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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Velazquez an einem Gabelbein erstickt war. Doch sie hatte die Gebete vergessen, die man zu den Kerzen sprach, und sie sägte die Kerzen auch nicht mit einem Buttermesser in zwei Hälften, wie es die Guzmanns taten. Daher ging ihr spärlicher Vorrat schnell aus, und sie dachte nicht mehr an Coen.
     
    Aus der Überzeugung heraus, dass er unter einer gutartigen Form von Hausarrest stand, hortete Vander seine Croissants. Die Abteilung des First Deputy hatte ihm geraten, Manhattan nicht zu verlassen. Er sollte den Kontakt zu den Guzmanns aufrechterhalten, doch Zorro biss nicht an. Was seinen Wert für die Chefs betraf, gab er sich keinen falschen Illusionen hin. Wenn seine Nützlichkeit zu tief absackte, würde man ihn den Geschworenen vorwerfen wie ein nichtswürdiges Vieh. Im Januar war er Isaac am Flughafen in die Finger gefallen, als er mit Unterlagen von Mordeckay über die Bräute aus Mexiko zurückgekommen war (die meisten Belege waren in einem Geheimcode der Marranen abgefasst und konnten nicht dechiffriert werden). Isaac brauchte keine Stunde, um den Broadway-Mäzen zu verpflichten, und Vander verließ den Flughafen als Spion, der auf den Namen des Deputy Inspector Herbert Pimloe registriert war (Isaac nahm keine Informationen unter seinem Namen an). Bei dem überstürzten Anlauf, seine Kameras abzubauen und seine Produktionsgesellschaft zu liquidieren, stellte Vander fest, dass er als Spion für die städtische Polizei immun war. Ohne Angst vor eventuellen Razzien konnte er sein Geschäft mit der Pornografie weiterhin betreiben. Als jemand, der auf der Liste des First Deputy stand, war er für den Moment unantastbar. Wenn er es in diesem Jahr nicht mehr nach Spanien schaffen sollte, um Pesetas aus seinen Investitionen in kastilische Baufirmen einzukassieren und seine Lieblings-Goyas in Madrid aufzusuchen, konnte er mit Odile einen Film pro Monat drehen. An Coen konnte er sich nur noch in Zusammenhang mit Tischtennis erinnern. Er nahm an, der Tod des Chinesen leite sinnbildhaft den Zusammenbruch der Guzmanns ein. Doch dafür gab es keine Beweise.
     
    César ging auf Isaacs Wiedereinsetzung ins Amt ein. Er jonglierte mit seinen Adressen, hüpfte von der Neunundachtzigsten Straße in die Zweiundneunzigste und von da aus in ein Zimmer über dem vegetarischen Restaurant in der Dreiundsiebzigsten; dort nannte er sich Morris Shine. Seine Haltung zu Coens Tod war unklar. Den Chinesen vermisste er mehr. Einer seiner Cousins aus der Bronx holte die Leiche aus dem Leichenschauhaus. César begrub Chino auf dem Grabhügel der Guzmanns außerhalb des Stadtgebiets; er engagierte einen marranischen Totenkläger, Papa, Topal und Jerónimo trugen die grauen Todesschals der Marranen, und Jorge bewachte den Friedhofseingang, in beiden Händen eine Ähre.
    Der Geruch der Haferflockensuppe und der Pilzomelettes drang durch die Holzbalken nach oben und quälte César. Coen war der Vegetarier. César war ein Schweinefleischesser, und bei der Erinnerung an seine Mahlzeiten mit dem Chinesen, grüne Bohnen und gehacktes Schweinefleisch, Schweinefleisch süß-sauer, Schweinefleisch mit Gemüse, Schweinefleisch in allen Varianten, spuckte er vor Zorn und Groll in die Toilette. César rief unten im Lokal an (er hatte einen Sonderanschluss, eine Leitung, die direkt zur Kassiererin des vegetarischen Restaurants führte). »Hol mir Boris Telfin. Ich will, dass sein Bus in acht Minuten vor der Tür steht. In dieser Bruchbude stinkt es.«
    Die Kassiererin sagte: »Tut mir leid. Er ist nicht an seinem Tisch, Mr. Shine. Was soll ich machen?«
    César murmelte Saukerl, Saukerl vor sich hin, bis sein Fahrer an den Apparat ging.
    »Ich war beim Pinkeln, Zorro. Den Wagen kann ich haben. Aber wo bleiben die Kunden? Weißt du, wie viele Augen dieser Isaac hat? Der hat Fernrohre in beiden Brustwarzen eingebaut.«
    »Boris, du hast mir von einem Zimmer mit erstklassiger Aussicht erzählt. Du hast vergessen, zu erwähnen, dass man am Küchengestank erstickt. Hol den Bus.«
    César fuhr in die Jane Street. Er trug einen Wintermantel, dessen Kragen bis über die Ohren hochgeschlagen war, und er hatte sich eine Matrosenmütze auf die Augenbrauen gezogen. Es war Mai.
    Odile erkannte ihn trotz seiner Vermummung. Sie wusste nicht, ob Zorro gekommen war, um sie zu töten oder ob er ihre Gliedmaßen verstümmeln wollte, weil sie sich nach Vander ausgerichtet hatte, doch sie musste ihn einlassen. Als er im Korridor an ihr vorbeiging, spannte sich ihr Bauch an.

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