Das Internat
Anschuldigungen bezüglich des Sexrings in der Verhandlung erwähnt?", fragte sie.
"Nie. Broud wurde als nicht glaubwürdig eingestuft, teilweise gerade wegen dieser wilden Behauptungen. Die Verteidigung wollte verhindern, dass er über diese Dinge in einem Kreuzverhör sprach. Deshalb haben sie ihn nie in den Zeugenstand gerufen. Außerdem war als Todesursache Ersticken festgestellt worden. In Rowes Gewebe wurde eine giftige Substanz namens Herzwein gefunden, in ihrem Magen und ihrem Blutkreislauf auch."
Mattie fürchtete, dass die Anspannung in ihrer Stimme zu hören war. "Hat man eine Ahnung, woher die Substanz kam?"
"In der Verhandlung war das kein Thema. Ich habe Hinweise im Bericht des zuständigen Polizeibeamten gefunden. Sie sind komplett übersehen worden."
Mattie hätte nicht so erleichtert sein sollen, das zu hören. Diese Nachlässigkeit hatte einen Mann seine Freiheit und sein Leben gekostet. Wenigstens konnte Mattie sich damit trösten, dass sie an Brouds Schuld geglaubt hatte. Sie alle hatten geglaubt, dass er Miss Rowe umgebracht hatte.
"Aber das Blut war der entscheidende Faktor für mich, um den Fall anzunehmen", sagte Black.
"Das Blut?"
"Ja, der Fleck auf Miss Rowes Kissen, der zu seiner Blutgruppe passte. Darauf basierte die Anklage gegen ihn."
"Sie wussten, dass es in Wahrheit nicht Brouds Blut war?"
"Nein, ganz und gar nicht. Aber ich war bereit, das Risiko auf mich zu nehmen. Und er war auch bereit dazu – das hat mich noch mehr überzeugt. Meine Chance, vielleicht meine einzige, ihn da rauszuholen, war eine DNA-Analyse des Blutes. Seine Behauptungen über einen Sexring von vor dreiundzwanzig Jahren zu verfolgen, wäre ein aussichtsloser Kampf gewesen."
Gott sei Dank.
Matties Erleichterung war nicht grenzenlos. Zwar gab es bislang keine Hinweise darauf, dass Black in den Aufzeichnungen über ihre Namen gestolpert wäre. Trotzdem lagen reichlich Beweise vor, die indirekt mit ihnen verbunden waren und bekannt würden, sobald der Fall neu aufgerollt würde. Jetzt hatte Mattie eine bessere Vorstellung von dem, was sie erwartete. Kurz gesagt: Jameson Cross bluffte. Sie bezweifelte, dass er irgendetwas in der Hand hatte außer den Mutmaßungen seines verstorbenen Bruders. Mit so dünnen Beweisen würde er gar nichts erreichen können. Die Presse würde seine Behauptungen nicht drucken; falls doch, stände er dumm da. Auch er hatte einen Ruf zu verlieren.
Vielleicht sollte Mattie ihm das sagen.
"Quatsche ich zu viel?", fragte Black, als sie keine Antwort erhielt. "Konnte ich Ihnen überhaupt helfen?"
"Sehr sogar", versicherte Mattie. "Sie ahnen gar nicht, wie sehr. Habe ich erwähnt, dass ich in Marin County aufgewachsen bin? Ich war noch ein Kind, als der Mord geschah, aber ich war schon immer fasziniert davon. Noch eine letzte Frage, dann lasse ich Sie in Ruhe. Wissen Sie, warum die Akten unter Verschluss gehalten werden und wer das angeordnet hat?"
"Es kann sein, dass Jugendliche in den Fall verwickelt waren, Schülerinnen der Rowe-Akademie, aber davon stand nichts in dem Material, das ich überprüft habe. Ehrlich gesagt habe ich mich auch nicht darauf konzentriert."
Die zweite Frage hatte Black noch nicht beantwortet, aber Mattie entschloss sich, es gut sein zu lassen. "Vielen Dank noch einmal! Darf ich Sie auf einen Drink einladen, wenn Sie wieder zurück in den Staaten sind? Das ist das Mindeste, was ich tun kann, um mich zu revanchieren."
"Es wäre mir eine Ehre", erwiderte Black und versprach, sich zu melden. Schließlich verabschiedeten sie sich und legten auf.
Mattie warf einen Blick auf die Uhr und wünschte, sie könnte Breeze aufwecken, um ihr die guten Nachrichten zu erzählen. Schließlich schüttelte sie die Kopfkissen auf und ließ sich in der Hoffnung, schnell wieder einzuschlafen, auf sie fallen. Aber ihre Gedanken rasten. Black würde nie erfahren, wie sehr sie ihr geholfen hatte. Endlich konnte Mattie wieder frei atmen. Jetzt musste sie sich keine Sorgen mehr darüber machen, dass Cross sie verfolgte. Sie konnte sich stattdessen auf die Suche nach dem wahren Mörder konzentrieren. Das war der sicherste Weg, diesen Albtraum zu beenden, bevor die Karrieren dreier Unschuldiger – und deren Leben – zerstört würden.
Der Verdächtigste war der Mann, den Miss Rowe getroffen hatte, ihr mysteriöser Liebhaber. Nur hatte leider keines der Mädchen je einen Blick auf ihn erhaschen können. Es gab keinen Anhaltspunkt. Mattie dachte zurück an die Zeiten, in denen sie
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