Das Imperium der Prinzen: Roman (German Edition)
er war.
»Das gehört zum Prinzenmachen«, sagte Morojal. »Genauso, wie wir Diener programmieren, werden Prinzen so geschaffen, dass sie gewisse Dinge nicht in Frage stellen.«
»Wer ist ›wir‹?«, fragte ich säuerlich.
»Der Imperiale Geist und seine wichtigsten Diener, die Erzpriester der Sechzehn Aspekte«, erwiderte Morojal.
Ich saß ganz still, während ich all das aufnahm. Ich war weder erschüttert noch großartig alarmiert von dieser Enthüllung, was – wie ich argwöhnte – keine gewöhnliche Reaktion der meisten Prinzen war. Ich hatte mich nicht als Herrscher über irgendetwas gesehen, und ich hatte nicht gefragt, ob die scheinbare Macht eines Prinzen überhaupt wünschenswert war.
»Der Imperiale Geist«, fuhr Morojal fort, »ist eine Gestaltidentität aller vorangegangenen Imperatoren und wird vom gegenwärtigen Amtsinhaber gelenkt. Dennoch beginnt die herrschende Identität üblicherweise nach zwanzig Jahren schwächer zu werden, und eine neue lenkende Identität wird gebraucht. Ein neuer Imperator.«
»Wenn ich also Imperator werde, schließe ich mich nur dem Imperialen Geist an?«, fragte ich.
»Ihr behaltet Eure mentale Identität zwanzig Jahre lang«, sagte Morojal. »Und in dieser Zeit habt Ihr die Macht, über den Geist zu gebieten, und durch den Geist, jeden Prinzen und jeden Priester. Ihr befehligt die Gesamtheit des Imperiums. Es ist die absolute Macht.«
Ich spürte, wie etwas in mir hochstieg, als sie das sagte – ein fast überwältigendes Verlangen. Ich wollte Imperator werden. Ich musste Imperator werden!
Ich rang es nieder, denn ich wusste, dass es nicht mein Gefühl war. Es war etwas, das man mir eingepflanzt, das man mir angetan hatte.
»Ihr habt erwähnt, dass es fünf Kandidaten gibt«, sagte ich heiser und mit trockener Kehle. »Wie genau wird der Imperator unter ihnen gewählt?«
»Auf die altehrwürdige Art und Weise des Imperiums«,sagte Morojal. »Der Stärkste überlebt. Es gibt eine Prüfung. Nur einer von Euch wird überleben. Ihr könnt Euch sogar einen Vorsprung verschaffen. Tötet Atalin in Eurem Duell. Sie wird nicht wiedergeboren werden. Dann werdet Ihr nur noch zu viert sein.«
»Ist Atalin meine Schwester?«, fragte ich.
»Natürlich«, sagte Morojal. »Obwohl das nicht von Bedeutung ist. Sie ist nur eine Gegenkandidatin. Ihr seid der Lieblingskandidat. Ihr habt die besten Aussichten unter allen fünfen, Imperator zu werden. Ihr müsst Euren rechtmäßigen Platz einnehmen.«
Das war es, was ich immer gewollt hatte, was ich so lange für meinen rechtmäßigen Anspruch gehalten hatte. Ich hätte außer mir vor Freude über diese Nachricht sein sollen.
Ein Teil von mir war elektrisiert und freudig erregt. Aber ein anderer Teil von mir, vielleicht der bessere, schreckte vor dieser Nachricht zurück, und ich erlebte eine sonderbare, vorübergehende Halluzination – so als ob plötzlich ein Schatten in meinen Kopf gefallen wäre und mich abschottete von jedem freien Ort und jedem Sonnenschein.
23
Haddad wartete auf mich, als ich aus dem Bambuswald gestolpert kam, mich in das Defilee der abgehenden Geehrten einreihte und in einen Garten voller schadenfroher Prinzen kam, die auf sich selbst – und vielleicht noch ihre Kameraden – mit dem erlesensten Champagner anstießen, den Bitech-Füllhörner hervorzubringen vermochten.
»Ich wurde von der Erzpriesterin aufgehalten, die ich schon mal getroffen habe«, flüsterte ich ihm zu, als er sich zum Gruß verbeugte und mir sein Ohr nahe war.
»Ich verstehe, Hoheit«, sagte Haddad. »Das Duell mit Prinz Atalin ist in einer Stunde angesetzt, im Duellierraum Erodh-Azkhom. Wünscht Ihr, Euch nun dorthin zu begeben?«
Das Duell. Die Gegenwart und ihre Erfordernisse brachen sich ihren Weg durch die sich bekriegenden Aspekte meiner Persönlichkeit, die noch mit dem beschäftigt waren, was Morojal mir gerade über meine Zukunft gesagt hatte.
Ich sollte Imperator werden …
»Wünscht Ihr, Euch nun dorthin zu begeben?«, wiederholte Haddad.
Seine Worte waren begleitet von einer Dateneinblendung, die zeigte, dass der Duellierraum in fußläufiger Entfernung lag. Ich konnte bleiben und auf meine Auszeichnung anstoßen und wahrscheinlich auf mich anstoßen lassen, da es wenige Prinzen gab, denen an diesem Tag der Stern des Heldenmuts verliehen worden war. Aber ich wollte nicht bleiben, und ichwusste aus Haddads Lektionen, dass es immer ratsam war, früh zu einem Duell zu erscheinen, damit man reichlich
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