Das Imperium
gebaut, oder?«
»Seit dreiundvierzig Jahren, junger Peter. Ja, ich bin alt und gehöre zu den ersten speziellen Kompis. Man schuf mich als Begleiter für die Kolonisten des ersten Generationenschiffes, der Peary.«
Raymond schwamm ein wenig zurück und konnte es kaum glauben. Er kannte Teile der irdischen Geschichte aus der Schule und rechnete rasch, während er weiterhin Wasser trat. »Das sind mehr als dreihundert Jahre.«
»Ja, dreihundertachtundzwanzig«, sagte OX. »Die langen Reisen der Generationenschiffe waren der Grund für die Entwicklung der Kompis. Wir sollten nicht nur Begleiter und robotische Freunde für die Menschen auf der Erde sein, sondern den Auswanderern und ihren Nachkommen an Bord der Generationsschiffe dienen. Meine Gedächtnisdateien sind alt, enthalten aber nach wie vor alle Einzelheiten. Ich erinnere mich an den Start der Peary. Damals befand ich mich an Bord.«
»Das weiß ich jetzt, OX«, sagte Raymond.
»Die Peary beherbergte zweihundert Familien und führte genug Ressourcen mit, um eine autarke Kolonie zu gründen. Man baute die Generationenschiffe im Asteroidengürtel und ihre Passagiere kamen mit Shuttles. Der Captain erlaubte mir, während des Starts auf der Brücke zu sein. Selbst mit voller Beschleunigung dauerte es neun Monate, bis wir das Sonnensystem der Erde verlassen hatten. Alle an Bord waren sicher, nie wieder andere Menschen zu sehen.«
Raymond schwamm ruhig und möglichst leise, damit der Lehrerkompi ihn nicht tadelte, bestimmte Sätze wiederholen ließ oder seine Stimme hob. »Scharlachroter Regen, OX! Es ist kaum zu glauben, dass damals Menschen bereit waren, alles hinter sich zu lassen, ohne die realistische Hoffnung, einen besseren Ort zu finden.«
»Es waren schwere Zeiten«, erwiderte OX. »Die großen Schiffe erreichten keine hohen Geschwindigkeiten und stellten in gewisser Weise selbst Kolonien dar. Sie waren mit allen notwendigen Dingen ausgestattet, um die Auswanderer und ihre Nachkommen über Jahrhunderte hinweg am Leben zu erhalten. Wir Kompis sollten während so langer Reisen für Stabilität an Bord sorgen; außerdem dienten wir als Langzeitgedächtnis. In diesem Zusammenhang war es wichtig, dass wir lehren konnten.«
»Wie Babysitter, die nie fortgehen«, kommentierte Raymond. Spielerisch bespritzte er OX mit Wasser, aber der Kompi ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen.
»Wir waren eine stabilisierende Präsenz. Niemand erwartete, dass die Kolonisten über Jahrhunderte hinweg alle Details der menschlichen Zivilisation bewahren, die irdische Kultur, ihre Gesetze und moralischen Prinzipien in Erinnerung behalten konnten. Kompis unterrichteten die Kinder der Auswanderer, dann die Kinder der Kinder und deren Kinder. Informationen mussten erhalten werden, damit der Traum von Bestand blieb. Wenn die Generationenschiffe schließlich bewohnbare Welten erreichten, sollten ihre Passagiere keine unwissenden Primitiven sein.«
»Und dann fanden die Ildiraner unsere Schiffe«, sagte Raymond. Den Rest kannte er. »Sie brachten jedes von ihnen zu einem geeigneten Planeten, mit ihrem Sternenantrieb kein Problem, und du kehrtest als eine Art Verbindungsmann zur Erde zurück, um den Ildiranern dabei zu helfen, Beziehungen zur Hanse zu knüpfen. Jetzt bist du ein historisches Artefakt, ein großer alter Kompi.«
»Danke, Peter. Es ist erfreulich, solchem Respekt zu begegnen.« Mit dem eigentlich für Raymond bestimmten Handtuch wischte OX die Spritzer von seinem metallenen Leib. »Oder sind deine Worte scherzhaft gemeint?«
Raymond schwamm zu den steinernen Stufen des Beckens und wartete dort, noch immer ganz im Wasser. »Nein, ich habe es ernst gemeint, OX. Ich respektiere jemanden, der so klug ist wie du, der so viel weiß und so viel Erfahrung hat. Darüber würde ich mir nie einen Scherz erlauben.«
Früher, vor den dramatischen Veränderungen in seinem Leben, hatte er immer voller Hingabe gelernt. Allerdings war er auch bestrebt gewesen, die Familie zusammenzuhalten und genug Geld zu verdienen, damit sie sich das Nötigste leisten konnten; deshalb waren seine schulischen Leistungen nie besonders gut gewesen. Aus Zeitmangel gelang es ihm nicht, allen Erfordernissen der Schule zu genügen, was ihn aber nicht davon abhielt, sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren. Schon früh wurde ihm klar, dass man mithilfe von Mathematik und einfacher Buchführung aus dem Ghetto entkommen konnte, in das seine Familie geraten war.
Ohne den Vater waren die
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