Das Inferno Roman
den Bürgersteig fallen lassen, wo das Gewicht der beiden Pepsi-Flaschen sie zum Umkippen gebracht hatte.
Clint legte ihr sanft die Hand in den Nacken. Dort fühlte es sich feucht und sehr heiß an. »Alles in Ordnung?«
»Ich muss heute anscheinend’ne Menge Schläge einstecken«, sagte sie leise, aber bestimmt.
Clint schluckte.
»Vielleicht sollte ihr mal jemand sagen, dass es nicht sehr höflich ist, Leute zu schlagen.«
»Ich habe sie kaum berührt«, murmelte Mary.
»Soll ich Sie vielleicht auch mal auf die gleiche Art kaum berühren?«
»Nicht«, sagte Em. »Ich möchte nicht, dass Sie sie schlagen.«
»Das hatte ich auch nicht vor, aber die Versuchung ist groß.«
»Es tut mir leid, okay?«, sagte Mary.
»Genauso hört es sich an.«
»Ich werde es nicht wieder tun.«
»Gehen Sie einfach. Hauen Sie ab.«
Mary schüttelte den Kopf. Sie wirkte schockiert. Und wütend. »Ich habe doch gesagt, dass ich es nicht wieder tun werde.«
»Sie hätten es überhaupt nicht tun dürfen.«
»Mir tut es leid. Okay? Es tut mir leid !«
»Und weiter?«
Sie reckte ihr Kinn und streckte den Rücken durch. »Sie müssen mir eine zweite Chance geben.«
»Nein, muss ich nicht.«
»Doch, das müssen Sie. Sie können mich nicht einfach … wegschicken. Sie müssen mir eine zweite Chance geben.«
»Wo steht das geschrieben?«, fragte Clint.
»Das weiß doch jeder.«
»Ich nicht. Ich halte nichts von zweiten Chancen, Entschuldigungen und dem ganzen Scheiß - nicht, wenn Sie hier so etwas abziehen und mein Kind schlagen …«
»Sie ist nicht Ihr Kind!«
»Aber trotzdem ist sie jemandes Kind, und sie ist meine Freundin, und wenn Sie das mit meiner Tochter Barbara gemacht hätten , würden Sie mir jetzt nicht was von zweiten Chancen erzählen, sondern auf dem Bürgersteig liegen und bluten !« Er trat auf sie zu und schrie ihr ins Gesicht: »HABEN SIE DAS VERSTANDEN?«
Die Farbe wich ihr aus dem Gesicht. Wie getroffen stolperte sie rückwärts. Ihre Lippen zuckten. Ihr Kinn zitterte. Tränen füllten ihre Augen.
Em drehte sich um und beobachtete sie.
»Es tut mir leid «, stieß sie hervor. Dieses Mal sah sie aus, als ob sie es ernst meinte.
»Ist mir egal«, sagte Clint.
»Sie können mich nicht einfach hier zurücklassen!«
»Vielleicht sollten wir sie festbinden«, schlug Em vor.
»Sehen Sie, was das für eine Zicke ist? Sehen Sie?«
»Sie scherzt nur. Halten Sie sich fern von uns, mehr will ich nicht. Bleiben Sie auf Abstand und halten Sie den Mund, sonst fessele ich Sie tatsächlich.«
Mary schniefte, rieb ihre Nase und sah beide böse an.
Clint bückte sich und hob die Tüte auf, die Em hatte fallen lassen. »Ich werde das’ne Weile tragen.«
»Nein, geht schon. Ich kann das tragen.«
»Das ist ziemlich schwer, ich trage es. Was ist mit dem Essen?«
»Was ist damit?«
»Willst du es immer noch mit Mary teilen nach dem, was sie dir angetan hat?«
Mary lenkte ihren Blick von Clint auf Em. »Ich brauche keine Almosen.«
Em warf den Kopf zurück und verzog das Gesicht, als ob Mary sie gerade mit einem Finger voller Rotze bedroht hätte. Dann lächelte sie Clint schief an. »Sie kann das Zeug haben. Ist mir egal.«
»Ich will euer verdammtes Essen nicht.«
»Es wird ein langer Tag«, erklärte ihr Clint. »Sie werden wahrscheinlich Hunger bekommen, deshalb nehmen Sie sich besser etwas davon. Wenn wir uns erst mal in Bewegung gesetzt haben, lasse ich Sie nicht mehr in unsere Nähe.«
»Na toll. Ich werde nichts von Ihrem wertvollen Essen anrühren. Wenn Sie mich verlassen wollen, tun Sie es. Hauen Sie ab. Hoffentlich verrecken Sie.«
Clint nickte Em zu. »Lass uns gehen.«
Sie begannen loszulaufen. Nach acht bis zehn Schritten blickte Clint zurück über seine Schulter. Mary lief bereits hinter ihnen her. Abrupt blieb sie stehen.
»Soll ich vielleicht erst bis hundert zählen?«, höhnte sie.
Er schüttelte den Kopf und sagte zu Em: »Lass uns einfach ein bisschen schneller gehen, dann wird sie schon zurückbleiben.«
Beide begannen größere Schritte zu machen. Sie liefen nebeneinander. Clint trug die Papiertüte am zusammengeknüllten Ende. Die Tüte war schwer. Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sie Em so lange hatte tragen lassen.
»Du hättest mir sagen sollen, dass die Tüte so schwer ist.«
»Die ist nicht so schwer.«
»Sind schon einige Kilo.«
»Ich nehme sie«, sagte Em und streckte ihm die Hand entgegen.
»Nein, tust du nicht.«
»Macht mir nichts aus. Meine
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