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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Verschlagenheit - über sie herfielen.
    Nach Meinung Franks, der Lilly gewöhnlich richtig beurteilte, kam für sie noch die Peinlichkeit dazu, ein schlechtes Buch geschrieben zu haben, das von einer ziemlich einflußreichen Gruppe schlechter Leser als heroisch aufgenommen wurde. Unter den Studenten gab es gewisse Analphabeten, die gerade die Vagheit in Der Abend des Geistes anziehend fanden; diese Studenten stellten erleichtert fest, daß absolute Nebelhaftigkeit nicht nur veröffentlicht werden konnte, sondern anscheinend auch mit Ernsthaftigkeit gleichgesetzt wurde. Was einige der Studenten in dem Buch am besten fanden, war laut Frank das, was Lilly an ihrem Buch am meisten haßte - daß es Selbsterforschung trieb, die nirgendwo hinführte, daß es keine durchgehende Handlung hatte, daß seine Figuren mal Charaktere waren und mal nicht, daß es keine Geschichte erzählte. Bestimmte Leute an den Universitäten sehen in einem offenkundigen Mangel an Klarheit irgendwie eine Bestätigung dafür, daß etwas, was jeder Narr als Untugend erkennt, durch die Kunst so umgeordnet werden kann, daß es als Tugend dasteht.
    »Wie zum Teufel kommen diese Studenten bloß auf eine solche Idee!« beschwerte sich Franny.
    »Nicht alle haben diese Idee«, erklärte ihr Frank.
    »Die glauben alle, wenn etwas gekünstelt und angestrengt und verfickt schwierig ist, dann sei das besser als etwas Unkompliziertes, Flüssiges und Verständliches!« schrie Franny. »Was ist bloß los mit diesen Fickern!«
    »Nur einige von ihnen sind so, Franny«, sagte Frank.
    »Nur die, die aus Lillys Scheitern einen Kult gemacht haben?« fragte Franny.
    »Nur die, die auf ihre Lehrer hören«, sagte Frank selbstgefällig - glücklich und zufrieden in einer seiner Gegen-alles-Stimmungen. »Überleg doch mal, Franny: woher haben diese Studenten wohl ihre Denkweise?« fragte Frank. »Von ihren Lehrern.«
    »Jessas Gott«, sagte Franny da nur.
    Sie bewarb sich nicht um eine Rolle in Der Abend des Geistes; aus dem Buch ließ sich ohnehin kein Film machen. Franny wurde viel müheloser zum Filmstar als Lilly zur Schriftstellerin. »Ein Star zu sein ist leichter«, sagte Franny einmal. »Du brauchst nichts anderes zu tun, als locker hinzunehmen, daß du bist wie du bist, und darauf zu vertrauen, daß die Leute dich mögen; du vertraust einfach darauf, daß sie mitkriegen, wie du in dir drin bist«, sagte Franny. »Du bist ganz locker und hoffst, daß du so rüberkommst, wie du in dir drin bist.«
    Bei einem Schriftsteller braucht wohl das, was in ihm drin ist, mehr Nahrung, um herauskommen zu können. Ich wollte Donald Justice immer einen Brief in dieser Sache schreiben, aber ich glaube, ihn - nur einmal, und aus der Ferne - zu sehen sollte genügen. Wenn das Beste und Klarste in ihm nicht in seinen Gedichten steckte, wäre er kein sehr guter Schriftsteller. Und da so viel Gutes und Starkes von ihm in seine Gedichte einfließt, wäre es wahrscheinlich enttäuschend, ihn kennenzulernen. Ich will damit natürlich nicht sagen, daß er möglicherweise ein Nichtsnutz ist. Er ist wahrscheinlich ein wunderbarer Mann.
    Aber er kann unmöglich so präzise sein wie seine Gedichte; seine Gedichte sind so erhaben, daß er selbst einfach eine Enttäuschung sein müßte. In Lillys Fall war natürlich ihr Werk das Enttäuschende - und sie wußte es. Sie wußte, ihr Werk war nicht so liebenswert wie sie selbst, und Lilly hätte es lieber umgekehrt gehabt.
    Was Franny rettete, war nicht nur, daß das Dasein eines Filmstars leichter ist als das eines Schriftstellers. Was Franny auch rettete, war, daß sie als Filmstar nicht allein zu sein brauchte. Donald Justice dagegen weiß, daß du als Schriftsteller ganz allein sein mußt, ob du nun allein lebst oder nicht.

Du würdest mich nicht erkennen.
    Mein Gesicht ist es, das aufblüht
    In den feuchtkalten Spiegeln von Toiletten,
    Wenn du nach dem Lichtschalter tastest.

    Meine Augen haben den Ausdruck
    Der kalten Augen von Statuen,
    Die zusehen, wie ihre Tauben zurückkehren
    Von dem Futter, das du überall verstreut hast.

    »Jessas Gott«, wie Franny einmal sagte. »Wer möchte den schon kennenlernen?«
    Aber Lilly zu kennen, war wunderschön - außer vielleicht für sie selbst. Lilly wollte, daß ihre Worte wunderschön waren, aber ihre Worte ließen sie im Stich.
    Es ist bemerkenswert, daß Franny und ich in Frank einmal den Mäusekönig sahen; bei Frank lagen wir völlig daneben. Wir unterschätzten Frank von Anfang an. Er war

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