Das Inferno
aufgehen lassen, ebenso wie die Zweigstellen, die diese Banken in anderen großen Städten besaßen.«
»Und wie haben die Schweizer darauf reagiert?«
»Die Direktoren der alten Zürcher Kredit hat Rhinozeros sehr großzügig abgefunden. Die sind jetzt alle Multimillionäre. Aber was taten die? Sie benützten die restlichen zwanzig Prozent Beteiligung an ihrer Bank, um auf Frankenheims Vorschlag hin weitere Immobilien im Ausland zu erwerben, was nach dem Schweizer Bankengesetz nicht verboten war. Schließlich wurden auch diese Immobilien verkauft, und zwar mit dem Ergebnis, dass Rhinozeros fortan hundert Prozent der Zürcher Kredit gehörten.«
»Eine faszinierende Geschichte«, sagte Tweed. »Mich interessiert natürlich brennend, wer dieser Rhinozeros ist, wo er lebt, und was für ein Landsmann er ist.«
»Das weiß ich leider nicht und habe es auch nicht herausfinden können«, antwortete Kent.
Das Telefon klingelte. Monica hob ab und machte ein erstauntes Gesicht.
»Für Sie«, sagte sie zu Tweed. »Ein gewisser Mr. Rondel.«
»Hier Tweed. Ich glaube nicht, dass ich schon Ihre Bekanntschaft gemacht habe…«
»Das haben Sie auch nicht. Noch nicht.« Die Stimme klang freundlich und munter. »Ist diese Leitung sicher?«
»Ja.«
»Ich habe meine Hausaufgaben gemacht und weiß jetzt eine Menge über Sie. Damit meine ich nicht Ihre Tarnung mit der Versicherung, die sich auf den Schutz wichtiger Persönlichkeiten vor Entführungen spezialisiert hat, sondern die Tatsache, dass Sie stellvertretende Direktor des SIS sind.«
»Was Sie nicht sagen…«
»Mr. Tweed, ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten.
Schlagen Sie mir einen Ort auf dem Kontinent vor, der Ihnen genehm ist, und ich werde hinkommen. Zu jedem Zeitpunkt, der Ihnen passt.«
»Bevor ich darüber überhaupt nachdenken kann, muss ich wissen, weshalb Sie mit mir sprechen wollen.«
»Aber natürlich«, sagte Rondel mit einem fröhlichen Glucksen. »Jetzt verstehe ich auch, weshalb Sie es so weit gebracht haben. Es geht darum, was wir dagegen tun können, dass der Westen im Chaos versinkt. Ich meine damit die jüngsten Unruhen, die, wie ich finde, dazu angetan sind, unsere demokratischen Systeme zu destabilisieren. Ich möchte herausfinden, wer diese höchst gefährlichen Ausschreitungen organisiert und wer sie finanziert.«
»Können Sie mir eine Telefonnummer geben, unter der ich Sie erreichen kann?«
»So, so, eine Telefonnummer wollen Sie haben!« Rondel gluckste abermals vor Vergnügen. »Das Problem ist nur, dass ich praktisch ständig unterwegs bin. Manchmal weiß ich nicht einmal, wo ich am nächsten Tag sein werde. Es wäre besser, wenn ich Sie zurückrufen dürfte.«
»Tun Sie das. Und danke für Ihren Anruf…«
Tweed legte auf und blickte hinüber zu Keith Kent, der gerade seine dritte Tasse Kaffee trank.
»Sagt Ihnen der Name Rondel etwas?«
»Nie gehört.«
»War er das wirklich?«, fragte Paula.
»Ja.«
»Und wie hat er geklungen?«
»Kompetent, gescheit, humorvoll, alles in allem sehr angenehm. Ich würde ihn als eine starke Persönlichkeit bezeichnen.« Dann schaute er wieder zu Kent. »Aber erzählen Sie uns noch mehr von diesem Mann namens Rhinozeros. Wie ist seine Arbeitsweise?«
»Alles, was er tut, geschieht unter strengster Geheimhaltung.
Angeblich lebt er auf einer weit abgelegenen Basis, von der niemand weiß, wo sie ist.«
»Das erinnert mich irgendwie an Howard Hughes, den amerikanischen Multimillionär, der sich auch vor aller Welt zurückgezogen hatte. Ist Rhinozeros auch so ein Einsiedler?«
»Nicht im Geringsten. Er reist viel herum, allerdings immer inkognito. Dazu verwendet er eine Menge falscher Identitäten, und zwar für jede Reise eine andere. Fast immer fliegt er in normalen Linienflugzeugen, manchmal in der Business Class, manchmal Touristenklasse. Niemals Erster Klasse. Aber das ist schon alles, was ich über seine Gewohnheiten herausgefunden habe.«
»Ich habe Sie auch nicht nach seinen Gewohnheiten, sondern nach seiner Arbeitsweise gefragt. Ist er ehrlich?«
»Er tut das, was die Frankenheims vor langen Jahren von den Rothschilds gelernt und seither eigentlich immer beibehalten haben. Rhinozeros verleiht nur ganz selten Geld. Reiche Leute haben großes Vertrauen in seine Bank und deponieren dort riesige Vermögen, obwohl er dafür exorbitant hohe Gebühren kassiert. Aber das ist ihnen egal, weil sie wissen, dass ihr Geld bei ihm sicher ist. Sie fragen mich, ob er ehrlich ist. Ich will es
Weitere Kostenlose Bücher