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Das Imperium

Das Imperium

Titel: Das Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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Roboter zur Seite und betrachtete die Klikiss-Leiche, die wie eingezwängt zwischen den beiden Maschinenblocken lag, teilweise zu Staub zerfallen. Die anderen beiden Roboter blickten auf das trapezförmige steinerne Fenster, als versuchten sie, sich zu erinnern.

85 OTEMA
    Die alte Botschafterin von Theroc ging so in ihrer Arbeit auf, dass sie ihr kristallenes Quartier im Prismapalast kaum verließ. Die Saga der Sieben Sonnen brachte sie weiter als jede Besichtigungstour. Otema hatte alles, was sie brauchte, mit Ausnahme von Zeit. Das Epos war so lang, dass sie in den ihr noch verbleibenden Jahren nur einen kleinen Teil davon lesen konnte.
    Überall um sie herum gab es gefiltertes Licht, brachte ihrer photo-synthetischen Haut Wärme und Kraft. Die beiden in Töpfen wachsenden jungen Weltbäume gediehen prächtig in der hellen Umgebung – inzwischen waren sie schon ein Meter zwanzig groß.
    Otema las laut, bis der raue Hals sie zu einer Pause zwang. Sie griff nach dem Glas mit kühlem Wasser, das immer bereit stand, trank einen Schluck, um die trockenen Stimmbänder zu befeuchten, und lehnte sich zurück.
    Nachdem sie den Botschafterposten der ehrgeizigen Sarein überlassen hatte, war Otema nicht sicher gewesen, ob sie nach Ildira reisen sollte. Voller Sorge hatte sie an die Veränderungen gedacht, die Sarein vielleicht herbeiführen wollte. Sie befürchtete, dass die junge Frau dem Drängen der Hanse nachgab und dadurch die Unabhängigkeit von Theroc aufs Spiel setzte.
    Doch als sie auf Ildira das ungeheure Potenzial der Saga sah, begriff Otema, dass sie hier mehr für das Wohlergehen und Wissen des Weltwalds leisten konnte als beim politischen Tanz mit terranischen Politikern.
    Manchmal fühlte sie sich von Nira enttäuscht, die in der Gesellschaft des Erstdesignierten Jora’h ebenso viel Zeit verbrachte wie mit dem Vorlesen aus der Saga. Jeden Tag besuchte Nira Turniere und Museen oder sah sich Himmelsparaden an. Nun, Otemas Assistentin war jung und von neuen Dingen leicht zu beeindrucken. Außerdem erlebte sie die ildiranische Kultur intensiver als die alte grüne Priesterin, und sie versäumte es nie, ihre Eindrücke mit den Weltbäumen zu teilen. Daher wurde das Wissen des Weltwalds auch auf diese Weise gemehrt.
    Tief in ihrem Innern blieb Otema die Botschafterin, die sie viele Jahre ihres Lebens gewesen war, und immer wieder dachte sie voller Sorge an die politische Zukunft von Theroc und die Tätigkeit der grünen Priester auf Welten der Hanse. Wenn sie nach endlosen Stunden des Lesens müde wurde, entspannte sich Otema, berührte die jungen Weltbäume und stellte den Telkontakt her, um Neuigkeiten in Erfahrung zu bringen.
    Sie versuchte, Sareins Aktivitäten als neue Botschafterin bei der Hanse zu verfolgen, den Überblick über die von ihr unterzeichneten Abkommen und Dokumente zu wahren. Bisher war es kaum zu wichtigen Veränderungen gekommen, aber das beruhigte Otema nicht. Vielleicht verfolgte Sarein ihre Pläne hinter verschlossenen Türen, abseits des Netzwerks der grünen Priester.
    Oh, welchen Schaden sie anrichten konnte!
    Otema hatte ihre Besorgnis dem Weltwald übermittelt und die anderen Priester würden wachsam sein, insbesondere die auf der Erde. Aber den Weltwald schien auch eine andere Sorge zu bedrücken, und sie betraf etwas, das viel schlimmer war als die terranische Politik. Noch wusste kein grüner Priester, worum es sich dabei handelte.
    Otema und die anderen Priester hatten versucht, mehr über den Grund für das Unbehagen des Weltwalds herauszufinden, aber die Bäume gaben nichts preis, nicht einen einzigen Hinweis. Und so fuhr die alte Botschafterin damit fort, aus der Saga der Sieben Sonnen vorzulesen, spürte dabei die Faszination des Weltwalds.
    Sie nahm sich nun einen anderen Teil des Epos vor und begann damit, den lauschenden Bäumen eine weitere ildiranische Geschichte vorzulesen.
    Auch in Niras Quartier wuchsen zwei junge Bäume in Töpfen. Die übrigen waren liebevoll im Terrarium der Himmelssphäre gepflanzt worden, das über dem Empfangssaal des Weisen Imperators schwebte.
    Otema hörte, wie Schritte vor dem Zugang ihres Quartiers verharrten, reagierte aber nicht darauf und las weiter. Die Geschichte betraf einen tauben Sänger, dessen Gesang so mächtig war, dass er die Herzen der Zuhörer aus dem Rhythmus bringen konnte – während es dem Sänger verwehrt blieb, die eigene Stimme zu hören. Traurigerweise blieb dem damaligen Weisen Imperator schließlich nichts anderes

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