Das Imperium
gewesen. Beim Bau der Neugier hatte man vor allem praktische und technische Gesichtspunkte berücksichtigt, was bedeutete, dass die Ästhetik ein wenig zu kurz gekommen war. Überall gab es seltsame Vorsprünge, Diagnosemodule und Sensorgitter. In der Leere des Alls sah ohnehin niemand elegante Konturen und glänzende Außenhüllen.
Otema schenkte dem Raumschiff ebenso wenig Beachtung wie den theronischen Arbeitern, die es beluden. Stattdessen ließ sie den Blick übers Grün schweifen und prägte sich alle Einzelheiten des Weltwalds ein, als sähe sie ihn jetzt zum letzten Mal.
Sarein kam rechtzeitig vor dem Start und trug Otemas Botschafterumhang. Sie lächelte dünn und förmlich. »Ich bin gekommen, um Ihnen eine gute Reise zu wünschen, Otema. Mein Bruder meint, die kristallene Stadt Mijistra sei wundervoll.«
Otemas Züge verhärteten sich, doch ihre Stimme klang neutral. »Denken Sie daran, was ich Ihnen gesagt habe, Sarein: Sie sind Theronin. Hüten Sie unsere Interessen. Die Bäume raten uns, sehr wachsam zu sein.«
Ärger huschte über Sareins Gesicht. »Das ist meine Pflicht als Botschafterin, Otema. Ich werde sie nicht vergessen.« Ohne Nira zu beachten, eilte Sarein zu Rlinda Kett, um die Verladearbeiten selbst zu beaufsichtigen und sicherzustellen, dass alles ordnungsgemäß in den Frachträumen untergebracht wurde. Nira sah von Otema zur neuen Botschafterin und fragte sich, was zwischen diesen beiden Frauen vorgefallen sein mochte.
Als alles verladen war, trat Rlinda in die Einstiegsluke und stemmte die Hände in ihre breiten Hüften. Sie winkte den beiden grünen Priestern zu. »Kommen Sie an Bord. Die Neugier muss nicht angeschoben werden.«
Nira wäre am liebsten gelaufen. Sie musste sich sehr beherrschen, um an Otemas Seite zu bleiben und ruhigen, gemessenen Schrittes zu gehen. Als sich die Luke hinter ihnen schloss, bekam sie sofort Platzangst. Der Geruch von Metall, künstlichen Schmiermitteln, synthetischen Einrichtungsgegenständen und recycelter Luft ließ Panik in ihr prickeln. Wie sollte sie es ertragen, die lange Reise bis zu den sieben Sonnen von Ildira an einem solchen Ort zu verbringen?
Otema bemerkte die Beklemmung ihrer jungen Assistentin, und die Strenge wich aus ihren Zügen. »Du kannst jederzeit mit den Schösslingen kommunizieren und durch sie den Weltwald berühren.« Die jungen Weltbäume befanden sich längst an Bord und waren als Geschenk für den Weisen Imperator bestimmt. Otemas dunkle Lippen formten ein Lächeln. »Ich weiß, wie du empfindest, Nira. Ich habe viele Reisen an Bord von Raumschiffen hinter mir und bin lange Zeit auf der Erde gewesen, fern vom Weltwald. Es ist etwas anderes, direkt unter dem Blätterdach des Waldes zu stehen, aber der Telkontakt gewährt dir Trost und bewahrt deine geistige Gesundheit.«
Rlinda zeigte ihnen das Gästequartier. Die Schösslinge in ihren verzierten Töpfen waren sorgfältig auf Regalen und in den Ecken des Zimmers verankert.
Die Händlerin blieb in der Tür stehen. »Beim Start sollten Sie besser angeschnallt auf den Kojen liegen. Nach der Aktivierung des Sternenantriebs stehe ich Ihnen zur Verfügung.«
Otema strich mit den Fingerkuppen über einen Schössling. »Wir danken Ihnen dafür, dass Sie uns mitnehmen, und der Weltwald weiß es ebenfalls zu schätzen.«
Rlinda nickte, ohne die mystische Verbindung mit den Schösslingen zu verstehen. »Ich freue mich über diese erste Fracht. Vater Idriss und Mutter Alexa werden schon bald die Vorteile des Handels mit exotischen Nahrungsmitteln und Luxusartikeln erkennen. Ich habe jetzt gewissermaßen den Fuß in der Tür.«
Damit wandte sich die Händlerin um und ging zum Cockpit. Otema streckte sich auf ihrem schmalen Bett aus, hüllte sich in meditatives Schweigen und betete wortlos zum Weltwald. Nira folgte ihrem Beispiel, berührte einen Schössling und versuchte, sich zu beruhigen. Sie musste sich an alle Details erinnern und sie den Bäumen mitteilen, wie in einem Tagebuch. Oft hatte sie laut Geschichten und andere Texte vorgelesen. Diesmal würde sie den Weltbäumen frische Eindrücke vermitteln und ihnen gestatten, diese aufregende Reise durch ihre Novizenaugen zu sehen.
Rlindas Stimme kam aus dem Interkom-Lautsprecher. »Gut festhalten. Der Start steht unmittelbar bevor. Ich werde versuchen, uns so glatt wie möglich ins All zu bringen.«
Während der nächsten beiden Tage erforschten Nira und Otema die Unersättliche Neugier und leisteten den Schösslingen in
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