Das Imperium
dass uns sehr schwere Zeiten bevorstehen. Eines Tages werden Sie froh sein über Ihre Verbündeten auf Theroc.«
42 DR. GERALD SERIZAWA
Oncier strahlte hell, eine junge Sonne mit einem jetzt sehr dichten Kern, in dem nukleares Feuer brannte. Der leuchtende Gasriese war viel kleiner als das Zentralgestirn dieses Sonnensystems, aber seine Wärme schmolz das Eis der vier Monde.
Medienberichte über den erfolgreichen Einsatz der Klikiss-Fackel breiteten sich noch immer in der Hanse und auch im Ildiranischen Reich aus. Schnelle Kurierschiffe brachten sie zu den vielen Kolonialwelten. Serizawas aufgezeichnete Interviews hatten die Zuhörer auf hundert Planeten fasziniert – über einen Mangel an Ruhm konnte er sich gewiss nicht beklagen. Doch die eigentliche Arbeit begann jetzt.
Zwar war die neue Sonne relativ klein und kühl, aber Serizawa konnte das brodelnde Plasma nicht ohne einen Filter betrachten. Die Bildschirme der Konsolen zeigten Darstellungen in bestimmten Spektralbereichen. Oncier war wundervoll und ein Unikum.
Serizawa hatte die Aufnahmen untersucht, die unmittelbar nach der Zündung des Gasriesen angefertigt worden waren: glitzernde Kugeln, die sich mit hoher Geschwindigkeit von der neuen Sonne entfernten. Auch Margaret Colicos hatte die Erscheinungen gesehen. Serizawa erinnerte sich an seine Erklärung, nach der es sich um fortgeschleuderte Materie handelte. Angesichts der vielen Medienrepräsentanten, die alles aufzeichneten, hatte er niemanden beunruhigen und den Eindruck vermeiden wollen, nicht alles unter Kontrolle zu haben. Doch selbst nach wiederholten Analysen fehlte eine Erklärung für das Phänomen.
Er war dankbar dafür, dass es sich nicht wiederholt hatte.
Serizawa strich sich mit der flachen Hand über den haarlosen Kopf und fröstelte. Auf der von Metallwänden umgebenen Beobachtungsplattform im All war es ihm immer zu kalt. Zwar beobachtete er die neue Sonne, aber ihre Wärme erreichte ihn nicht. Ganz gleich, auf welche Werte er die ambientalen Kontrollen einstellte – immer ging er mit einer Gänsehaut umher.
Der Bereich im Zentrum von Oncier, in dem das nukleare Feuer brannte, war recht klein, aber er genügte, um die Fusion von Wasserstoffatomen zu Helium in Gang zu setzen. Die neue Sonne kam nach wie vor einem Sturm gleich, der erst noch abflauen musste, doch während der vergangenen Wochen hatte sich kaum etwas geändert.
Auf den vier Monden hingegen fanden dramatische Veränderungen statt.
In einer Woche würden die ersten Schiffe der Hanse eintreffen und Planeteningenieure, Terraforming-Spezialisten und Geologen bringen. Mit speziellen Schutzvorrichtungen und schwerem Gerät wollten sie auf den sich erwärmenden Monden landen und damit beginnen, sie in bewohnbare Welten zu verwandeln. Aufregende Zeiten standen bevor.
Serizawas dünne Lippen formten ein Lächeln. »Hm, wie sich die Kolonisten wohl nennen werden?« Er dachte oft über absurde Fragen nach und sprach die Techniker darauf an. Der größte Mond, Jack, war dem gezündeten Gasriesen am nächsten und durfte erwarten, als Erster besiedelt zu werden. »Jackianer? Oder vielleicht Jackiten?«
Einer der Techniker fand Gefallen an dem Spiel. »Ich halte Jacklinge für angemessener.«
Serizawa sah zu den Bildschirmen, die die unruhigen Oberflächen der anderen Monde namens George, Ben und Christopher zeigten. Gasfontänen stiegen dort auf, wo Eis verdampfte – die Geburt einer Atmosphäre. Diese ersten Gase würden ins All entweichen, weil sie zu leicht waren, um von der Schwerkraft der Monde festgehalten zu werden. Aber wenn die gefrorenen Seen und Gletscher entweder zu flüssigem Wasser oder gasförmigem Kohlendioxid wurden, sollte es genug Luft geben, um die Monde in eine dünne Decke zu hüllen.
Die Namen der vier Monde – zu Ehren der ersten vier Großen Könige der Terranischen Hanse – vermittelten Serizawa ein Gefühl von Geschichte. Doch Menschen hielten einige wenige Jahrhunderte für viel Zeit, während die Ildiraner, insbesondere der Weise Imperator, darin kaum mehr sahen als einen Moment. Während des größten Teils der irdischen Zivilisation hatten die Menschen sich nicht um langfristige Planungen gekümmert; sie waren nicht imstande gewesen, über die Zeit ihres eigenen Lebens hinauszublicken.
Serizawa ging zum Thermostat und erhöhte die Temperatur. Er rieb sich die Hände und kehrte zu den Bildschirmen zurück.
Tasten klickten unter seinen Fingern, als er zwischen verschiedenen Ansichten
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