Das Implantat: Roman (German Edition)
brennenden Wohnwagen hindurch. Wie spielende Geister winden sich die Hitzeschatten unter dem Boden der in Flammen stehenden Behausung. Der Anblick tritt mir klar vor Augen wie ein Schnappschuss. Billy liegt mit seitlich ausgestreckten Armen und schwer gehendem Atem auf dem Boden. Sein Gewehr liegt unbeachtet einen Meter weiter. Neben seinem zertrümmerten Gesicht ragt der rußige Zementblock auf. Sieht so aus, als hätte Billy eine der Ecken des Blocks genau in den Mund bekommen. Als hätte er versucht, das schwere Ding zu schlucken. Seine blauen Augen sind vor Angst weit aufgerissen und blicken direkt durch mich hindurch. Doch er ist am Leben. Zwei Paar Stiefel stehen um ihn herum, gerade außerhalb der langsam größer werdenden Blutlache, die von seinem Kopf ausgeht.
»Scheiße, Mann«, sagt jemand. »Bringen wir ihn schnell ins Krankenhaus.«
Dann bin ich wieder auf den Füßen und spüre, wie meine Nackenhaare sich in der glühenden Hitze kringeln. Ich wische meine staubigen Hände an meinen Jeans ab und renne Lucy und Nick hinterher. Tue so, als hätte ich das eben nicht gesehen.
Lucy bemerkt offenbar den stumpfen Ausdruck meiner Augen. Sie packt mich. Zieht mich beiseite und stellt sich mit mir in den Schutz eines Wohnwagens.
»Komm wieder nach oben, Owen«, sagt sie. »Es ist vorbei.«
Sie massiert mir die Schultern und wiederholt in einem fort dieselben Worte. Kurz schließen sich meine Augen. Als ich sie wieder öffne, ist die Welt kleiner geworden. Ich fühle mich weniger lebendig, und mir fehlt die Gesellschaft des Zeniths, der mir ständig seine Geheimnisse ins Ohr flüstert. Ich bin zurück.
»Wie hast du das gemacht?«, frage ich.
»Übung«, erwidert sie und schiebt mich weiter.
Wir laufen zwischen den Wohnwagen umher und hämmern mit den Fäusten an Türen und Wände. Rufen Warnungen in leere Wagen hinein und manchmal auch in volle. Aus den rußgetrübten Fenstern schauen verängstigte Gesichter zu uns heraus.
Schließlich lassen wir die Siedlung hinter uns und rennen auf das Feld hinaus. Obwohl ich kaum noch kann, gönnt Lucy mir keine Pause. Nick lässt sich erschöpft von mir huckepack nehmen. Hastig steuern wir auf den Schutz der Bäume zu.
»Jim ist tot«, sage ich und schaffe es nicht, ihr dabei in die Augen zu sehen.
Lucy kommt ins Straucheln, so dass ich sie am Arm packen muss. Ihre Haare kleben in verschwitzten Strähnen an ihrer Stirn. Auch ihr Gesicht ist verschwitzt und rußverschmiert, doch sie trabt tapfer weiter.
»Und hinter allem steckt Lyle«, füge ich hinzu. »Astra will Krieg. Er hat mich laufen lassen, damit ich dich holen komme.«
Lucy hält inne. Sieht mich mit weit aufgerissenen, ehrlich blickenden Augen an. Sie ist nicht die Frau, für die ich sie gehalten habe, doch sie sieht genauso aus wie sie.
»Er hat dich laufen lassen?«, fragt sie.
»Das ist nicht gut«, sagt Nick leise.
»Da bin ich anderer Meinung«, kontere ich.
»Er meint, Lyle hätte dich nicht laufen lassen, wenn er nicht einen guten Grund dafür hätte«, erklärt Lucy.
»Ist es nicht egal …?«
Bevor ich den Satz beenden kann, hallt ein Schuss übers Feld.
Zwischen den Bäumen treten vier FBI -Agenten hervor, die kugelsichere Westen über ihren Anzügen tragen und Pistolen in den Händen halten.
»Einen schönen guten Abend, meine Damen und Herren. Sie, werter Herr, stehen hiermit unter Arrest, weil Sie Mitglied der terroristischen Vereinigung Astra sind. Auf die Knie!«
Das ist also das Ende. Ich könnte wieder meinen Zenith aktivieren und einen Fluchtversuch wagen. Aber da die Beamten bereits ihre Waffen gezückt haben, würde ich damit Nick und Lucy gefährden.
Also lassen Lucy und ich uns auf die Knie sinken und sehen uns dabei eindringlich in die Augen. Ich habe gedacht, diese Frau würde mich lieben, doch das tut sie nicht. Ich dachte, wir würden einander respektieren, und dabei hat Lyle sie bloß auf mich angesetzt. Seit er mir das verraten hat, werde ich von dem Gedanken an ihren Betrug zerfressen.
»Lyle war nicht immer so«, meint Lucy. »Der Amp ist schuld daran. Er war nicht gut genug dafür.«
Das ist vermutlich die letzte Minute, die ich mit Lucy verbringe, und eigentlich möchte ich sie nicht versauen, aber ich kann nicht anders. Die Wut steigt in mir auf und sucht sich ihren Weg nach draußen.
»Tu doch nicht so, als würde ich dir etwas bedeuten«, gebe ich zurück. »Ich weiß, dass Lyle dich zu mir geschickt hat. Um mich auszuhorchen.«
Lucy wendet den Blick
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