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Das Hundehotel

Das Hundehotel

Titel: Das Hundehotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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hatte sich blicken lassen außer Mrs. Flutey.
    Mrs. Flutey war ein bißchen taub. Sie hatte ein Hörgerät, und eine Brille hing an einer Schnur um ihren Hals, aber soweit ich feststellen konnte, war beides ziemlich sinnlos, denn sie hörte nie zu, wenn ich etwas sagte, und sah nie hin, wenn wir von etwas sprachen.
    Sie kam sofort, nachdem sie angerufen und gesagt hatte, sie sei gleich da. «Ich komme», hatte sie verkündet, als ginge es in die Schlacht. «Wo liegt das? Ich finde Sie schon. Was kostet es? Maribou ißt nichts — buchstäblich nichts. Wir essen wie die Spatzen. Eigentlich dürfte es gar nichts kosten, weil sie nur Wasser braucht, nur etwas zu trinken. Maribou ist eben so. Bis gleich.»
    Und dann stand sie in der Tür. Eine kleine dünne Dame, jünger als ich gedacht hatte, mit scharfen Zügen und einem schmalen Mund, der sich wie ein Schnabel öffnete und schloß. Maribou war ein Malteserhündchen.
    Mrs. Flutey sagte: «Da ist sie. Ich kann nicht bleiben. Sorgen Sie bitte dafür, daß ihre Schnauzhaare genug Dorschlebertran bekommen. Achten Sie auf ihre Bewegungen. Schneiden Sie ihre Krallen. Wischen Sie ihr die Augen aus. Haben Sie ein richtiges Rektalthermometer? Macht nichts, versuchen Sie’s mit dem Ohr. Spülen Sie ihre Nase aus. Schneiden Sie die langen Haare unter ihrem Schwanz ab, sie pinkelt sie leicht voll. Da fehlt eine Fliese. Sie brauchen dringend neuen Kies. Schöner Blick hier! Diese Schnellstraße ist ein Jammer. Komme Donnerstag, den Vierzehnten, wieder...»
    Aber sie ging nicht. Sie kam hinter mir her, mit zuckender Nase wie ein Jagdhund. Ich bot ihr eine Tasse Tee an, aber sie schüttelte den Kopf, während sie den Kamin inspizierte, mit einem Finger den Sims entlangfuhr, mit einem Zeh den Vorsetzer, mit dem Blick die Kommode.
    Dann sagte sie: «Ölen Sie die Türen. Zitronenzusatz ist sehr gut. Sie sind nicht sehr ordentlich, nicht wahr?» Sie warf einen Blick auf Maribou und fügte mehr für sich als für mich hinzu: «Blaue Waschtönung.» Dann schritt sie zur Tür, krähte «Das wär’s» und ging.
    Ich vergaß alles, was sie gesagt, gefragt, befohlen hatte. Maribou war niedlich, sensibel und makellos sauber. Sie hatte einen sanften Gesichtsausdruck und war unglaublich ausgeglichen und autark. Sehr kuschelig, aber sie forderte nicht zu Zärtlichkeiten heraus. Ich stellte ihr Körbchen zu Bob und Bill in den Wintergarten, und sie ließ sich darin nieder, nachdem sie ein wenig mit der Decke und dem Kissen herumgepusselt hatte—und mit einem kleinen Hut, den ich zuerst für ihre Nachtmütze hielt, doch wie sich herausstellte, war es Mrs. Fluteys Hut. Aber ich erfuhr nie, ob sie ihn für Maribou dagelassen hatte, was ihrer panzerähnlichen Strenge etwas Menschliches gegeben hätte, oder ob sie ihn vergessen hatte, was ihre automatenhafte Perfektion gemindert hätte.
    Humphrey brachte einen Brief von meinem Mann, der alle Mängel des Krankenhausessens und andere Entbehrungen aufzählte. Er fügte hinzu: «Am Telefon kann ich Dir nicht die Wahrheit sagen, und womöglich fangen sie sogar den Brief ab und rächen sich», als wäre er im Gulag. Ich glaube, er dachte wirklich, daß es passieren könne. Er schrieb auch: «Schwester X (Du weißt schon, welche) trägt eine Perücke! Ihr Häubchen verhakte sich hinter Mick Laffertys Galgen, und beides fiel ins Stechbecken (Häubchen und Perücke, nicht Lafferty und Schwester!). Niemand wagte zu lachen. Sie trägt jetzt eine rote mit Afrolook und sieht aus wie Coco der Clown. » Aber kein Wort über seine Gesundheit. Ehe wir an jenem Abend telefonierten, hatte ich versucht, ein paar Erkundigungen einzuziehen.
    «Guten Abend. Ich möchte gern mit jemandem über meinen Mann sprechen, er liegt auf der Chirurgie. »
    «Sie möchten was?»
    «Mit jemandem sprechen, der für meinen Mann zuständig ist.» Es klang, als wäre er ein gefährlicher Irrer. Hastig fügte ich hinzu: «Mit jemandem, der kompetent ist.» Ich meinte, mindestens mit einem Oberarzt. Ich kam langsam ins Schleudern.
    Eine kurze Pause entstand. «Hier sind alle kompetent», warnte die Stimme, die jetzt so steif und kalt wie ein Leichnam war. Sie erinnerte mich an die Sprechstundenhilfe unseres Hausarztes, als ich in Todesangst anrief, weil Pa mit einem Herzanfall zusammengebrochen war. Sie hatte in demselben Ton gesagt: «Herr Doktor ist sehr beschäftigt», als könnte er höchstens dann beim Deckenstreichen unterbrochen werden, wenn die Pest die Leute zu Tausenden

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