Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Clemens
Vom Netzwerk:
bejahend wiederholt oder mit einer Negation versehen werden. Zum Ende der Stunde konnte sie grüßen und sich vorstellen.
    Alex lehnte sich zufrieden zurück und sagte: »Sie werden die Sprache schnell drin haben. Sie haben Talent. Nächstes Jahr sind Sie perfekt.«
    Sie winkte ab.
    »Ich muss nicht perfekt sein, aber ich will mich gut verständigen können. Und ich muss meine Gäste verstehen und sie mich.«
    »Das klappt schon«, sagte Alex lächelnd. Dann begann er von sich zu erzählen und seiner früheren Freundin, die ihn wegen seiner Arbeit verlassen hatte. Sie sei damit überfordert gewesen, dass er manchmal auch zu Hause angerufen wurde, wenn eine Kuh beim Kalben Probleme hatte oder ein Pferd Anzeichen für eine Kolik zeigte.
    »Sie hatte dafür kein Verständnis und wollte in mir einen erfolgreichen Tierarzt mit eigener Krankenstation sehen, der mehrere Mitarbeiter und einen Stellvertreter hatte und in einer schönen Villa lebt.«
    Aber dazu habe er keine Ambitionen gehabt. Er wolle ein richtiger Landtierarzt sein und mit Gummistiefeln und Arbeitshosen seine Patienten so gut wie möglich betreuen.
    »Unser Streit eskalierte, als ich zweimal hintereinander nachts angerufen wurde und hinaus musste. Sie ist dann gegangen. Ich glaube, es war besser so.«
    Er tat ihr leid und sie sagte sicher: »Ach, es gibt genug Frauen, da wird auch eine für Sie dabei sein.«
    »So, glauben Sie?«, er sah sie an und lächelte leicht, und sie überlegte, ob er mit ihr flirten wollte.

    Gegen Mittag brachte der Postbote einen großen braunen Umschlag, der an sie gerichtet war. In Viktors Handschrift. Sie riss das Kuvert auf. Darin lag ein anderer Umschlag, den sie ebenfalls öffnete. Er stammte von der Firma, bei der sie sich beworben hatte. Sie schickten ihr ihre Unterlagen zurück. Im Anschreiben hieß es, dass man bedauere, sich aber für eine Mitbewerberin entschieden habe. Dazu gab es die üblichen Wünsche für die Zukunft.
    Wie zum Teufel war Viktor an ihre Bewerbungsunterlagen gekommen, fragte sie sich. Und sie ihr kommentarlos zuzusenden, war typisch für ihn. Auf diese Weise konnte er ihr ohne Worte zu verstehen geben, dass sie gescheitert war. Sie hatte plötzlich eine Vision vor Augen und sah sich und Viktor am Tisch beim Abendbrot. Neben ihrem Teller lag ein bereits geöffnetes Schreiben mit einer Absage. Viktor hatte es für sie bereitgelegt und wartete nun darauf, dass sie etwas dazu sagte. Zum Beispiel, dass sie kein Interesse gehabt hätte und ihr die Zurückweisung gleich sei. Oder dass sie ihre Bewerbung sowieso hätte zurückziehen wollen, weil die Firma nicht infrage kam. Und dann würde er zufrieden mit dem Kopf nicken, weil er genau wusste, dass das nicht stimmte, dass sie sehr wohl enttäuscht war und die Stelle wollte. Und dann würde er ihre Hand tätscheln und sagen, sie solle es nicht so schwernehmen.
    Wieso hatte sie ihn so lange falsch eingeschätzt? Er war boshaft, hämisch und geltungssüchtig. Er musste sie klein machen, um sich selbst groß zu fühlen. An seiner Seite hätte sie nicht wachsen können, im Gegenteil. Im Laufe der Zeit hätte er ihr vermittelt, dass sie nicht sonderlich tüchtig, sondern im Gegenteil ziemlich unfähig war. Dass sie nichts durchhielt und nur versuchte, nach den Sternen zu greifen. Ohne ihn an ihrer Seite würde sie über kurz oder lang nur den Boden unter den Füßen verlieren, weshalb er ihr aber natürlich immer helfe. Und sie selbst? Sie hätte sich immer weniger zugetraut und wäre vor Herausforderungen immer häufiger zurückgeschreckt. Schließlich wäre sie auf ihrer Insel der Unfähigkeit geblieben, während Viktor in die weite Welt hinaussegelte und sie großzügig an seinem Leben teilhaben ließ.
    Es war nur eine Frage der Zeit, dann hätte sie sich damit abgefunden und nicht mehr an sich geglaubt.
    Es wäre nie gut gegangen mit ihnen.

    Alex schien recht zu haben. Als sie nachmittags ins Steinhaus ging, fand sie nur den Dürren und den Schnauzbart vor. Und von Hastings keine Spur. Sie fragte, wo die anderen seien, und der Schnauzbart deutete auf sein Bein und verzog schmerzlich das Gesicht. Sie waren also krank. Beide auf einmal. Das fing ja gut an. Sie werkelte im Haus herum, schrieb zwei Briefe und sah dann den Schnauzbart im Hof stehen. Er telefonierte und ruderte dabei mit den Armen. Beklommen überlegte sie, was sie tun würde, wenn Hastings sie jetzt im Stich lassen würde. Aber er war ein Geschäftsmann und er würde sich doch ein Geschäft nicht

Weitere Kostenlose Bücher