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Das Imperium

Das Imperium

Titel: Das Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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sonst immer so glückselig wirkenden Gesicht des Weisen Imperators achtete noch auf den langen, zuckenden Zopf. »Zeigen Sie mir die Dokumente. Kommen Sie näher.«
    Dio’sh trat vor und hob die Unterlagen, davon überzeugt, dass der Weise Imperator ihre Wahrheit anerkennen würde. »Hier ist ein Tagebucheintrag, der von einem der Mörder stammt. Blut klebt an seinen Händen. Er schreibt…«
    Der lebende Zopf stieg neben dem Weisen Imperator auf, wie ein Tentakel, der aus dem Chrysalissessel wuchs. Dio’sh sah eine Bewegung und blickte zur Seite, aber ihm blieb nicht einmal Zeit genug, einen Schrei auszustoßen. Das schlangenartige Seil aus lebendem Haar wickelte sich ihm ganz plötzlich um den Hals.
    Es blitzte in den Augen des Weisen Imperators, als er sich vorbeugte. »Ich kenne die Geschichte natürlich.« Verächtlich schürzte er die Lippen.
    Der geflochtene Zopf drückte fester zu. Dio’sh wand sich verzweifelt hin und her, ließ die Dokumente fallen. Der Weise Imperator zog die Schlinge immer enger, bis sie den Kehlkopf des Erinnerers zermalmte.
    »Ich will sie geheim halten.« Der Weise Imperator zischte zornig und drückte auch weiterhin zu, bis die Anstrengung sein Gesicht rötete. Dann brach er Dio’sh das Genick und benutzte seinen Zopf, um die Leiche des Historikers wie ein Stück Abfall zu Boden zu werfen.

61 DAVLIN LOTZE
    Die Ildiraner verbargen etwas Schreckliches – Davlin Lotze fühlte es tief in seinen Knochen. Aber während er die Dinge untersuchte, die bei der hastigen Evakuierung der Crenna-Kolonie zurückgeblieben waren, hielt er vergeblich nach Details Ausschau. Er achtete darauf, dass seine wahre Identität geheim blieb, gab noch immer vor, ein einfacher Kolonist zu sein. Das erleichterte seine Aufgabe nicht.
    Als die Ildiraner ihre von der Seuche heimgesuchte Kolonie aufgaben, blieben viele Dinge zurück. Leider schienen die Objekte keine besondere Bedeutung zu haben – zumindest nicht die, die sich der Vorsitzende Wenzeslas erhofft hatte.
    Davlin trug einen zweckdienlichen Overall, wie die meisten neuen Siedler. Er erledigte seine tägliche Arbeit, hielt sich dabei von den anderen fern und fertigte heimlich Aufnahmen an. Mit mehr Ausgelassenheit als Weitblick setzten die Kolonisten schweres Gerät ein, um die Reste der Gebäude abzureißen, die die Ildiraner in dem Versuch abgebrannt hatten, einer weiteren Ausbreitung der Krankheit Einhalt zu gebieten.
    Den Siedlern lag nichts an archäologischen Untersuchungen oder irgendwelchen Analysen in Hinsicht auf die fremde Kultur. Sie wollten einfach nur die Stadt wieder aufbauen, die Saat ausbringen und eine angemessene Infrastruktur schaffen, bevor die kalte Jahreszeit begann und sich das Wetter verschlechterte. Um nicht aufzufallen, musste Davlin der Arbeit den Vorrang geben und günstige Gelegenheiten abwarten, um zu versuchen, den Dingen auf den Grund zu gehen. Als er im hellen Sonnenschein stand und beobachtete, wie große gelbe Maschinen Wände einrissen, dachte er an all die möglichen Funde, die dadurch unwiederbringlich verloren gingen.
    Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er die Asche gründlich durchsiebt und selbst nach kleinsten Hinweisen gesucht. Jedes Skelett und jeder halb verbrannte Leichnam konnte wertvolle Informationen liefern. Die Hanse bekam nicht jeden Tag Zugang zu Leichen der fremden Geschöpfe. Bei den Ildiranern gab es unterschiedliche Morphologien – sie sprachen in diesem Zusammenhang von Geschlechtern –, und deshalb war nur Allgemeines über sie bekannt. Es fehlten spezifische Daten.
    Der Vorsitzende hatte Davlin angewiesen, unter allen Umständen seine falsche Identität zu wahren. Weder die Kolonisten noch eine eventuelle Partnerin, falls er eine wählte, durften von seinem Auftrag erfahren. Während der vergangenen zehn Jahre war Davlin immer wieder in neue Rollen geschlüpft und Wenzeslas konnte ihn jederzeit von Crenna abrufen und mit einer anderen Mission beauftragen.
    Davlin empfand das Brummen der Abbruchmaschinen als unangenehm laut, während er in der Gesellschaft von vier Männern arbeitete – in einer eingestürzten Versammlungshalle bemühten sie sich, Fundamentsäulen freizulegen. Am Abend zuvor war Davlin in die Ruinen gekrochen, um mit einer kleinen Lampe alle Ecken und Winkel auszuleuchten. Vielleicht hatte ein sterbender Ildiraner einen Datenchip unter dem Boden versteckt, zusammen mit persönlichen Dingen wie Schmuck oder Andenken. Woran hingen die Fremden? Welche Dinge waren ihnen

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