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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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unter seinen flinken Ellenbogen und über seinen Schultern blitzten die Flaschen im Spiegel wie ein Sonnenaufgang, an dessen Kommen Vater immer geglaubt hatte.
    Elf Paare und sieben Einzelpersonen verbrachten die Nacht im Hotel, und ein geschiedener Mann aus Texas hatte die lange Reise gemacht, nur um seinen Sohn gegen Exeter spielen zu sehen; der Junge hatte sich gleich im ersten Viertel den Fuß verstaucht und war ausgeschieden, aber selbst der Texaner schien gutgelaunt. Verglichen mit ihm, wirkten die Paare und die Einzelpersonen ein wenig schüchtern - sie kannten einander nicht, die einzige Gemeinsamkeit war, daß ihre Kinder die Dairy School besuchten; als aber die Kinder in die Wohnheime zurückgekehrt waren, brachte der Texaner die Leute im Restaurant und in der Bar dazu, miteinander zu reden. »Ist es nicht großartig, Kinder zu haben?« fragte er. »Gott, und wie sie alle groß werden, ist das nicht ein Ding?« Alle stimmten ihm zu. Der Texaner sagte: »Kommen Sie doch alle mit Ihren Stühlen rüber an meinen Tisch; ich geb einen aus!« Und Mutter stand ängstlich gespannt in der Küchentür, zusammen mit Mrs. Urick und Max, und Vater stand abwägend aber zuversichtlich, hinter der Bar; Frank rannte hinaus; Franny nahm meine Hand, und wir hielten den Atem an; Iowa-Bob sah aus, als unterdrücke er ein gewaltiges Niesen. Und einer nach dem anderen standen die Leute auf und versuchten ihre Stühle an den Tisch des Texaners zu rücken.
    »Meiner steckt fest!« sagte eine Frau aus New Jersey, die ein bißchen zuviel getrunken hatte; ihr spitzes, quiekendes Kichern erinnerte in seiner Geistlosigkeit an Hamster, die in den kleinen Rädern in ihren Käfigen Meile um Meile laufen.
    Ein Mann aus Connecticut lief dunkelrot an beim Versuch, seinen Stuhl anzuheben, bis seine Frau sagte: »Der ist festgenagelt. Die Nägel gehen direkt in den Boden.«
    Ein Mann aus Massachusetts kniete sich neben seinen Stuhl auf den Boden. »Schrauben«, sagte er. »Das sind Schrauben - vier oder fünf Stück, für jeden Stuhl!«
    Der Texaner kniete sich ebenfalls hin und starrte auf seinen Stuhl.
    »Alles hier ist festgeschraubt!« rief Iowa-Bob plötzlich. Er hatte mit keinem mehr ein Wort gewechselt, seit er nach dem Spiel dem Späher von der Penn State University gesagt hatte, Junior Jones könne überall spielen. Sein Gesicht war ungewöhnlich rot und glänzend, als habe er ein Glas mehr getrunken, als er sich selbst normalerweise gestattete - oder als sei ihm die Tatsache seines Ruhestandes nun doch bewußt geworden. »Wir sind alle auf einem großen Schiff!« sagte Iowa-Bob. »Wir sind alle auf einer großen Kreuzfahrt, rund um die Welt!«
    »Ja-huu!« schrie der Texaner. »Darauf trink ich!«
    Die Frau aus New Jersey umklammerte die Lehne ihres festgeschraubten Stuhls. Einige der anderen setzten sich wieder.
    »Wir laufen Gefahr, fortgespült zu werden, jederzeit!« sagte Coach Bob, und Ronda Ray rutschte hin und her zwischen Bob und den Dairy-Eltern, die etwas steif auf den wohlbefestigten Stühlen saßen; sie verteilte wieder die Untersetzer und die kleinen Cocktail-Servietten und wischte mit dem feuchten Handtuch kurz über die Tischkanten. Frank riskierte vom Flur aus einen Blick; Mutter und die Uricks standen wie gelähmt in der Küchentür; Vater hatte von dem Glanz der Spiegel hinter der Bar nichts eingebüßt, aber er behielt seinen Vater, den alten Iowa-Bob, im Visier, als fürchte er, der pensionierte Coach könnte demnächst etwas Verrücktes von sich geben.
    »Natürlich sind die Stühle festgeschraubt!« sagte Bob und reckte einen Arm zum Himmel, als halte er seine letzte Kabinenpredigt - und als sei dies das Spiel seines Lebens. »Im Hotel New Hampshire«, sagte Iowa-Bob, »geht keiner unter, auch wenn uns die Scheiße um die Ohren fliegt!«
    »Ja-huu! Gottseidank sind die Stühle festgeschraubt!« rief der großherzige Texaner. »Darauf müssen wir trinken!«
    »Ihr braucht euch nur an euren Sitzen festzuhalten!« sagte Coach Bob. »Dann kann euch hier überhaupt nichts passieren.«
    »Ja-huu!« rief der Texaner wieder, aber die anderen schienen alle die Luft anzuhalten.
    Die Frau des Mannes aus Connecticut reagierte mit einem hörbaren Seufzer der Erleichterung.
    »Also wenn das so ist, müssen wir eben alle ein wenig lauter sprechen, damit wir hier wie Freunde richtig miteinander reden können«, sagte der Texaner.
    »Genau!« sagte die Frau aus New Jersey, ein wenig außer Atem.
    Vater hatte immer noch Iowa-Bob

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