Das Internat
ihres Mannes wäre unter Umständen gefährdet.
Mattie ging zum Sofa und kniete sich trotz ihrer Knieschmerzen vor Jane hin. "Das Einzige, was wir tun können, ist schweigen. Schweigen ist Gold, in diesem Fall vierundzwanzig Karat. Wir werden uns nicht feindselig verhalten, aber wir werden nichts zugeben, allein der Anschein von Kooperation wird ausreichen. Ist das klar?"
"Du beschreibst mein Leben", seufzte Jane.
"Gut, fantastisch. Ich schlage noch etwas vor. Ich möchte einen Detektiv anheuern, der Cross überprüft. Als Richterin kenne ich viele Privatermittler – einer ist nahezu unfehlbar. Ich würde ihm mein Leben anvertrauen,
und
er schuldet mir einen Gefallen."
Traurig schüttelte Jane den Kopf. "Wir können da niemanden hineinziehen. Es ist zu gefährlich."
Mattie wechselte einen Blick mit Breeze, deren hochgezogene Augenbraue eigene Vorbehalte anzeigte. Schon wollte Mattie eine Diskussion anstoßen, als Jane nach ihrer Hand griff.
"Larry darf das nicht wissen. Es würde ihn umbringen. Es geht ihm gesundheitlich nicht besonders gut. Es
darf
nicht herauskommen, Mattie."
Janes Griff nahm Mattie fast den Atem. Sie hatte Angst, dass sie ihr die Hand zerdrücken würde. "Natürlich nicht", gab sie zurück. "Er wird nichts davon erfahren. Niemand wird etwas herausfinden. Wir drei werden das gemeinsam sicherstellen, nur wir drei."
"Danke."
Erleichtert seufzte Jane auf, und Mattie hatte sofort instinktiv das Gefühl, dass sie sie beschützen musste. Noch nie hatte sie ihre Freundin so verletzlich gesehen.
"Ich kümmere mich darum", bekräftigte Mattie. "Mach dir keine Sorgen. Ich kümmere mich um Cross."
Breeze hielt die Daumen hoch, aber Mattie war sich überhaupt nicht sicher, ob sie das Versprechen, das sie soeben gegeben hatte, würde halten können. Sie hatte schon eine Idee im Kopf. Nur konnte sie ihnen den Plan nicht erläutern, und allein deshalb hatte Mattie schwerwiegende Zweifel. Im Allgemeinen war sie nicht abergläubisch, und die meisten Erwachsenen hielten Versprechen aus der Kindheit für albern. Aber egal, wie lange der Tag zurücklag, an dem sie es gegeben hatte, Mattie war nicht wohl bei dem Gedanken, ein Ehrenwort zu brechen. Besonders jetzt nicht.
14. KAPITEL
S an Rafael, Kalifornien
Sommer 2005
Das einst so stylische "Excelsior" ähnelt mehr einem Stück gammligem Fleisch auf einem Ameisenhaufen als einem Hotel, dachte Jameson. Umgeben von Pfandleihen und Sexshops, war das heruntergekommene Gebäude ein weiteres Symptom von städtischem Verfall und ökonomischem Versagen.
Jameson Cross war in einer Dreizimmerwohnung in einer soliden Mittelklasse-Gegend aufgewachsen, fünfzehn Minuten südlich von diesem Ort. Er konnte sich noch erinnern, dass das "Excelsior" eine Topadresse für Geschäftsleute und Politiker im Wahlkampf gewesen war. Aber das lag über zwanzig Jahre zurück, bevor alle an die Küste zogen oder in die teuren Gegenden von Sausalito und Tiburon.
Heute würde niemand mehr freiwillig im "Excelsior" absteigen – und Jameson hatte ebenfalls kein gesteigertes Interesse daran, sich dort aufzuhalten. Aber er wollte eine wichtige Verabredung einhalten.
Die Eisenverstrebungen der gläsernen Eingangstüren waren rostig. Offenbar hatten sie ihre Funktion sowieso eingebüßt, denn die Türen standen offen. Jameson trat ein und stieg die Treppen bis in den fünften Stock hinauf. Irgendwo im Gebäude hörte er ein Baby schreien und einen Hip-Hop-Song aus einer Box dröhnen. Plötzlich knallte eine Tür laut, und die Geräusche wurden leiser. Jameson las im Vorbeigehen die Zahlen an den Zimmertüren und schritt den Flur hinunter bis zu der Tür, hinter der sich seine Erwartungen erfüllen sollten: Hoffnung, Neugierde, sogar Angst – seine Gefühle erstaunten ihn selbst.
Niemand reagierte auf sein Klopfen, also drückte er die Klinke hinunter. Die Tür ließ sich nicht bewegen, scheinbar war sie durch einen Riegel gesichert. So schwierig zu knacken, wie die meisten Menschen sich vorstellten, waren Türschlösser nicht. Jameson hatte Erfahrung.
Er klopfte erneut. Nach dem dritten Versuch war seine Entscheidung gefällt.
Beim Schreiben über Kriminalfälle hatte er über die Jahre viele nützliche Tricks gelernt, einer davon war das Knacken von Türschlössern. In seiner Brieftasche trug Jameson stets einen winzigen Schraubenzieher und eine strapazierfähige Büroklammer mit sich. Er benutzte eine Technik, die man Schrubben nannte und die es erforderlich machte, alle
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