Das Inferno
innersten Kreis als besagter Informant.« Er sah Tweed an. »Ich nehme jetzt diese Papiere mit auf mein Zimmer und sehe sie mir gründlich durch.«
»Aber lassen Sie niemanden das blaue Notizbuch sehen«, sagte Tweed, als er Kent den Umschlag gab. »Auch das Hotelpersonal nicht. Und verlassen Sie unter keinen Umständen das Hotel. Wenn das Telefon klingelt, sagen Sie, Sie seien in einer Besprechung, und legen wieder auf.«
»Keine Sorge.« Kent stand auf. »Wenn ich zum Essen gehe, lege ich die Papiere in den Hotelsafe.«
»Ich begleite Sie zu Ihrem Zimmer«, sagte Newman.
»Das ist nicht nötig…«
Es klang wenig überzeugend. Kents Hände waren so feucht vom Schweiß, dass sie auf dem Umschlag Spuren hinterließen, und auch sonst machte er noch immer einen ziemlich mitgenommenen Eindruck.
»Ich rufe Kuhlmann an«, sagte Tweed, nachdem die beiden gegangen waren. »Die Reaktion von dem Kerl mit dem gelben Hemd auf den Zusammenbruch seines Angriffs gefällt mir ganz und gar nicht. Paula, Sie können doch recht gut Leute beschreiben. Vielleicht hole ich Sie später an den Apparat.«
»Guten Morgen, Tweed…«, sagte Kuhlmann mit seiner kräftigen Stimme am anderen Ende der Leitung. »Ich wollte Sie gerade auch anrufen. Haben Sie heute vielleicht einen Ausflug zum Fernsehturm gemacht? Ein Zeuge, der in der Nähe wohnt, hat dort heute Vormittag eine schlimme Schlägerei auf der Straße beobachtet. Sie wissen nicht zufällig etwas mehr darüber?«
»Doch. Ich war mit Paula oben im Café und habe zugesehen, wie eine Bande von Rowdys eine gehörige Tracht Prügel bekommen hat.«
»Und Ihre Leute hatten nichts damit zu tun?«
»Wo denken Sie hin, Otto. Aber wo ich Sie schon mal an der Strippe habe, würde ich Ihnen gern Paula geben, die mit dem Fernglas einen merkwürdigen Mann beobachtet hat. Es hat so ausgesehen, als ob er der Anführer des Schlägertrupps gewesen wäre…«
Während Paula mit Kuhlmann sprach, goss Tweed sich ein Glas Wasser ein und schaute aus dem Fenster. Die Sonne brannte so erbarmungslos auf die Alster herab, dass das Wasser aussah, als ob es gleich kochen würde.
»Otto möchte Sie noch einmal sprechen, Tweed«, sagte Paula und gab ihm den Hörer.
»Ihre Paula ist wirklich ein Goldstück«, sagte Kuhlmann. »Sie hat den Mann so genau beschrieben, dass ich mich sofort an einen alten Kunden erinnert habe. Er heißt Oskar Vernon. Oskar mit ›k‹. Eine außergewöhnliche Erscheinung.«
»Um was für einen Menschen handelt es sich da?«
»Um einen ziemlich rätselhaften Burschen. Er hat eine Menge Geld und zieht sich extravagant und sehr teuer an. Wir haben ihn im Verdacht, dass er die treibende Kraft hinter einer groß angelegten internationalen Geldwäscheaktion ist. Außerdem soll er illegale Einwanderer ins Land schmuggeln…«
»Warum verhaften Sie ihn dann nicht?«
»Weil ich nichts gegen ihn in der Hand habe. Er arbeitet immer über eine lange Kette von Mittelsmännern. Außerdem ist er ebenso intelligent wie rücksichtslos.«
»Ist er der Kopf der Bande?«
»Das glaube ich nicht, aber ich könnte mich auch täuschen.
Vernon reist in der halben Welt herum und kennt jede Menge einflussreiche Leute. Fragen Sie mich aber nicht nach Namen, die sind mir nicht bekannt. Vernon verbringt übrigens viel Zeit in England und den USA. Wenn Sie mir ein Foto von dem Verdächtigen besorgen würden, könnte ich ihn für Sie identifizieren.«
»Was hat er für eine Nationalität?«
»Er besitzt zwar einen britischen Pass, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er kein Engländer ist.«
»Ich glaube, es wäre tatsächlich möglich, Ihnen ein Foto von dem Mann im gelben Hemd zu besorgen, Otto.«
»Aber seien Sie vorsichtig, Tweed, wenn Sie es mit ihm zu tun haben. Schon mehrere Agenten, die ihm auf der Spur waren, haben im Krankenhaus geendet.«
»Noch mal zurück zu den Ereignissen am Fernsehturm. Da war wie gesagt ein ziemlich brutaler Kampf im Gange, bei dem es viele Verletzte gegeben hat. Haben Sie eigentlich welche von den Rowdys in Gewahrsam genommen?«
»Das hätten wir gern, aber als unsere Leute am Ort des Geschehens waren, haben sie dort nur noch ein paar Blutflecken auf dem Pflaster gefunden und sonst nichts. Offenbar hat Vernon einen solchen Ausgang der Geschichte vorausgesehen und bereits vorab Fahrzeuge organisiert, um die Verletzten blitzschnell abzutransportieren.«
»Ja, so muss es wohl gewesen sein.«
»Ich kann Ihnen nur noch mal raten: Unterschätzen Sie Vernon auf
Weitere Kostenlose Bücher