Das Inferno
haben?«
»Ach so.« Sie lächelte traurig und schlug ihre in einer Lederhose steckenden Beine übereinander. »Das ist eine alte Gewohnheit von mir. Ich war einmal verheiratet, habe dann aber herausgefunden, dass mein Mann eine Geliebte hat, und mich daraufhin scheiden lassen. Trotzdem sage ich manchmal noch ›wir‹.«
»Aber woher wussten Sie, dass Sie uns hier in Tønder finden würden?«
»Wir haben Ihre Spur in Flensburg wieder aufgenommen, und von dort aus habe ich Sie mit dem Flugzeug verfolgt. Kurzzeitig hatte ich Sie verloren, aber als ich Ihren Wagen wieder sah, fuhren Sie in Richtung Dänemark. Dann waren Sie wieder verschwunden, und ich musste halb Jütland abfliegen, ehe ich Sie kurz vor Tønder wieder entdeckt habe.« Sie lächelte. »Sie sind ganz schön mobil, Mr. Tweed. Vielen Dank für den Kaffee.
Der stellt ja Tote wieder auf die Füße.«
»Also, was können wir für Sie tun?«
»Bevor ich Ihnen das sage, muss ich Sie vor ein paar übel aussehenden Verbrechern warnen, die sich hier in Tønder herumtreiben. Ich habe zwei von ihnen in einer Bar erkannt. Es waren dieselben Männer, die ich schon in Hamburg gesehen habe, nachdem ich bei Ihnen im Hotel war. Nehmen Sie sich also in Acht.«
»Danke für die Warnung.«
»Außerdem sollten Sie wissen, dass überall in der westlichen Welt bald der Teufel los sein wird. Ich glaube, Sie sind der Einzige, der die Katastrophe noch aufhalten kann.«
»Warum glauben Sie das?«, fragte Paula.
»Weil wir einiges über Ihre Vergangenheit in Erfahrung gebracht haben, Mr. Tweed. Wir verfügen glücklicherweise über ein weit gespanntes Netz von Kontaktpersonen.« Sie lehnte sich lächelnd zurück. »Vielleicht fragen Sie sich, wie wir dieses Netz aufgebaut haben. Die Antwort ist ganz einfach. Geld macht nun mal die meisten Menschen gesprächig. Wir wissen – wenn Sie mir die Bemerkung gestatten –, dass Sie ein Mann von höchster persönlicher Integrität sind. Solche Männer wie Sie, Mr. Tweed, sind heutzutage leider Mangelware.«
Paula war erstaunt, wie gut Mrs. France auf einmal Englisch sprach. Es war gar kein Vergleich zu ihrer stockenden Sprechweise in Hamburg.
»Was raten Sie uns zu tun?«, fragte sie.
»Bleiben Sie über Nacht hier im Hotel, und fahren Sie morgen früh in Richtung Travemünde.« Sie blickte hinüber zu Tweed.
»Wissen Sie, wo das ist?«
»An der Ostseeküste östlich von Lübeck. Ich war schon einmal dort.«
»Von hier aus ist es eine ziemlich lange Fahrt, aber schließlich sind Sie ja auch von Flensburg ganz schnell hierher gekommen. Aber sehen Sie sich vor, dass Sie auf dem Weg dorthin nicht angegriffen werden – obwohl ich davon überzeugt bin, dass Sie sich hervorragend zu verteidigen wissen.«
»Wann sollen wir denn in Travemünde sein?«, fragte Paula.
»Ach, am späten Nachmittag, würde ich vorschlagen.« Sie lächelte wieder. »Angesichts der weiten Entfernung werden Sie sowieso nicht früher dort eintreffen.«
»Und wo sollen wir in Travemünde hingehen?«, fragte Tweed.
»Darauf wollte ich gerade kommen. Es gibt dort eine Uferpromenade am Fluss Trave, die Vorderreihe heißt. Sie führt von der Ostsee zu einem Polizeirevier. Direkt hinter dem Revier ist ein großes Restaurant mit einer Terrasse. Setzen Sie sich dort an einen Tisch im Freien, der möglichst nahe an der Promenade ist. Dort wird sich eine Kontaktperson an Sie wenden.«
»Wer wird diese Person sein? Sie?«, fragte Tweed, dessen Ton zum ersten Mal etwas aggressiv klang. »Wir fahren nicht bis nach Travemünde, wenn wir nicht wissen, wer uns dort erwartet.«
»Die Kontaktperson ist Herr Rondel, den Sie ja bereits kennen gelernt haben.«
»Und worum geht es bei dieser seltsamen Schnitzeljagd?«, verlangte Tweed in demselben Ton wie zuvor zu wissen.
»Man hat mir gesagt, dass Sie ein kritischer Kopf sind, Herr Tweed«, sagte Mrs. France und nickte anerkennend. Dann ließ sie sich in dem Sessel nieder, auf dessen Armlehne sie bisher gehockt hatte. »Das war nicht übertrieben. Wir haben es hier mit einer der gefährlichsten internationalen Verschwörungen seit dem Zweiten Weltkrieg zu tun. Mehrere mächtige Politiker sind darin verwickelt, darunter auch einer aus Ihrem Land. Zurzeit beraten sich diese Männer auf Sylt. Wir müssen verhindern, dass sie ihren teuflischen Plan in die Tat umsetzen, notfalls auch dadurch, dass wir sie eliminieren. Aber sagen Sie den Partnern nicht, dass ich Ihnen das enthüllt habe.«
»Ich wusste es schon
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