Das Imperium
anderen ätzenden Gasen, von vertikalen Strömungen nach oben getragen. Ross schloss die in Handschuhen steckenden Hände ums Geländer und fühlte, wie der Wind mit Haar und Kapuze spielte. Unter ihm erstreckte sich die unbekannte Tiefe von Golgen. Dort unten nahmen Dichte und Temperatur immer mehr zu, bis die Atmosphäre schließlich am superdichten metallischen Kern des Planeten endete, wo kein Leben existieren konnte.
Als Ross in die Tiefe blickte, bemerkte er Lichtblitze unter den bunten Wolkenschlieren. Die Störungszone befand sich weit unter den Wettersonden, die an langen Kabeln von der Unterseite der Himmelsmine herabhingen. Ross hörte kein Donnern am riesigen Himmel von Golgen, nur das Gurren der Tauben.
Während er Ausschau hielt, schienen die Lichtblitze aufzusteigen – die Störungszone näherte sich offenbar den bewohnbaren Bereichen der Atmosphäre. Die weißen Vögel wurden unruhig auf ihren Stangen, als spürten sie etwas Unheilvolles. Es war eine seltsame Nacht.
Trotzdem hätte Ross an keinem anderen Ort sein wollen. Die Blaue Himmelsmine war sein Zuhause und sein Traum.
Im Alter von siebenundzwanzig Jahren, kurz nachdem er sein ganzes Geld in diese Ekti-Fabrik investiert hatte, war er ungestüm und unverfroren gewesen. Und warum auch nicht? Immerhin versuchte er bereits, Unmögliches zu leisten. Lächelnd erinnerte er sich an den Tag, an dem er an Cesca Peroni herangetreten war, eine Frau, die er seit langem bewunderte, aber nicht sehr gut kannte. In einem leeren Tunnel im Innern eines Asteroiden von Rendezvous hatte er sich ihr genähert, bereit dazu, ein Risiko einzugehen und vielleicht zu verlieren. Geradeheraus hielt er um ihre Hand an.
Cesca hob die Brauen und musterte den breitschultrigen jungen Mann, den Ausgestoßenen eines mächtigen Clans, der dazu entschlossen war, aus eigener Kraft erfolgreich zu sein. Als sie lächelte, schmolz Ross das Herz, und er wusste, dass er die richtige Wahl getroffen hatte.
Cesca fand Gefallen an Ross, wenn auch widerstrebend. Als ausgewählte Nachfolgerin der Sprecherin Jhy Okiah hatte die junge Frau genug politischen Sachverstand, um zu wissen, dass Ross ihr Probleme bereiten konnte. Sie klopfte sich mit dem Zeigefinger ans Kinn. »Ich gebe zu, dass die Blaue Himmelsmine ein gutes Geschäftspotenzial hat. Aber wenn du keinen Erfolg hast und ich bereits mit dir verlobt bin, habe ich meine Chance auf ein gutes Ehebündnis vertan.«
Ross wusste nicht recht, ob sie scherzte oder es ernst meinte. »Ich kann verstehen, dass du mir gegenüber vorsichtig bist, Cesca«, sagte er. »Immerhin hat mich mein Vater verbannt. Aber ich schwöre dir, dass ich meinen eigenen Weg zum Erfolg finden werde. Ich weiß, dass ich die Kredite für die Golgen-Anlage abzahlen kann. Mein Traum ist, unabhängig und stark zu werden, und ich weiß genau, wie ich dabei vorgehen muss.«
Cesca zuckte mit den Schultern. »Und was würde meine Familie sagen? Die Peronis sind ein mächtiger Clan. Ich bin die einzige Tochter meines Vaters, deshalb erwartet er Großes von mir.«
Ross faltete die Hände. »Zu Recht. Aber du bereitest dich ganz offensichtlich darauf vor, zur nächsten Sprecherin zu werden. Das sollte den Erwartungen deines Vaters genügen, oder?«
Er freute sich über die Gelegenheit, ganz offen mit Cesca zu reden, aber er wusste nicht, ob sie mit ihm spielte oder seinen Antrag ernsthaft in Erwägung zog. Zwar fühlten sie sich zueinander hingezogen, aber sie würden ihre Entscheidung auf der Grundlage einer vernünftigen Analyse der Konsequenzen treffen und sich dabei nicht von romantischen Träumereien beeinflussen lassen, wie es Roamern gebührte.
»Ich kann dir dies anbieten, Ross Tamblyn«, sagte Cesca schließlich, verschränkte die Arme und versuchte, einen kühlen Gesichtsausdruck zu wahren, als sie lächelte. »Ich bin bereit, dich zu heiraten, wenn du es schaffst, die Schulden zurückzuzahlen und mit der Himmelsmine einen Gewinn zu erwirtschaften.«
Ross lachte. »Kein Problem. Es könnte allerdings einige Jahre dauern. Bist du bereit zu warten? Gib mir vier Jahre Zeit.«
»Ich habe es nicht eilig. Vier Jahre. Ich glaube, so lange kann ich unverheiratet bleiben.«
Während der vergangenen drei Jahre hatte sich Ross um die Blaue Himmelsmine gekümmert, ohne sie jemals zu verlassen oder die Hoffnung aufzugeben, ohne einen Versuch zu unternehmen, Frieden mit seinem Vater zu schließen. Er arbeitete fleißig in den Wolken von Golgen, die sich besonders gut
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