Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Implantat: Roman (German Edition)

Das Implantat: Roman (German Edition)

Titel: Das Implantat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
Vom Netzwerk:
Nick beobachtet aufmerksam meine Hände. Vermutlich merkt er sich die Züge, um sie gleich schneller wieder rückgängig machen zu können – der listige kleine Bursche.
    »Ich glaube, der ganze Soldatenkram funktioniert so, dass der Amp automatisch auf irgendwas reagiert«, fährt er fort. »So, wie wenn man sich an der Herdplatte verbrennt und automatisch die Hand wegzieht, weißt du. Ich meine, man zieht die Hand ja nicht bewusst weg. Irgendein anderer Teil des Hirns ist dafür zuständig. Der Teil, der einen auch davor schützt, vom Bus überfahren zu werden und so. So ähnlich muss auch dein Amp funktionieren – allerdings kann er eben mehr, als deine Hand im richtigen Moment wegzuziehen oder dich zum Blinzeln zu bringen oder so was.«
    Toll, denke ich. Ich habe ein fremdes Gehirn im Schädel, das über meinen Kopf hinweg Entscheidungen für mich treffen kann. Klingt wunderbar.
    »Er lässt dich Karatetritte machen und mit der Pistole schießen und …«
    »Über Häuser springen«, werfe ich ein.
    »Durch ihn kannst du Kugeln ausweichen«, sagt Nick nüchtern.
    »Lehrer«, entgegne ich und tippe mir mit dem Zeigefinger auf die Brust. »Erinnerst du dich?«
    »Tja, den Amp-Gegnern dort draußen hinter dem Zaun ist es egal, was du früher gemacht hast.«
    Ich werfe ihm den Würfel wieder zu und drücke auf den winzigen silbernen Knopf der Digitaluhr, der mir jedes Mal fast wie ein Dorn in den Finger sticht. Nicks Hände bewegen sich schon, bevor er den Würfel überhaupt fängt. Sein Mund auch.
    »Und wir werden nicht erfahren, was es mit dem Zenith auf sich hat, bis wir ihn einschalten.«
    »Auf gar keinen Fall, Nick«, antworte ich.
    Der Junge fällt fast von seinem Stuhl. Selbst seinen Würfel vergisst er vorübergehend. »Bist du denn gar nicht neugierig?«, fragt er empört.
    Neugierig? Ein bisschen. Ängstlich? Starr vor Angst.
    »Es ist kompliziert«, sage ich. »Es ist eine
Waffe.
«
    »Dein Dad hat dir das Ding eingesetzt, oder?«
    Mit ausdrucksloser Miene betrachte ich Nick aufmerksam. »Ja, hat er.«
    »Er hätte doch nichts getan, was dir schaden könnte. Er hat dich schließlich geliebt. Er wollte bestimmt, dass du ihn benutzt.«
    »Nur im Notfall«, erwidere ich. Was hat mein Vater zu mir in seinem Labor gesagt?
Er braucht dein Einverständnis.
Waren das die letzten Worte, die er an mich gerichtet hat? Ich kann mich nicht genau erinnern. Wenn ich an jenen Morgen zurückdenke, ist es, als wollte ich Glasscherben sortieren, die mir bei jeder Berührung in die Haut schneiden.
    Nick springt auf und breitet die Arme aus. »Was zum Teufel, glaubst du, was hier los ist?«
    Mit seinen kleinen Äuglein sieht mich der Junge eindringlich an und kommt langsam auf mich zu. Seine Stimme wird mit jedem Schritt lauter. »Wir sind auf dieser Insel hier gestrandet. Ganz allein und umzingelt von blutrünstigen Haien. Uns gehen das Wasser und die Nahrung aus. Die Lage wird immer verzweifelter. Irgendwas muss geschehen. Ich sag’s dir, Mann. Unsere Lage hier ist
ernst.
Sehr, sehr ernst, Owen.«
    Er ist so erregt, dass er kaum noch Luft bekommt.
    »Außerdem«, fügt er atemlos hinzu, »weiß jeder, der schon mal einen Zauberwürfel in der Hand hatte, dass man immer ein paar Züge im Voraus planen muss. Jeder Zug, den man macht, ist Teil einer größeren Serie von Zügen. Ob man es weiß oder nicht. Man muss
vorbereitet
sein.«
    Der Junge hat recht. Wenn der Notfall erst mal da ist, werde ich keine Zeit haben, das alles herauszufinden.
Es gibt viel, was du über dich lernen musst.
    Ich lege den Kopf schief und sehe Nick an. »Wie sieht dein Plan aus?«
    Nick schmunzelt und springt von der Veranda. »Folge mir«, fordert er mich auf.
    Wir laufen zwischen den Wohnwagen hindurch auf die Felder zu. Auf dem Weg erwische ich mich dabei, wie ich einen heimlichen Blick in den kleinen Garten werfe, den Lucy hinter ihrem Wohnwagen hat – vielleicht hängt sie ja gerade Wäsche auf.
    Nickt erwischt mich dabei und kapiert sofort. »Willst du dich mit ihr verabreden?«, fragt er.
    Ich zucke mit den Achseln. Während wir an seinem Vorgarten vorbeigehen, plappert Nick auf seine sachliche Art vor sich hin. Lucy, sagt er, sei wie gemacht für einen Typen wie mich. Sie sei hübsch und schlau. Hätte mit Lyle vielleicht nicht gerade den nettesten Bruder. Aber dafür, das dürfe man nicht vergessen, sei sie selbst unheimlich nett.
    Nick spricht das Wort »nett« mit großem Ernst, ja fast mit Ehrfurcht aus. Ich frage mich, wie viele

Weitere Kostenlose Bücher