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Das Implantat: Roman (German Edition)

Das Implantat: Roman (German Edition)

Titel: Das Implantat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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hat von hinten meine Arme gepackt. Als ich überrascht den Kopf drehe, sieht er mir mit mitleidiger Miene ins Gesicht.
    »Idiot«, sagt er.
    Dann liege ich am Boden, und Lyle ist über mir. Verzweifelt will ich mich aufrappeln, schaffe es jedoch nur, mir ein paar brennende Schürfwunden zu holen. Der Cowboy ist zu schnell für mich, prügelt in raschen Schlagfolgen auf mich ein. Sein knochiger Ellbogen trifft mich so hart am Kinn, dass ich kurz den Mund nicht mehr richtig schließen kann.
    Lyle sitzt rittlings auf meinem Bauch und trommelt auf mich ein wie eine Maschine. Mit ähnlicher maschinenartiger Präzision blocke ich sein Bombardement mit meinen bereits grün und blau geschlagenen Unterarmen ab.
    »Wir hätten gemeinsam zu den Sternen fliegen können«, sagt er. »Du hättest mein Bruder sein können.«
    Während mein Bewusstsein schwindet, sehe ich schnappschussartig sein hasserfülltes Gesicht vor mir.
    »Stopp!«, ruft Vaughn. »Hör auf, Lyle!«
    Der Senator könnte ebenso gut einen vorbeirasenden Zug anschreien. Lyle hört zwar tatsächlich auf, auf mich einzudreschen, drückt mir dafür aber mit den Daumen die Luftröhre ab. Meine Arme fühlen sich an wie aus Gummi. Ohne etwas dagegen tun zu können, ziehe ich mich ganz in den kleinen Raum in meinem Innern zurück. Meine Augen verdrehen sich, so dass ich plötzlich in meinen eigenen Schädel hineinblicke.
    »… verdammt, du Tier …«
    »… brauchen ihn …«
    »… für unseren verdammten Plan …«
    Stille.
    Mit einem Mal kommt es mir so vor, als ob Ameisen über mein Gesicht krabbeln. Sie kitzeln mich mit ihren winzigen Beinchen, während sie kreuz und quer über meine Haut tippeln. Es ist das Blut, das in das Gewebe zurückkehrt. Erst blicke ich wie durch winzige Löcher, dann weitet sich meine Sicht, und ich kann wieder die über mir aufragenden Gebäude erkennen. Noch wanken und schwanken sie, als befände ich mich auf hoher See.
    Ich liege auf dem Rücken und huste mir die Seele aus dem Leib. Weiße Spuckefetzen fliegen in hohem Bogen durchs Sonnenlicht. Der Asphalt fühlt sich kühl und schmutzig unter meinem Kopf an. Level vier ist fort, als wäre er nie da gewesen. Ich habe den Eindruck, als wäre ich mehrere Tage ohnmächtig gewesen, dabei waren es nur Sekunden.
    Lyle sitzt zwei Meter von mir entfernt auf dem Boden und hat die Arme auf die Knie gelegt. Er pflückt einen Löwenzahn, der aus einem Riss im Boden wächst, dreht die Blume in seinen blutigen Fingern und betrachtet sie lächelnd. Als sei nichts passiert. Noch immer kann ich seinen eisernen Griff um meinen Hals spüren.
    Vaughn hingegen verhält sich nicht so ruhig.
    Der Politiker fährt herum und schreit den Cowboy an. Geht hinüber zum Wagen und stützt sich mit einem Arm auf die Haube, um wieder zu Atem zu kommen. Irgendwie dringen keine Geräusche mehr zu mir durch. Ich kann nichts außer dem trägen Schlag meines Herzens und dem rasselnden Atmen meiner Lunge hören.
    »Wie konntest du das tun?«, frage ich Lyle krächzend.
    Er wischt sich die Nase mit einer seiner geschwollenen Fäuste ab. Schnieft. »Was willst du von mir hören? Das ist alles Teil des Plans«, antwortet er. »Das Gleiche passiert im ganzen Land. In diesem Moment, heute. Du hättest dabei sein können. Aber für dich ist jetzt alles aus. Für mich ist das bloß der Anfang.«
    »Warum?«, frage ich mit brechender Stimme.
    Der Schmerz, den ich verspüre, steckt in der Frage wie ein schneidender Vorwurf. Lyle zuckt empfindlich zusammen, sagt jedoch nichts.
    Vaughn kickt eine leere Dose über den Asphalt. »Sieh zu, dass sich dieser Amp hier langsam auf den Weg macht. Wir haben eine Menge Arbeit vor uns.«
    Während er zu Vaughn spricht, blickt Lyle mir weiterhin in die Augen. »Wird gemacht, Boss«, erwidert er.
    Der lachende Cowboy zerrt mich auf die Füße. Hustend versuche ich, mit meinem halb eingedrückten Kehlkopf zu schlucken. Über meinem Blick liegt immer noch ein gazeartiger Schleier. Lyle schubst mich unsanft aus der Gasse hinaus, und ich kann mich nur eben so auf den Beinen halten.
    »Ihr lasst mich laufen?«, frage ich ungläubig.
    Auch hier liegt stechender Brandgeruch in der Luft.
    »In gewisser Weise«, gibt Lyle zurück und zuckt mit den Achseln. Anschließend steigt er in den Wagen und schlägt laut die Tür hinter sich zu.
    »Riechst du das?«, meint Vaughn, der sich immer noch auf die Motorhaube stützt. Seine Stimme dringt wie aus weiter Ferne zu mir durch. »Mach dich lieber schnell auf

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