Das Imperium der Prinzen: Roman (German Edition)
meiner Sinneseinblendung las ich die Warnung, dass jeder Kadett, der es unnötigerweise öffnete, mit drakonischen Strafen zu rechnen habe – mit Strafpunkten nicht nur von der Akademie, sondern auch von der Flottenleitung höchstselbst.
Diesmal fragte ich mich erst gar nicht, was sie mir noch antun konnten. Ich wusste mittlerweile, dass es alle möglichen Dinge gab, an die ich noch nicht einmal gedacht hatte.
Ich fürchtete eine mögliche Bestrafung. Aber ich vertraute Haddad.
Ich schickte einen Psitech-Befehl los und schlug leicht auf das ID -Feld, das zunächst meinen Handflächenabdruckscannte und mir dann einen Tropfen Blut abnahm. Alle drei Tech-Maßnahmen bestätigten meine Identität. Die Tür schwang auf, der Alarm ging überall aus, sowohl im physischen als auch im Tech-Raum, und im gleichen Augenblick spürte ich eine seltsame Empfindung im Kopf, als ich den Kontakt zum Imperialen Geist, zu Haddad und allen anderen verlor.
Jegliche Psitech-Verbindung war abgebrochen. Ich erstarrte an Ort und Stelle, mit offenem Mund, und begriff endlich, was, wie Haddad mir bereits mitgeteilt hatte, gleich passieren würde.
Ein Triefaugen-Überfall.
Wie über fast jedes andere wichtige Thema wusste ich kaum etwas über die Triefaugen, was über die Grundlektion »Feinde des Imperiums: Eine Einführung« von vor ein paar Monaten hinausging. Sie waren Aliens und Meister ihrer eigenen Psitech-Variante. Physisch waren sie parasitäre Hirnwanzen mit einem Schnauzenbohrer und wirklich kurzen Beinen. Sie bohrten sich in den Kopf eines ausgewählten Wirtes; von diesem bequemen Ort aus beherrschte und kontrollierte ein einziges Triefauge per Gedankenkraft fünfzig oder sechzig Marionetten. Triefaugen mochten Humanoide um ihrer Wirtsstellung willen, aber sie konnten mittels ihrer Psitech auch fast jeden anderen lebenden Organismus kontrollieren, der ein entwickeltes Gehirn besaß.
Diese löcherbohrenden Monster hießen Triefaugen, weil der einzige Teil eines humanoiden Körpers, den sie nur schwer unter Kontrolle brachten, die Tränenkanäle waren. Triefaugen und ihre Marionetten – wenn sie Menschen waren – sahen oft tendenziell aus, als würden sie weinen oder die Tränen zurückhalten. Eine Hiobsbotschaft für normale Leute, die eine Allergie hatten oder beim Abschied auf einem Weltraumbahnhof oder an einem anderen sensiblen Ort weinenmussten. Triefaugen waren allgemein gefürchtet, und viele Prinzen befahlen, Verdächtige, die feuchte Augen hatten, als reine Vorsichtsmaßnahme umzubringen.
Abgesehen von der Maßnahme, aus großer Distanz alle Leute mit Tränen in den Augen zu erschießen, bestand die Imperiale Grundstrategie, mit Triefaugen zu verfahren, auch darin, jede erdenkliche Psitech-Anwendung einzustellen – so dass sie sie nicht anzapfen, noch sich ihren Weg in das betreffende Gehirn bohren konnten – und sie dann mittels Mechtech oder Bitech zu töten.
Eine Mikrosekunde, nachdem mir all das durch den Kopf geschossen war, begannen alle akustischen Alarmanlagen im Korridor zu heulen, und der Spind, den ich gerade unerlaubt geöffnet hatte, ruckte, als sich sein automatischer Öffnungsmechanismus wieder schloss. Weiter hinten im Korridor sprangen weitere Türen auf, aber es waren keine schnellen Schritte von dienstbeflissenen Kadetten zu hören, die kamen, um sich mit Waffen und Ausrüstung zu versorgen. Sie hatten alle frei.
»Höchste Alarmstufe! Höchste Alarmstufe!«, sagte eine Stimme. »Bereitmachen zur Abwehr einer landenden Triefaugen-Einheit. Alle Kadettenoffiziere melden sich auf den vorgesehenen Gefechtsstationen. Andere Kadetten melden sich in der Kaserne. Dies ist keine Übung.«
Die Stimme wiederholte die Durchsage immer wieder, während ich in die Notfallwaffenkammer lief und praktisch in den Ankleideraum hechtete. Nichts passierte, bis mir einfiel, dass ich sprechen musste, da die Psitech-Kommunikation ausgeschaltet war.
»Psitech-Abwehranzug, Mechtech-Kommunikator, Flash!«, rief ich und hob die Arme.
Einige Klappen öffneten sich, und Bitech-Raupen brachtenihre Spinndüsen in Position. Während sie einen Psitech-Abwehranzug um mich herum woben, setzten mir Roboterarme ein Headset auf und befestigten mit einem leichten Klaps ein Mikrofon an meinem Hals gleich unter dem Adamsapfel. Ein paar Sekunden später sponnen die Raupen eine Kapuze, zogen sie zu, so dass nur noch Mund, Nase und Augen frei blieben, und kehrten wieder dorthin zurück, woher sie gekommen sein mochten.
Ich lief
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