Das Hotel New Hampshire
Ich bin sicher, es gibt mehr als nur eine Nummer.«
»Es klingt sehr modern«, sagte Frank.
» Modern, Frank?« sagte Franny.
»Es klingt, als hätten die einen Tick«, sagte ich.
»Was ist ein Tick?« fragte Lilly.
»Vielleicht ein Tier?« fragte Egg.
»Vergiß es«, sagte Mutter.
»Wir sollten uns jetzt wirklich auf das Exeter-Wochenende konzentrieren«, sagte Vater.
»Richtig, und auf euren und meinen Umzug«, sagte IowaBob. »Über den Sommer können wir uns noch lange genug unterhalten.«
»Der ganze Sommer ist bereits ausgebucht?« fragte Mutter.
»Siehst du?« sagte Vater. »So muß das Geschäft laufen! Bereits jetzt ist alles klar für den Sommer und für das Exeter-Wochenende. Alles zu seiner Zeit. Jetzt brauchen wir nur noch einzuziehen.«
Das war eine Woche vor dem Spiel gegen Exeter; es war das Wochenende, an dem Iowa-Bobs Legionäre neun Touchdowns erzielten - es war ihr neunter Sieg in den neun Spielen dieser Saison. Franny bekam das Spiel nicht zu sehen; sie hatte beschlossen, nicht mehr als Cheerleader weiterzumachen. An diesem Samstag halfen wir beide Mutter mit dem Transport der letzten Sachen, die die Möbelwagen noch nicht zum Hotel New Hampshire gefahren hatten; Lilly und Egg gingen mit Vater und Coach Bob zu dem Spiel; Frank marschierte natürlich mit der Schulkapelle.
Es waren dreißig Zimmer in vier Stockwerken, und unsere Familie belegte sieben Zimmer in der Südostecke, verteilt über zwei Stockwerke. Ein Zimmer im Untergeschoß gehörte zu Mrs. Uricks Reich; einschließlich der Zufluchtstätte für Max im dritten Stock waren es also zweiundzwanzig Gästezimmer. Doch das Erste Servier- und Hausmädchen, Ronda Ray, hatte im ersten Stock einen Tagesraum - um sich sammeln zu können, wie sie zu Vater gesagt hatte. Und in der Südostecke im zweiten Stock - direkt über uns - waren zwei Zimmer für Iowa-Bob reserviert. Damit blieben noch neunzehn Gästezimmer, und von denen hatten nur dreizehn ein eigenes Bad; sechs Zimmer hatten die Ausstattung im Zwergformat.
»Es sind mehr als genug Zimmer«, sagte Vater. »Die Stadt ist klein und nicht so überlaufen.«
Es waren vielleicht mehr als genug Zimmer für den Zirkus, der sich Fritzens Nummer nannte, aber wir fragten uns besorgt, wie wir mit dem vollen Haus zurechtkommen würden, das wir für das Exeter-Wochenende erwarteten.
An dem Samstag, an dem wir einzogen, entdeckte Franny die Gegensprechanlage und stellte die Schalter in allen Zimmern auf ›Empfang‹. Sie waren natürlich alle leer, aber wir versuchten uns vorzustellen, wie wir später den ersten Gästen zuhören würden. Die Quatschkisten, wie Vater die Anlage nannte, waren natürlich ein Überbleibsel vom Thompson Female Seminary - die Direktorin konnte alle Klassenzimmer benachrichtigen, wenn es eine Feuerlöschübung gab, und eine Lehrerin konnte ein Klassenzimmer verlassen und trotzdem mithören, ob die Schülerinnen Krach machten. Vater sagte sich, wenn die Sprechanlage erhalten blieb, erübrigten sich Telefone auf den Zimmern.
»Über die Sprechanlage können sie Hilfe herbeirufen«, sagte Vater. »Oder wir können sie zur Frühstückszeit wecken. Und wenn sie telefonieren wollen, können sie das Telefon am Empfang benützen.« Aber mit Hilfe der Quatschkisten war es auch möglich, die Gäste auf ihren Zimmern zu belauschen.
»Vom moralischen Standpunkt ist es nicht möglich«, sagte Vater, aber Franny und ich konnten es kaum erwarten.
An dem Samstag, an dem wir einzogen, hatten wir noch nicht mal das Telefon am Empfang - und auch in unserer Wohnung war noch kein Telefon -, und wir waren ohne Wäsche, da die Firma, die sich um die Hotelwäsche zu kümmern hatte, vertraglich dazu verpflichtet worden war, sich auch der Wäsche unserer Familie anzunehmen. Sie begannen erst am Montag. Auch Ronda Ray begann erst am Montag, aber sie war da - im Hotel New Hampshire - und besichtigte gerade ihren Tagesraum, als wir ankamen.
»Den brauch ich einfach, verstehn Sie?« fragte sie Mutter. »Ich kann morgens, nachdem ich die Frühstücksesser bedient habe - und bevor ich den Mittagessern ihr Essen serviere -, unmöglich auch noch die Betten machen, wenn ich mich nicht mal kurz aufs Ohr legen kann. Und zwischen Mittag- und Abendessen, wenn ich mich da nicht aufs Ohr lege, dann werd ich ganz ekelhaft. Und wenn Sie da wohnten, wo ich wohne, dann würden Sie bestimmt nicht heim wollen.«
Ronda Ray wohnte in Hampton Beach, wo sie für die Sommerfrischler kellnerte und Betten
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