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Das Imperium

Das Imperium

Titel: Das Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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Dort befand sich das Zentrum, des Weltwalds, das Herz der Bäume. Seit Jahrzehnten war er nicht mehr in der Heimat gewesen. Die Schösslinge, die er am Hang gepflanzt hatte, ragten jetzt fast drei Meter weit auf und zeichneten sich durch ein eigenes Quasibewusstsein aus. Talbun würde jene herrliche Welt, auf der er geboren und zum grünen Priester geworden war, nie wieder sehen. Aber damit hatte er sich längst abgefunden.
    Corvus Landing hing von ihm ab und Talbun liebte diese Welt. Er wollte die hier lebenden Menschen nicht verlassen, ganz gleich, wie müde, alt und schwach er sich fühlte. Er hatte sein ganzes Leben in den Dienst des Weltwaldes gestellt, gebetet und sich um die Weltbäume gekümmert. Und jetzt, am Ende dieses langen Lebens, wollte er keinen egoistischen Wünschen nachgeben.
    Noch nicht.
    Talbun berührte die schuppige Rinde des nächsten Baums und empfing die raunenden Gedanken des Waldes. »Bald werde ich mich mit dir vereinen«, flüsterte der grüne Priester. Er würde hier auf Corvus Landing sterben, mit seinem Fleisch den Boden düngen und die Weltbäume nähren – sein letzter Dienst für den geliebten Wald. »Aber vorher muss ich jemanden finden, der meinen Platz einnimmt.«
    Talbun brauchte nur den Ruf zu senden. Alle grünen Priester – jeder, der das Selbst des Weltwalds berühren konnte – würden ihn hören. Warum also zögerte er?
    Viele Tätowierungen zierten sein Gesicht, Linien und Kreise, die auf seine Reisen hinwiesen, auf die an Bord von Raumschiffen verbrachte Zeit. Er war mit der Constellation unterwegs gewesen, die im Auftrag der Hanse von einem Sonnensystem zum nächsten flog. Talbuns Verbindung mit den Bäumen erlaubte es ihm, Notfallberichte und diplomatische Kommuniques ohne jeden Zeitverlust zu übermitteln. Natürlich erforderte nicht jede Nachricht solche Eile, aber die Präsenz eines grünen Priesters an Bord bedeutete viel Prestige für Captain und Botschafter.
    Nach fünf Jahren an Bord des diplomatischen Schiffes verließ Talbun die Constellation. Er hatte sich seine Tätowierungen verdient und wuchs nicht mehr. »Ich möchte wieder auf einem Planeten sein«, erklärte er dem Captain des Schiffes. »Ich habe Metallwände und wieder aufbereitete Luft satt, ebenso Fenster, die mir nur dunkle Leere zeigen. Ich möchte endlich wieder Boden unter den Füßen spüren, frische Luft, die mir übers Gesicht streicht, Wind und Regen und Sonnenschein.«
    Grüne Priester unterlagen nicht dem Gesetz der Hanse, trotz der wiederholten Versuche der Erde, Theroc unter ihre Kontrolle zu bringen. Als Talbun die Constellation verließ, bekam er viele Angebote, doch er hatte bereits seine Wahl getroffen, mit dem Kopf ebenso wie mit dem Herzen.
    Talbun flog nach Corvus Landing, einem Planeten, der erst vor wenigen Jahren besiedelt worden war. Er hätte überall im Spiralarm neue Aufgaben finden können, aber ihn lockte die Idylle der Provinz. Er wünschte sich keine Ehrungen, sondern Frieden.
    Seine Entscheidung überraschte niemand mehr als die Oberhäupter von Corvus Landing. Als er auf dem abgelegenen Planeten eintraf – ein einzelner grüner Priester, der eine Passage an Bord eines Frachters gebucht hatte –, bereiteten ihm die warmherzigen Siedler einen überschwänglichen Empfang. Der ernste junge Bürgermeister Sam Hendy veranstaltete ein Fest zu seinen Ehren, doch von solchen Zeremonien hielt Talbun nicht viel. Er pflanzte seine Schösslinge außerhalb von Colony Town und dadurch wurde Corvus Landing zu einem echten Mitglied der Hanse, mehr noch als durch die Unterzeichnung der Charta. Talbuns Telkontakt-Fähigkeiten machten ihn zu einer lebenden Telegrafenstation und erlaubten den Kolonisten direkten Kontakt mit der Erde, anderen Kolonien und Handelsschiffen.
    Die Siedler freuten sich so sehr über die Präsenz des grünen Priesters, dass sie bereit waren, alles mit ihm zu teilen. Sie halfen ihm dabei, einen Bereich an dem von ihm ausgewählten Hang von Moosen und anderer einheimischer Vegetation zu befreien, damit er dort die jungen Weltbäume pflanzen konnte. Nie zuvor in seinem Leben hatte sich Talbun so geschätzt und geliebt gefühlt.
    Er durfte diese Leute jetzt nicht im Stich lassen, nur weil er müde war.
    Talbun hatte die Schösslinge nacheinander gepflanzt und jeden Einzelnen von ihnen hingebungsvoll gepflegt. Die Bäume hatten im Boden dieser Welt alle notwendigen Nährstoffe gefunden und waren gewachsen. Nach zwei Jahren hatte Talbun gesunde Ableger gewonnen

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