Das Imperium
ihrem Quartier Gesellschaft. Über den Telkontakt stand ihnen das ungeheure Wissen des Weltwalds zur Verfügung und sie begannen die ildiranische Sprache zu lernen, die geschriebene ebenso wie die gesprochene. Bald beherrschten sie beide. In dieser Hinsicht würde es keine Barrieren geben, die einem Erfolg ihrer Mission im Weg standen.
Darüber hinaus fanden sie Gelegenheit, sich gegenseitig besser kennen zu lernen.
»Ich erkenne viele der Zeichen in Ihrem Gesicht, Otema.« Nira betrachtete die Ovale und Kurven am Mund der Botschafterin, auf der Stirn und an den Augen. »Ich habe eine Grundausbildung als Leserin, Musikerin, Pflanzerin, Pflegerin und Botanikerin hinter mir.« Sie lächelte. »Ich erkenne Ihre verschiedenen Reisezeichen. Aber Ihr Gesicht…« Staunend schüttelte Nira den Kopf. »Nie zuvor habe ich so viele Leistungszeichen gesehen.«
Otema berührte ihre dunkle Haut so, als erinnerte sie sich zum ersten Mal seit Jahren an die untilgbaren Tätowierungen. Ihre Finger strichen über eine dünne Linie auf der linken Wange. »Als ich jung war, spielte ich gern Musik, denn für die Weltbäume sind Symphonien und Melodien eine Art Sprache und geben ebenso Auskunft über die menschliche Kultur wie Statistiken. Dann befasste ich mich mit anderen Dingen, um meinen geistigen Horizont zu erweitern, und das brachte mir weitere Leistungszeichen ein.«
»Die vielen Linien sind wundervoll«, sagte Nira und meinte es ernst.
»Aber du…« Otema deutete auf das glatte Gesicht der jungen Frau. »Nach dieser Mission bekommst du ein Reisezeichen, eine weitere Leserin-Tätowierung und ein Geschichte-Leistungszeichen. Geht es dir darum?«
»Ich möchte dem Wald die Dienste erweisen, die er von mir erwartet.« Nira zögerte, als sie begriff, dass Otema eine ehrlichere Antwort von ihr erwartete. »Aber wenn ich dem Wald dienen kann, indem ich erstaunliche Dinge sehe, so erfüllt es mich mit noch größerer Freude.«
»Deine Familie wird stolz auf dich sein«, sagte Otema.
Nira wirkte ein wenig unsicher. »Meine Familie ist bereits stolz auf mich. Ich habe ihr eine Unterkunft in dem neuen Haufenwurmkokon besorgt, aber sie versteht die Priesterschaft nicht. Ich bin die Einzige in meiner Familie, die Interesse an den Bäumen zeigt.«
Das überraschte Otema. »Vielleicht bin ich zu lange grüne Priesterin. Ich dachte, alle Theronen seien dem Wald ergeben, jeder auf seine eigene Art und Weise.«
Nira wandte den Blick ab. »Die Vorfahren meiner Familie an Bord der Caillie waren Systemingenieure, Wartungsspezialisten und Mechaniker. Auf einem unwirtlichen Planeten wäre die Arbeit der Khalis sehr wichtig gewesen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Aber auf Theroc wurden ihre Fähigkeiten nicht gebraucht. Oh, sie sorgen dafür, dass die Systeme funktionieren. Sie erfüllen ihre Pflicht, finden aber kaum Gefallen daran.«
»Ihre Arbeit ist trotzdem wichtig für das Überleben aller«, sagte Otema. Die Schösslinge schienen dem Gespräch zu lauschen. »Nur auf eine andere Art und Weise, als sie zunächst dachten. Und was dich betrifft, Nira… Du hast deine eigene Berufung.«
»Ja, und ich wünsche mir nicht mehr in meinem Leben«, sagte sie.
Am vierten Reisetag passierte die Unersättliche Neugier den Horizont-Cluster und kam Ildira näher. Rlinda Kett lud ihre beiden Passagiere zum Essen ein. »Es wird Zeit, dass Sie mit der ildiranischen Kultur vertraut werden. Außerdem gehöre ich zu den wenigen Personen in der Hanse, die anständige ildiranische Mahlzeiten zubereiten können. Das ist eine echte Herausforderung und sie beginnt damit, die richtigen Ingredienzien zu finden.«
Nira freute sich über die Aussicht auf ein ungewöhnliches Essen, obwohl der eigene Proviant und das schwache Prickeln der Photosynthese in ihrer Haut verhinderten, dass sie zu hungrig wurde. Sie trug ihre normale Kleidung, als sie Otema in die Kombüse neben dem persönlichen Quartier des Captains folgte. Nira war noch nicht mit gesellschaftlichen Ereignissen und diplomatischen Pflichten vertraut; deshalb sah sie in der gemeinsamen Mahlzeit so etwas wie eine Übung, die sie auf Ildira vorbereitete.
Rlinda trug eine Schürze mit einem speziellen Statikfilm, der Flecken und Tropfen abwies. Sie verwendete glänzende Töpfe und mobile Kocheinheiten. Nira roch siedendes Öl und scharfe Gewürze. Gläser und Schalen enthielten bunte Soßen und die korpulente Händlerin bewegte sich wie ein Wirbelwind, bereitete fünf verschiedene Spezialitäten
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