Das Inferno Roman
Büchertasche ist um einiges schwerer, und die muss ich auch den ganzen Tag mit mir rumschleppen.«
»Ist schon okay. Ich trage das jetzt.« Er behielt die Tasche und schwang sie beim Gehen.
Als er sich umdrehte, folgte Mary ihnen in erstaunlichem Tempo. »Ich kann’s nicht fassen«, sagte er. » Jetzt läuft sie schnell.«
Em sah über die Schulter. »Sie hat Angst, allein zurückgelassen zu werden.«
»Glaube ich auch. Sie weiß, dass wir nicht mehr anhalten werden, um auf sie zu warten.«
Aber sie mussten warten. Am Ventura Boulevard waren die Fahrstreifen, die sie überqueren mussten, völlig verstopft. Wie es Clint erwartet hatte, funktionierten die Ampeln nicht mehr. Und auf der Kreuzung stand niemand, der den Verkehr lenkte. Hupen plärrten. Leute schrien. Personenwagen und Laster schoben sich Stoßstange an Stoßstange über die Kreuzung. Manche zwängten sich Zentimeter für Zentimeter auf die verstopften Fahrstreifen des Laurel Canyon nach Norden, andere mühten sich, rechts vom Laurel abzubiegen und sich auf den Ventura Boulevard zu quetschen.
Am entgegengesetzten Ende des Ventura Boulevard war der Laurel Canyon wie verlassen. Die Straße zog sich hell und sonnenbeschienen und leer nach Süden zu den Bergen hin.
»Was für ein Durcheinander«, meinte Em.
»Sieht aus, als hätten sie Laurel Canyon geschlossen«, erklärte ihr Clint.
»Ja?« Sie stellte sich auf Zehenspitzen, schüttelte aber den Kopf. »Ich kann nichts erkennen.«
»Dort drüben ist überhaupt kein Verkehr.«
»Typisch«, sagte Em. »Laurel wird dauernd geschlossen. Wenn es keine Schlammlawine ist, dann ein Autounfall … oder ein Feuer … oder ein Erdbeben. Irgendwas ist da immer los.«
»Besser wär’s, wenn wir durchkommen würden«, sagte Clint. Er spürte, wie er die Zähne bleckte.
»Wir könnten rüber zum Coldwater Canyon laufen.«
»Das wäre ein riesiger Umweg.« Er schüttelte den Kopf. »Wir müssen durch den Laurel Canyon.«
»Ich warte«, rief Mary. Ihre Stimme war über dem Geräuschpegel aus Motorlärm, quietschenden Bremsen,
Autohupen, Radiomusik und Geschrei kaum zu hören.
Sie stand knapp fünf Meter hinter ihnen, stemmte die Hände in die Hüften und reckte das Kinn in Richtung ihrer linken Schulter.
»Bleiben Sie, wo Sie sind«, befahl Clint.
»Überqueren Sie jetzt die Straße, oder was?«, rief sie.
»Lass uns gehen«, sagte Clint zu Em. »Bleib nahe bei mir und halt die Augen auf.«
Bewegungslos standen die ersten Wagen in der Schlange auf dem Laurel, die Fahrer warteten auf die winzigsten Lücken zwischen den Stoßstangen, um sich nach rechts auf den Ventura zu quetschen. Es sah nach einer langen Wartezeit aus. Der Verkehr auf dem Ventura schien zum Erliegen gekommen zu sein.
Da niemand rechts abbiegen und sie dabei anfahren konnte, mussten Clint und Em ihr Augenmerk nur noch darauf richten, nicht zwischen den Wagen zerquetscht zu werden, die auf dem Ventura nicht vorwärtskamen.
Clint betrat die Fahrbahn. Zwischen der Vorderseite eines Dodge Pick-up und dem Heck eines Mazda war gerade eben genug Platz, die Beine nacheinander zu bewegen. Er blieb neben dem rechten Vorderreifen des Dodge stehen. Der Fahrer hinter der Windschutzscheibe trug einen Cowboyhut. Eine Zigarette hing ihm aus dem Mundwinkel. Er winkte Clint zu. Clint lächelte, rief »Danke« und schob sich vor den Dodge.
Als er sich seitwärts durch die Lücke schob, bedeutete er Em, ihm zu folgen. Sie warf dem Fahrer ein freundliches Lächeln zu und folgte.
Mary blieb nicht zurück.
Mach dir keine Gedanken, sagte sich Clint. Wichtig ist jetzt, unbeschadet über die Straße zu kommen. Vergiss sie.
Der Escort und der Cherokee auf der nächsten Fahrspur standen Stoßstange an Stoßstange. Clint zwängte sich durch einen schmalen Spalt zum Heck des Escort und sah, dass der Cadillac dahinter nicht ganz aufgeschlossen hatte. Am Steuer des Cadillacs saß eine junge Frau, die ihn stark an Mary erinnerte. Karrierefrau im strengen Businesskostüm. Sie blickte starr geradeaus und trug eine Sonnenbrille.
Mit der flachen Hand klopfte er auf ihre Motorhaube und sah, wie ihr Kopf herumwirbelte. Lächelnd gab er ihr ein Zeichen, dass er vorhatte, sich vor ihrem Wagen vorbeizuzwängen.
Sie reagierte nicht.
»Wir gehen jetzt durch«, schrie er.
Ihre Lippen schienen sich leicht zu spannen.
Sie sieht wie eine echte Zicke aus, dachte er. Aber vielleicht ist sie auch ein richtig netter Mensch. Jedenfalls musste man schon mehr als eine
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