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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Plötzlich ließ Mathilde ihre Patientin aufschrecken: »Sie haben einen anderen Arzt konsultiert, richtig?«
    Anna zitterte.
    »War das ein Neurologe?«
    »Ich... wie kommen Sie darauf?«
    »Ihre Symptome sind eher klinischer Art. Diese Ausfälle und Störungen lassen an eine neurodegenerative Krankheit denken. In solchen Fällen gehen Patienten lieber zum Neurologen. Zu einem Arzt, der die Krankheit genau lokalisiert und sie mit Medikamenten behandelt. «
    Anna gab auf: »Er heißt Ackermann, ein Jugendfreund meines Mannes. «
    »Eric Ackermann?«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Wir haben zusammen studiert.«
    Anna fragte ängstlich: »Was halten Sie von ihm?«
    »Ein brillanter Mann. Wie sah seine Diagnose aus?«
    »Er hat eine Reihe von Untersuchungen vorgenommen: Computer-Tomografie, Röntgenbilder und ein MRT.«
    »Hat er kein PET gemacht?«
    »Doch, natürlich. Die Tests wurden am letzten Samstag in einem Krankenhaus voller Soldaten gemacht.«
    »Im Val de Grâce?«
    »Nein, im Institut Henri Becquerel in Orsay.«
    Mathilde schrieb den Namen unten auf ein Blatt.
    »Und die Ergebnisse?«
    »Nichts Genaues. Ackermann meint, ich habe eine Schädigung der rechten Hirnhälfte am unteren Teil des Temporallappens ... «
    »Die Zone, mit der man Gesichter erkennt.«
    »Genau. Er glaubt, es sei eine winzige Nekrose. Doch die Maschine hat sie nicht entdeckt.«
    »Und was, meint er, ist der Grund für die Schädigung?«
    Anna redete schneller, das Geständnis tat ihr gut: »Er weiß es ja gerade nicht, und aus diesem Grund will er weitere Untersuchungen machen.« Ihre Stimme wurde rau. »Eine Biopsie, um diese Hirnregion zu untersuchen. Er will meine Nervenzellen studieren, was weiß ich. Ich... « Sie holte tief Luft. »Er sagt, er kann mich nur unter der Bedingung behandeln, dass ich diese Untersuchung über mich ergehen lasse.«
    Die Psychiaterin legte den Federhalter zur Seite und verschränkte die Arme. Zum ersten Mal schien sie Anna ohne Ironie, ohne Schadenfreude zu betrachten.
    »Haben Sie ihm von den anderen Störungen erzählt? Von den Erinnerungen, die verblassen? Den Gesichtern, die sich vermischen?«
    »Nein.«
    »Warum trauen Sie ihm nicht?«
    Anna antwortete nicht, und Mathilde hakte nach: »Warum sind Sie zu mir gekommen? Warum erzählen Sie mir das alles?«
    Anna machte eine vage Handbewegung, dann sagte sie mit gesenktem Blick: »Ich weigere mich, diese Biopsie zu machen. Sie wollen in mein Gehirn eindringen.«
    »Von wem sprechen Sie?«
    »Von meinem Mann und von Ackermann. Ich bin in der Hoffnung hergekommen, dass Sie eine Idee haben. Ich will nicht, dass man mir ein Loch in den Kopf bohrt.«
    »Beruhigen Sie sich.«
    Sie blickte wieder auf, den Tränen nahe.
    »Darf... kann ich rauchen?«
    Die Psychiaterin nickte, und Anne zündete sich sogleich eine Zigarette an. Als der Rauch verströmte, war das Lächeln auf das Gesicht ihrer Gesprächspartnerin zurückgekehrt, denn ihr ging eine unerklärliche Kindheitserinnerung durch den Kopf.
    Lange Wanderungen mit ihrer Klasse, die Rückkehr ins Pensionat, die Arme voller Mohnblumen. Man erklärte ihnen, sie sollten die Stiele anzünden, damit die Farbe erhalten bleibt...
    Das Lächeln von Mathilde Wilcrau erinnerte sie an die geheimnisvolle Verbindung zwischen dem Feuer und der lebhaften Farbe der Blütenblätter. Irgendetwas musste in dieser Frau gebrannt haben, und dieses Feuer konservierte das Rot der Lippen.
    Erneut machte die Nervenärztin eine Pause, worauf sie in ruhigem Ton fragte: »Hat Ihnen Ackermann erklärt, dass ein Gedächtnisverlust nicht nur durch organische Schädigungen, sondern auch durch einen seelischen Schock ausgelöst werden kann?«
    Kraftvoll blies Anna ihren Rauch aus.
    »Wollen Sie damit sagen, dass meine Probleme durch ein seelisches Trauma verursacht sein können?«
    »Die Möglichkeit besteht durchaus. Eine heftige Emotion könnte eine Verdrängung bewirkt haben.«
    Eine Welle der Erleichterung durchdrang Anna, denn schließlich war sie gekommen, um genau das zu hören. Sie hatte eine Analytikerin ausgesucht, um eine rein seelische Erklärung ihrer Krankheit zu finden. Sie konnte ihre Erregung nur mühsam verbergen: »Ich würde mich an diesen Schock doch erinnern, oder?«
    »Nicht unbedingt. Meistens löscht eine Amnesie ihre Ursache aus, eben das Ereignis, auf das alles zurückgeht.«
    »Kann das Trauma mit Gesichtern zu tun haben?«
    »Ja, das ist sogar wahrscheinlich. Das Trauma kann mit Laurent zu tun haben.«
    Anna sprang in die

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