Das Imperium der Prinzen: Roman (German Edition)
würde im Imperium sterben oder so gut wie tot sein, denn die Raine, die ich kannte, würde nicht länger existieren.
Und in meiner Vorstellung noch schlimmer war: Wenn sie nicht programmiert wurde, würde sie nicht mit Prinz Khemri zusammen sein wollen. Ich musste anerkennen, dass das Imperium ihrem Volk zu viel angetan hatte, und als Prinz war ich das Imperium. Jedenfalls würde Raine es so sehen.
Ich dachte ziemlich viel darüber nach, denn obwohl ich wieder Prinz sein wollte, wollte ich doch nicht alles gutheißen, was das Imperium tat. Doch es war ein unlösbares Problem, denn beides konnte nicht voneinander getrennt werden: Prinz und Imperium, Imperium und Prinz. Ich war das, wozu sie mich gemacht hatten.
Am nächsten Morgen wurde Raine zum Dienst zurückgerufen; ihr Schiff stand kurz vor dem Auslaufen. Die KRS hatten alle Beurlaubungen aufgehoben, aber es gab keine offiziellen Begründungen dafür und auch keine verlässlichen Gerüchte.
Es war ein weiterer Beweis dafür, wie weit ich mich schon von einem normalen Verhalten als Prinz entfernt hatte, dass ich Raine Eckie gab – per Handbewegung und Psitech hatte ich ihn dazu aufgefordert, sich von ihr tragen zu lassen. Eckie war mit Abstand der beste Vakuumanzug, den ich in Kharalcha gesehen hatte, und ich hätte ihn selbst behalten sollen. Aber wie ich nun schon zweimal gezeigt hatte – zunächst in der Kapsel und dann bei der Sache mit dem silbernen Kästchen, das ich für eine Blumenfalle hielt –, sorgte ich mich mehr um ihre Sicherheit als um meine.
Raine nahm Eckie mit. Ich rang das Gefühl nieder, dass ich irgendwie in der Mitte zerbrochen war – mein Imperiales Ich wurde fortgerissen von einer anderen Identität, die gerade entstand –, und machte mich wieder daran, Lecks aufzuspüren und zu flicken und dann am Angelplatz nach dem Rechten zu sehen.
Ich fragte per Psitech nach dem Entwicklungsstand des Rettungstiers und war über seine Antwort verdutzt. Ich hatte gedacht, dass es noch ein paar Tage brauchen würde, aber es war in vollem Umfang einsatzfähig und meldete, dass es sich selbst zusätzliche Fische gefangen hatte, um seine Entwicklung abzuschließen.
Ich watete in den See; das kühle Wasser schwappte an meine Knie, dann an meine Hüfte. Das Rettungstier kam neben mir hoch, blieb aber unter Wasser, damit es nicht gesehen werden konnte.
Ich wollte schon meine Hand nach ihm ausstrecken, hieltdann aber inne. Dies nun war die Entscheidung, und sie kam unerwartet vor der Zeit.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Es war mein erster Schritt zurück ins Imperium, zurück in mein Leben als Prinz Khemri. Wenn ich nun in den See ging und ein Schiff fand, wie ich hoffte, war die Rückkehr in mein früheres Leben wieder zum Greifen nah.
Aber es war auch der erste Schritt von Raine weg. Der Schritt, der nicht zurückgenommen werden konnte. Wollte ich Raine wirklich verlassen und ins Imperium zurückkehren?
»Ich liebe sie«, probte ich flüsternd die Worte. Ich hatte sie noch nie zu Raine gesagt, und jetzt, da ich sie sagen wollte, war es zu spät.
Oder?
Ich ging ein wenig zurück; das Wasser schwappte um meine Knie, dann beruhigte es sich wieder.
Wer wollte ich wirklich sein? Khem, der herausgefunden hatte, dass das Universum ein vielfältiger und wunderbarer Ort war? Prinz Khemri, den ich plötzlich ganz klar als kleines Rädchen in einer riesigen Maschine sah? Als total überprivilegiertes Rädchen zwar, aber diese Privilegien verschleierten nur die Tatsache, dass wir Prinzen nicht frei waren. Nicht frei, um etwas anderes als das zu werden, was das Imperium uns zu sein abverlangte.
So stand ich für mein Gefühl eine sehr lange Zeit da, auch wenn es wahrscheinlich nur Sekunden waren, hin und her gerissen zwischen meiner Vergangenheit und meiner möglichen Zukunft.
Ich schob einen Fuß zurück, wobei das Wasser aufgewirbelt wurde, und drehte mich dann zum Ufer um. Ich begann eine Entscheidung zu treffen, von der ich mir noch nicht völlig sicher war, ob sie endgültig sein würde.
Als ich mich umdrehte, wechselte der künstliche Himmel blitzartig von Blau zu einem Sonnenuntergangsrot, begleitet vom Geräusch eines lang gezogenen elektronischen Schreis, dem drei kurze Salven folgten. Und all das immer und immer wieder.
Ich wusste, was das bedeutete. Es war das Signal, dass sich alle KRS an den Gefechtsstationen und alle Zivilisten an den Evakuierungspunkten melden sollten. Nicht, dass die Chance groß war,
Weitere Kostenlose Bücher