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Das Inferno Roman

Titel: Das Inferno Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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weit, so gut«, sagte Earl.
    Die Luft in Barbaras Papiertüte wurde immer wärmer und begann leicht nach Rauch zu riechen. Das Papier fühlte sich heiß an, wo es ihre Ohren und ihr Gesicht berührte. Ihre Bluse kam ihr so heiß vor, als würde sie jeden Moment in Flammen aufgehen.
    Mach dich nicht lächerlich, sagte sie sich. Die Sonne kann die Kleidung nicht zum Brennen bringen.
    Vorher würde die Tüte zu brennen beginnen, dachte sie.
    Und stellte sich vor, wie sie plötzlich in Flammen aufging und mit loderndem Kopf die Balkonbrüstung entlangstolperte.
    Kann doch nicht passieren, oder?
    Wenn, springe ich in den Pool.
    Dazu hätte ich ohnehin Lust, dachte sie.
    »Wir kommen zur Treppe«, sagte Earl.
    »Beobachtet uns jemand?«, fragte Barbara.
    »Glaube nicht«, antwortete Earl.
    »Wird schon gutgehen«, meinte Pete, »solange sie nicht versuchen, uns aufzuhalten.«
    »Jetzt geht’s los«, sagte Earl. »Passt auf, wo ihr hintretet, Jungs und Mädels.«
    Aus Angst, sie könnte stolpern und Pete mit sich die Treppe hinunterreißen, ließ sie seine Schulter los und
suchte das Treppengeländer. Das lackierte Metall verbrannte ihr die Hand. Schnell ließ sie los und ihre Hand beim Abstieg lediglich über das Geländer gleiten. Sie berührte es kaum, war aber bereit zuzugreifen, sollte sie ins Straucheln geraten.
    Nachdem sie den Kopf zur Seite gedreht hatte, konnte sie den Pool rechts unterhalb von ihr sehen.
    »Ich springe rein«, sagte sie leise. »Wie steht es mit euch?«
    »In den Pool?«, fragte Pete.
    »Ja. Ich habe das Gefühl, ich gehe in Flammen auf, wenn ich es nicht tue.«
    »Ich weiß nicht«, meinte Pete. »Ich habe die Pistole.«
    »Ein bisschen Wasser schadet der nicht.«
    »Niemand geht in den Pool!«, zischte Earl.
    »Jawohl«, sagte Barbara, »was immer du befiehlst.« Das Geländer endete. Als sie von der letzten Treppenstufe stieg, zog sie sich die Tüte vom Kopf. Ohne Tüte fühlte sich die heiße Abendluft fast kühl in ihrem Gesicht an. Earl ging ein paar Schritte vor Pete auf das hintere Gartentor zu.
    Auf dem Weg zum Pool presste Barbara die Papiertüte gegen ihren Bauch, um sie zu glätten. Dann faltete sie die Tüte zusammen und ließ sie fallen.
    Am Rand des Pools zog sie die Schuhe aus und ließ sie auf den Beton platschen.
    »Banner!«, brüllte Earl.
    Sie sprang.
    Das Wasser war wunderbar, erschreckend kalt - eisige Seide, die beim Tauchen über ihren Körper glitt. Wäre sie doch nackt. Die Kleider behinderten sie, schränkten sie
ein, zogen sie auf den Grund - sie standen zwischen ihr und der Liebkosung des Wassers.
    Vielleicht ein anderes Mal.
    Einmal nachts hier reinschleichen, dachte sie. Pete und ich, nackt ins Wasser gleiten, weit nach Mitternacht …
    Ich würde mich nicht trauen.
    Ach ja?
    Vielleicht würde ich, vielleicht auch nicht.
    Als sie die Augen öffnete, sah sie die blauen Kacheln geradewegs vor sich. Sie tauchte auf, holte kurz Luft, drehte sich, stieß sich mit ihren Füßen am Beckenende ab und tauchte erneut unter.
    Earl wird stinksauer sein, dachte sie.
    Pech gehabt. Er sollte sich nicht so aufspielen.
    Warum habe ich das überhaupt getan?
    Ich musste es tun, deshalb. Zur Hölle mit ihm.
    Ja, genau, wir versuchen, unauffällig dem Tatort eines Doppelmordes zu entfliehen, und ich habe nicht Besseres zu tun, als planschen zu gehen. Irgendwas stimmt nicht mit mir.
    Mir war heiß, das war alles.
    Und er hat kein Recht, mein Leben zu kontrollieren.
    Von wie viel Zeit reden wir überhaupt? Von zwei Minuten? Keine große Sache.
    Mit einem letzten Beinstoß machte sie sich ans Auftauchen. Ihr Kopf durchstieß die Wasseroberfläche. Sie streckte die Arme aus und klatschte die Handflächen auf den Betonrand des Beckens.
    »Sofort!« Earls Stimme, laut und grob. »Sofort, du Schlampe!«
    Barbara zog sich hoch.
    Earl hatte das Gewehr angelegt und zielte.

    Aber nicht auf Barbara.
    Auf ausgestreckten Armen aufgestützt warf sie den Kopf herum und erkannte eine Frau, die in der geöffneten Eingangstür eines Apartments im Erdgeschoss stand. Eine von Lees Mieterinnen? Eine aufgedonnerte Rothaarige, vielleicht fünfzig, gebaut wie Marilyn Monroe, die einen glänzenden schwarzen Kimono mit Kordel trug, der ihr bis zur Mitte ihrer Oberschenkel reichte.
    »Wo ist Lee?«, fragte die Frau. »Das ist alles, was ich wissen will. Was habt ihr mit ihm angestellt?«
    »Nichts. Gehen Sie wieder rein und schließen Sie die Tür.«
    »Das wollen wir mal sehen.« Sie stolzierte auf Earl zu,

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