Das Internat
bettelten darum, sie wiederzusehen, und ihr Bitten bereitete ihr ein unvorstellbar großes Vergnügen. Sie ließ sie immer in dem Glauben, dass sie sich vielleicht melden würde, aber sie tat es nie. Sie benutzte falsche Namen und verkleidete sich, um sicherzustellen, dass niemand ihre Identität entdeckte. Natürlich war es schon Jahre her … bevor sie Larry getroffen hatte … als sie sowieso ein Niemand gewesen war.
Warum passierte es wieder? Jetzt?
Die Tür ging auf, und der Aufzug leerte sich. Wie gebannt sah Jane, wie die Leute verschwanden. Die Vorfreude, die sie durchströmte, schmerzte sie beinah. Schweiß lief an ihren Armen herunter.
Ich ruiniere mein Chanel-Kostüm.
Der Gedanke war lächerlich, geradezu absurd, irgendwie aber auch wieder nicht. Jeden Knopf und jeden Stich dieses Meisterstücks eines Kostüms hatte Jane verdient. Sie schätzte diese Kleidungsstücke genauso wie ihr Vater seine ramponierten Werkzeuge geliebt hatte.
Obwohl der Mann sich nicht bewegte, glaubte Jane, schon das Geräusch des sich öffnenden Reißverschlusses zu hören und die strömende Hitze seines Ergusses zu schmecken, die ihre Kehle hinunterrann. Wenn er in ihrem Mund gekommen sein würde, würde er den Schritt ihres Höschens zerreißen, mit seinem immer noch harten Schwanz in sie eindringen und noch einen Höhepunkt erleben.
Männer konnten mit ihr multiple Orgasmen haben. Sie konnte mit ihnen umgehen, sie in Götter verwandeln und in Sklaven, so wie sie es wollten. Sie konnten nicht Nein zu ihr sagen. Nie.
Die Türen des Aufzugs begannen, sich zu schließen und rissen Jane zurück in die Wirklichkeit. Sie drängte sich durch die Öffnung und in den Flur, ein Laut der Erleichterung erstickte in ihrer Brust. Lieber Gott, das war knapp gewesen. Zu knapp! Eine Sekunde lang wusste sie nicht, wo sie hingehen sollte. Sie brauchte eine Toilette, einen Ort zum Verstecken, aber die Toiletten auf diesem Flur waren öffentlich.
War er ihr gefolgt? War er hinter ihr?
Sie drehte sich nicht um oder sah ihn an. Sie wusste nicht einmal, ob es ein Mann war.
Eine Welle der Hysterie stieg in ihr auf wie Magensäure. Sie kämpfte gegen den Drang, zu lachen, wusste aber, dass nicht mehr als ein Wimmern über ihre Lippen kommen durfte. Sie benahm sich bereits seltsam, und die Leute hatten das bemerkt. Niemandem durfte sie einen Blick auf das Chaos in ihrem Inneren gewähren.
Reiß dich zusammen, Jane. Reiß dich zusammen, Jane!
Mia würde im Büro auf sie warten, aber Jane konnte in diesem Zustand nicht dorthin gehen. Auf der Suche nach einem Treppenhaus lief sie den Flur entlang, ein geschäftsmäßiges Lächeln auf den Lippen. Sie betete, dass die Kabinettsversammlung ihres Mannes immer noch tagte. Wenn sie jetzt in ihren privaten Räumen Larry über den Weg lief … Es gab nur eine Sache, die sie wieder ruhiger werden ließ, und dafür musste sie allein sein.
Jane zitterte, als sie versuchte, die Tablette mit dem Messer zu zerschneiden. Sie schaffte es nicht einmal, sie in zwei Hälften zu teilen, geschweige denn in perfekte Achtel wie sonst. Sie hatte homöopathische Mittel ausprobiert, aber die waren nicht so effektiv wie die Beruhigungsmittel, die ihr Psychiater ihr verschrieben hatte. Seit Jahren nahm Jane das Medikament, allerdings nicht in der verschriebenen Dosis. Heute wäre sie andernfalls vollkommen abhängig davon, und das wäre undenkbar.
Ein Achtel einer Tablette, vier bis sechs Mal am Tag, abhängig von ihrem Zeitplan. So hielt Jane Mantle ihren Dämon in Schach, und sie war ziemlich stolz darauf, die Dinge unter Kontrolle zu halten. Wenn sie morgens nervös aufwachte, war das Schlucken eines Splitters das Erste, was sie in ihrem Badezimmer tat.
Aber nur einen. Sie erlaubte sich nicht mehr davon, nicht einmal, wenn sie morgens mit starkem Herzklopfen aufwachte, oder an den Abenden, an denen sie gespannt wie eine Gitarrensaite ins Bett fiel. Wenn sie weniger nahm, lobte Jane sich. Heute Morgen hatte sie nichts genommen.
Jetzt fragte sie sich allerdings, ob die ganze Flasche ausreichen würde, um ihr in diesem Moment zu helfen.
Sie ließ von dem Messer auf dem Tresen ab, aus Angst, sich in den Finger zu schneiden und das erklären zu müssen. Die runde pinkfarbene Tablette sah riesig aus. Jane nahm sie und schluckte sie ganz, und sie würde auch noch eine weitere nehmen, wenn es nötig wäre. Ein Schluck kalter Tee, der von der morgendlichen Terminbesprechung mit Mia übrig geblieben war, half ihr, die Pille
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