Das Inferno
Kofferraum, nicht wahr?«, sagte Lisa plötzlich.
Tweed drehte sich zu ihr um und sah, dass sie sich offenbar wieder beruhigt hatte.
»Stimmt«, sagte er. »Er steckt in einem Leinensack, den wir mit dem Flaschenzug hinuntergelassen haben. Aber dann hat sich die Kette verklemmt, und ich konnte sie nicht mehr hinaufziehen.«
»Und was haben Sie mit der Leiche vor?«
»Wir wollen sie in der Förde versenken. Deshalb sind wir auch hierher gefahren.«
»Und dann ist er weg.« Lisa schien erleichtert zu sein. »Für immer.«
Sie fuhren an einem kleinen Hafen mit Fischerbooten und Segeljachten vorbei, in dem kein Mensch zu sehen war.
Newman verringerte die Geschwindigkeit und parkte den Wagen hinter ein paar klapprig aussehenden Bootshäusern.
»Haben Sie das Ruderboot dort unten gesehen?«, fragte er.
»Ja«, antwortete Butler. »Genau das, was wir jetzt brauchen.
Dann wollen wir mal…«
Auf Tweeds Vorschlag hin gingen Paula und Lisa mit ihm und Nield ein Stück am Wasser entlang. Falls jemand sie vom anderen Ufer der Förde aus beobachtete, sah es so aus, als ob sie lediglich einen kle inen Spaziergang machten. Marier blieb zurück, um Newman und Butler zu helfen. Als Erstes inspizierten sie das Ruderboot, das vor einer der Hütten auf dem Trockenen lag.
»Sieht so aus, als wäre der Boden schon halb durchgefault«, sagte Newman.
»Wie gesagt, genau das, was wir brauchen«, sagte Marier und sperrte den Kofferraum auf.
Gemeinsam trugen die schwere Leiche hinunter zum Strand.
Dort band Butler den Sack noch einmal richtig zu.
»Der Strand ist voller Kieselsteine und größeren Felsbrocken«, sagte Newman. »Wenn wir das Boot ins Wasser ziehen, müssen wir verdammt aufpassen, dass es uns nicht den Boden herausreißt.«
Butler zog sich ein paar alte Gummistiefel an, die er in der Hütte gefunden hatte. »Dann tragen wir das Boot eben ins Wasser«, sagte er. »Ich nehme das Heck, und Sie beide nehmen die Seiten. Ich zähle bis drei, dann geht’s los. Eins – zwei – drei…«
Die drei Männer hoben mit einem Ruck das Boot mit seiner schweren Last an und schleppten es hinunter zum Wasser. Die körperliche Anstrengung unter der prallen Sonne trieb ihnen den Schweiß aus allen Poren. Nachdem sie das Boot vorsichtig ins Wasser gesetzt hatten, blieben Newman und Marier zurück, während Butler mit seinen Gummistiefeln noch ein paar Schritte weiterwatete, um dem Boot einen letzten, kräftigen Schubs zu geben. Erst langsam, dann immer schneller glitt es hinaus auf in die Förde.
»Großer Gott«, sagte Newman. »Die Strömung ist aber ganz schön stark hier.«
Mit angehaltenem Atem beobachteten die drei, wie das Boot dem gegenüberliegenden Ufer immer näher kam. Durch sein Fernglas konnte Newman sehen, dass in den Häusern der Altstadt niemand am Fenster war.
»Jetzt mach schon, du Mistding«, brummte Butler.
Das Boot musste ihn gehört haben, genau in diesem Augenblick brach nämlich der morsche Boden durch, und der Sack verschwand in den Fluten. Das Boot nahm immer mehr Wasser auf, brach auseinander und versank ebenfalls. Nur ein paar einzelne Planken schwammen noch auf dem Wasser.
»Das wäre geschafft«, sagte Butler. »Wo sind denn Tweed und die anderen?«
Die vier Spaziergänger hatten sich schon ein ganzes Stück weit von dem Bootshaus entfernt. Als Paula sich umdrehte, sah sie, wie Newman ihnen winkte.
Tweed machte kehrt und ging neben Nield zurück zum Wagen. Paula und Lisa folgten ihnen mit einigem Abstand.
Tweed hatte den Spaziergang hauptsächlich deshalb gemacht, damit Lisa nicht mit ansehen musste, wie die drei anderen Delgados Leiche versenkten. Obwohl sie äußerlich schon wieder einen sehr gefassten Eindruck machte, würde es bestimmt mehrere Tage dauern, bis sie das schreckliche Erlebnis wirklich verwunden hatte.
»Lisa«, sagte Paula leise. »Ich wollte Sie schon lange etwas fragen, und jetzt erscheint mir die richtige Gelegenheit dafür.
Macht es Ihnen etwas aus?«
»Nein. Schießen Sie los.«
»Als Sie mit der Gehirnerschütterung in der Klinik lagen, haben Sie versucht, uns etwas mitzuteilen. Ich fand es bewundernswert, wie Sie sich bemüht haben. Was Sie gesagt haben, war
Ham… Dan… Vier Ja.
Wir haben uns inzwischen ausgerechnet, dass
Ham
für Hamburg steht und
Vier Ja
für das Hotel Vier Jahreszeiten. Aber was bedeutet
Dan?«
»Das soll ich gesagt haben? Daran kann ich mich überhaupt nicht mehr erinnern. Aber das mit Hamburg und dem Hotel scheint mir logisch zu
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