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Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Clemens
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andächtig.
    »Du, Tim«, begann sie, während Cora zärtlich über seine Hand leckte.
    »Ja?«
    »Ich finde den Hof wunderschön. Ich habe mir alles ganz anders vorgestellt.«
    Tim lachte leise.
    »Kann ich mir vorstellen. Wahrscheinlich dachtest du, ich hätte mir einen vergammelten Hof und ein abbruchreifes Haus andrehen lassen.«
    »So ungefähr«, gab sie zu. »Ich habe eine Idee, die ich mit dir besprechen möchte.«
    »Ja?« Die Stute legte nun kurz ihren Kopf auf Tims Schulter.
    »Was hältst du davon, wenn wir aus dem großen Haus ein Hotel machen würden?«
    »Ein Hotel?«, fragte er begeistert. Die Stute hob den Kopf. Tim drückte sie an der Schulter ein Stück zurück und schloss die Tür.
    »Oh, Claire«, seine Stimme wurde ganz hell. »Das ist eine wunderbare Idee. Wie bist du darauf gekommen?«
    »Ich habe mir alles angesehen. Die Landschaft, das ganze Drumherum, es ist einfach genau so, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Es wäre ein idealer Platz für ein eigenes Hotel. Ein Familienhotel mit Reitgelegenheit.«
    »Claire«, er nahm sie in den Arm. »Das wäre wunderbar. Wir zwei zusammen. Dann kann ja nichts schiefgehen.«
    Sie lachte und machte sich frei.
    »Ich möchte mir aber zuerst noch einmal alles mit dir zusammen ansehen, damit ich auch weiß, was alles dir gehört. Und dann überlegen wir gemeinsam, was man daraus machen kann.«
    Aber sie mussten ihren Rundgang verschieben, weil ein Anhänger Stroh geliefert wurde. Piet saß am Steuer.
    »Das habe ich ganz vergessen«, sagte Tim vergnügt.
    »Bringst du das in der Scheune unter?«, fragte Claire.
    »Ja.«
    »Soll ich helfen?«, bot sie an.
    Tim grinste. »Wenn du möchtest. Ich gebe dir Handschuhe.«
    »Ich brauche keine«, sagte sie leichthin.
    Sie gingen zum Anhänger, der nun längs unterhalb einer Öffnung vor der Scheune stand. Tim reichte ihr die Hand und sie kletterte hinauf. Piet stand in der Öffnung und nahm die Ballen an, die Tim und Claire ihm anreichten. Sie dachte bei sich, dass das keine sonderlich schwere Arbeit war. Schwungvoll hob sie die Ballen hoch und legte sie in Piets Reichweite. Wie gut körperliche Arbeit manchmal tat, dachte sie vergnügt. Dann spürt man doch, dass man einen Körper hat und kann die eigene Kraft messen. Einmal sagte Piet etwas, was Claire nicht verstand. Tim lachte.
    »Was hat er gesagt?«, fragte sie.
    »Er sagte, die Lady könne aber tüchtig zupacken.«
    »Natürlich kann ich das«, sagte sie. Aber nach dem zwanzigsten Ballen brannten beide Hände von dem rauen Strohband. Und sie spürte ihren Rücken. Und ihr Gesicht juckte.
    »Alles okay?«, fragte Tim.
    »Ja«, brummte sie.
    »Hier«, er reichte ihr Handschuhe, die sie nun doch überzog und die den Schmerz etwas linderten.
    Nach einer Stunde waren sie fertig. Piet fuhr grinsend vom Hof und winkte Claire zu. Sie winkte müde zurück. Tim nahm einen Besen und fegte rasch den Hof. Claire ging ins Haus und stellte sich unter die Dusche. Sie hatte den Eindruck, dass sich überall am Körper kleine Strohschnipsel befanden, die unangenehm kratzten. Sie cremte sich gut ein und fühlte sich schon besser. Dann machte sie mit den letzten Lebensmitteln einen Eintopf.
    »Hm, riecht schon gut.«
    Tim kam in die Küche und setzte sich.
    »Wir müssen morgen unbedingt Lebensmittel einkaufen. Es ist nichts mehr im Haus.«
    Tim lachte, dann wurde er ernst.
    »Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich bin, dass du da bist. Als Nina weg war, dachte ich, alles war umsonst. Aber jetzt habe ich wieder Mut. Hast du eigentlich was von Mama und Papa gehört?«
    »Nein«, sie schüttelte den Kopf. »Wir können sie diese Woche ja einmal anrufen.«
    Nach dem Essen wollte Tim ihr die Pferde zeigen. An der ersten Box blieb er stehen. Das Schild wies die große Fuchsstute als Esquire aus. Tim erzählte, er habe die Stute zusammen mit dem Hof übernommen. Aber sie sei zu alt, um mit ihr zu züchten. Das Tier stand vor dem leeren Trog und döste. Die Einstreu war frisch.
    »Sie ist brav und wäre eigentlich das passende Pferd für dich«, sagte Tim nachdenklich.
    »Für mich? Auf keinen Fall«, sagte Claire sofort. Sie dachte nicht im Traum daran, mit dem Reiten anzufangen.
    Der Stute gegenüber stand ein dunkles Pferd. Es war dasjenige auf dem Foto in der Küche. Das Tier war zierlicher als die Stute, das Fell war merkwürdig unruhig. Der Kopf war dunkler als der Rest.
    »Welche Farbe ist das?«, fragte sie.
    »Scabri ist ein Rappschimmel. Bei der Geburt war er Rappe.

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