst dir eine ständige Suite hier leisten können, aber stattdessen könntest du dir auch eine Wohnung nehmen. Du brauchst nicht im Stanhope zu bleiben, Lilly«, sagte Frank. »Es wäre vielleicht praktischer, wenn du deine eigene Wohnung hättest.«
    »Nein«, sagte Lilly. »Wenn ich es mir leisten kann, will ich hier wohnen. Diese Familie kann doch bestimmt verstehen, warum ich gern in einem Hotel wohne«, sagte Lilly.
    Franny schauderte. Sie wollte nicht in einem Hotel wohnen, hatte sie mir gesagt. Aber Franny würde eine Zeitlang bei Lilly bleiben - nachdem der Verleger aufhörte, die Rechnung zu bezahlen, und Lilly ihre Eckwohnung im vierzehnten Stock des Hotels beibehielt, sollte Franny ihr noch eine Weile Gesellschaft leisten. »Nur damit du einen Aufpasser hast«, scherzte Franny. Aber ich wußte, wenn jemand einen Aufpasser brauchte, dann war es Franny.
    »Und du weißt auch, vor

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