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Das Internat

Das Internat

Titel: Das Internat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
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würde ihr keine andere Chance mehr geben. Sie hatte sich blamiert und, schlimmer noch, den "Herrn" in Verlegenheit gebracht.
    Erschöpft lehnte Jane sich gegen die Wand und rutschte allmählich auf den Boden, ein demoralisiertes Häufchen Elend. Sie konnte an nichts anderes denken als an ihre eigene Dummheit und Unzulänglichkeit. Sie gab sich einige Momente ihrem Selbstmitleid hin, geißelte sich, bis sie einfach nicht mehr konnte. Verzweiflung war ihr immer wie Zeitverschwendung erschienen, sobald die düstere Stimmung vorüber war.
    Still wie eine Gruft lag der Flur da. Die leeren Räume hatten Jane immer eiskalte Schauer über den Rücken gejagt, und hier war es am schlimmsten. Die Außentüren waren mit Brettern vernagelt und die Fenster zerbrochen. Normalerweise hätte Miss Rowe solche Nachlässigkeiten nicht geduldet, aber sie wollte vermutlich erreichen, dass die Schülerinnen diesen Teil der Schule mieden.
    Jane fragte sich, wie wütend die Direktorin reagierte, wenn sie sich einfach davonstehlen würde. Ihre Freundinnen wären mittlerweile vermutlich zurück vom Abendessen in der Cafeteria und saßen in Matties Zimmer. Jane wünschte, sie hätte ihnen nichts von dem Gespräch heute Abend erzählt. Sie war nicht in der Stimmung, Fragen zu beantworten – und das Letzte, was sie wollte, war Mitleid. Zumindest hatte sie heute Morgen eine Eins in ihrer Arbeit über Sozialökonomie bekommen. Schade, dass sie sie nicht dabeihatte. Sie hätte Miss Carltons lobende Kommentare noch einmal lesen können.
    Jane lehnte den Kopf an die Wand und seufzte. Langsam ließ sie die Geschehnisse Revue passieren, wiederholte sie im Geiste und änderte einige Passagen, um sich zu beruhigen. Sie stellte sich vor, wie sie den Mann langsam, aber sicher mit ihrer sinnlichen Stimme und dem verführerischen Lächeln in den Wahnsinn treiben würde; wie sie genau die richtigen Dinge sagte und er, wenn sie ihm ihren perfekten Körper präsentiert haben würde, so von Sinnen wäre, dass er sie in die Arme zöge und leidenschaftlich küsste – sie dachte keine Sekunde an Miss Rowe und an die Tatsache, dass dieser Mann seine Identität enthüllt hatte. Von diesem Punkt an gehörte er ihr. Er gehörte Jane Dunbar.
    "Du magst sie nicht?"
    Jane öffnete die Augen. Das war eindeutig Miss Rowes Stimme. Jane musste die Tür nur angelehnt haben. Der Mann antwortete in einem tiefen, sinnlichen Tonfall, der Jane vermuten ließ, dass etwas zwischen ihm und Miss Rowe lief. Sie stellte sich bildlich vor, wie er sie berührte und ihr tief in die Augen sah, Miss Rowe mit drängender Männlichkeit verführte. Jane schauderte.
    "Ich mag sie schon", sagte er. "Aber sie ist nicht so frühreif wie die andere. Sie
weiß
einfach nicht, was ein Mann von einer Frau erwartet."
    "Wirklich? Und was ist das?"
    "Ach, du weißt schon. Einige Frauen werden mit diesem Wissen geboren."
    Miss Rowes kehliges Lachen weckte Janes Neugier. Vorsichtig rutschte sie näher an die Tür. Sie wollte gern einen Blick riskieren, aber sie hatte Angst davor, entdeckt zu werden.
    "Da könntest du recht haben", erwiderte die Direktorin, immer noch lachend. "Ich glaube, ich weiß genau, was du brauchst."
    Ihre Stimme wurde zu einem Flüstern, sodass Jane nichts mehr verstehen konnte. Aber die anderen Geräusche, die sie vernahm, ließen keinen Zweifel darüber, was sie taten. Fetzen von Gelächter, kleine Seufzer, die immer heftiger wurden, und erhitztes Gemurmel drangen an Janes Ohr. Das Schmatzen von Lippen und Zungen ließ sie zusammenzucken.
Knutschten sie? Oder machte sie es ihm …
    Jane schlug sich die Hände über die Ohren. Sie wollte die Geräusche der geifernden Lust nicht hören. Ihr wurde übel, und trotzdem konnte sie ihren Platz nicht verlassen. Sie hatte das verrückte Verlangen, zu lauschen. Sosehr es sie auch abstieß, sie wollte alles darüber wissen, was Miss Rowe und der Mann da drinnen taten. Es kam ihr vor, als ob sie zu einer geheimen Gesellschaft gehörten, die eine Jane Dunbar ausschloss. Zu dieser Party hatte Jane keine Einladung erhalten, aber viele andere Mädchen ihres Alters schon. Sogar Breeze schien diese Geheimnisse zu kennen, immerhin war sie schon einige Male gewählt worden. Aber Breeze verriet nichts über die Geschehnisse. Jane fand das nicht fair.
    Sie wollte wissen, wie sie in die verschlossenen Räume Einlass bekäme, in dem sich Männer und Frauen im Dunkeln trafen und sich gegenseitig Körper und Seele anboten. Worum es dabei ging, wollte sie

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