Das Imperium
diese »Hausaufgaben« überflüssig und sinnlos. Aber Margaret hielt es für klüger, den Geldgeber zufrieden zu stellen, auch wenn das bedeutete, kostbare Zeit zu opfern.
Erneut aktivierte sie die Spieldose, obgleich sie ihre metallene Melodie an diesem Morgen schon oft gehört hatte. Zahnräder bewegten sich und die alte Greensleeves-Melodie ertönte. Margaret lächelte, als sie an ihren Sohn Anton dachte und sich fragte, wie oft er sich seine Eltern bei der Arbeit auf fernen Welten vorstellte.
Sie las ihren Bericht noch einmal, zufrieden mit dem Tonfall und den Beschreibungen aller bisher gefundenen Dinge. Wenn die Arbeiten auf Rheindic Co beendet waren, würde Margaret detaillierte Scanbilder und ausgewählte Artefakte mit nach Hause nehmen, aber derzeit mussten solche Berichte genügen. Arcas diktierte sie den Schösslingen und über den Telkontakt empfing sie ein grüner Priester auf der Erde. Dort wurden die Berichte dem Vorsitzenden Wenzeslas übermittelt – und vielleicht von ihm ignoriert.
Zusammen mit DD hatte Louis die Klippenstadt aufgesucht und spielte dort vermutlich an den mechanischen Hinterlassenschaften der Klikiss herum. Er glaubte noch immer, dass sich die eine oder andere alte Maschine reaktivieren ließ. Margaret konnte es gar nicht abwarten, ebenfalls zu den Ruinen zurückzukehren. Sie trat ins grelle, heiße Sonnenlicht, blickte zu den vielen Schluchten in den nahen Bergen und fragte sich, was dort noch alles auf Entdeckung wartete. Sie hatten kaum an der Oberfläche von Rheindic Co gekratzt.
Margaret hielt nach Arcas Ausschau, aber seine Unterkunft war leer. Verärgert runzelte sie die Stirn. Hinter dem Zelt wuchsen die Schösslinge und reichten der Archäologin bereits bis zum Kopf. Sie hatten die gelbgrünen Blattwedel ausgebreitet, um das Sonnenlicht aufzunehmen. Der Boden an ihren Stämmen war feucht, Hinweis darauf, dass Arcas sie an diesem Tag bereits begossen hatte. Aber von dem grünen Priester selbst fehlte jede Spur. Margaret musste den Bericht übermitteln und es gefiel ihr nicht, noch mehr Zeit zu verlieren.
Zuvor hatte Arcas seinen Nutzen durch den Empfang der beunruhigenden Nachricht vom Angriff der fremden Schiffe im Oncier-System bewiesen. Bilder konnte er nicht zeigen, aber er beschrieb die Entdeckungen von General Lanyan. Margaret erinnerte sich verblüfft an die kristallenen Kugeln, die sie nach der Zündung des Planeten kurz gesehen hatte: Sie waren aus dem Innern des Gasriesen gekommen und mit hoher Geschwindigkeit fortgerast. Dr. Serizawa hatte vermutet, dass es sich um ausgestoßene exotische Materie handelte.
Was war der Grund für den Angriff? Vielleicht der Test der Klikiss-Fackel? Und welche Lebensformen konnten in den hohem Druck ausgesetzten Tiefen eines Gasriesen existieren?
Margaret rief den Namen des grünen Priesters, bekam aber keine Antwort. Sie straffte die Schultern und seufzte. Es geschah nicht zum ersten Mal, dass Arcas fehlte, wenn sie ihn brauchte.
Sie gönnte ihm seine Interessen. Es gefiel ihm, allein durch die Schluchten zu wandern, Fossilien und geologische Proben zu sammeln. Doch seine Hauptaufgabe bestand darin, die Kommunikation mit der Hanse zu ermöglichen.
»Arcas!«, rief sie erneut, noch lauter als vorher. Ihre Stimme verlor sich in der Wüste. Nachdenklich hielt sie die Datentafel in der Hand und fragte sich, ob sie den Bericht später übermitteln sollte, entschied sich aber dagegen und beschloss, den grünen Priester zu suchen.
Louis und Arcas kamen gut miteinander zurecht. Am Abend spielten sie und DD oft Karten, während sich Margaret mit den Entdeckungen des Tages befasste. Sie wusste, dass Arcas auf die gewaltige Informationsmenge des Weltwalds zugreifen konnte, und deshalb ärgerte sie sich ein wenig darüber, dass er so wenig Interesse daran zeigte, Neues zu lernen. Es mangelte ihm an Elan und Dynamik.
Margaret entfernte sich vom Lager und schritt zu einer felsigen Anhöhe, von der aus Arcas oft den Sonnenuntergang beobachtete. Sie ging den Hang empor, vorbei an großen Felsbrocken, dachte dabei daran, dass alle Klikiss-Welten, die Louis und sie bisher untersucht hatten, sonnig und trocken gewesen waren. Die leeren Städte von Llaro und Pym waren auf weiten Grasebenen errichtet worden, und ihre Bauten wirkten wie hohe Termitenhügel mitten im Nichts, weit von fließendem Wasser entfernt. Die Insekten hatten ihre Siedlungen aus irgendeinem Grund nicht in der Nähe von Flüssen erbaut, sondern in der Leere. Der Grund
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