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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Marmelade und fettete seinen orthopädischen Schuh mit einer Schicht gelbem Schellack ein, der garantiert das Leder nicht zerfraß und auch den Schaum in seiner Senkfußeinlage nicht zum Schmelzen brachte. Er konnte dem Chinesen keinen Vorwurf machen. In seiner Vorstellung hatten Isaac und die Guzmanns Coen ermordet. Er erhielt eine Einladung von Rosenheim, DeFalco und Brown (gegengezeichnet von einem Revierchef), wieder in Coens Bezirk einzusteigen und den Vorsitz über die Zelle im Mannschaftsraum zu führen, doch Arnold lehnte ab. Ohne Coen waren ihm Kriminalbeamte unerträglich. Schiller gab ihm Coens Tischtennisschläger und Coens Stirnband (das Abzeichen, der Halfter und die Waffe gingen an die Abteilung des First Deputy). Arnold trug das Stirnband in seinem Zimmer. Den Mark V nahm er bei seinen Spaziergängen um den Block mit, den Griff unter seinem Hosenbund, Gummi an den Rippen. Der Schläger verlieh ihm ein gewisses Prestige unter den Hotelbewohnern, die Coen erst nach seinem Tod zu schätzen wussten, und unter den kubanischen Kellnern, die den Agente mit dem Teint bianco gemocht hatten. Gelegentlich stieg er die Stufen in den Club hinunter, wobei sein Klumpschuh auf das Geländer zeigte, räumte mit zwanzig schlurfenden Schritten den Gang frei, fand Schiller und sagte: »Jesus, lüfte deine Lunge durch. Hombre, geh ins Freie.« Schiller rührte sich nicht von der Stelle. Manchmal brachte ihm Arnold seinen Schokoladenriegel oder die Zeitung von gestern mit. Sie saßen gemeinsam auf Schillers Bank und wussten nicht, was sie mit ihren Daumen anfangen sollten. Arnold konnte nicht Glas atmen und im Mörtel hausen, ohne ständig zu niesen. Zum Abschied berührte er Schiller wortlos, häufig am Knie; dann bahnte er sich einen Weg zum Flur und nahm den Aufstieg in Angriff, mit beiden Händen am Geländer und seinem Schuh, der nach Norden zeigte.
     
    Zwar machte sich César rar, und der Chinese war tot, doch Odile musste diesem Umstand keine ihrer Gewohnheiten opfern. Mindestens zweimal täglich beschrieb sie eine Runde vom Dwarf zu Onkel Vander, dann zur Jane Street und wieder zum Dwarf. Sie tanzte Hüfte an Hüfte mit ihren Freundinnen im Dwarf, doch sie küsste sie nicht auf den Mund. Sie balancierte Dessertlöffel auf ihren Schamlippen, um Vanders Kameramänner zufriedenzustellen, bekam Orgasmen von den Löffelkanten. Sie brauchte keinen Chinesen, der ihre Angelegenheiten regelte. Bummy Gilman kam aus eigenem Antrieb zu Odile. Sie wusch ihn mit einer milchigen Lösung (neunundachtzig Cents in der Drogerie), behielt dabei ihre sämtlichen Röcke an und kassierte hundert Dollar. Diese Momente waren es, wenn sie Bummys Genitalien einseifte, seine Schenkel nachspülte, in denen sie Coen zu schätzen wusste. Der Bulle hatte sie nicht in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt, nicht ihre länglichen Nippel und die Muttermale auf ihrem Rücken inspiziert, sie nicht aufgefordert, Tricks mit ihren Schamlippen oder mit weißen Lösungen vorzuführen. Odile glaubte an Fügungen: Coen hatte in diesem Jahr sterben müssen, doch sie wünschte, er wäre dem Chinesen noch für einen Monat entkommen. Dann hätte sie ihn vielleicht in die Jane Street locken können, die finsteren Buckel über seinen Augen mustern, sich eine Höhle unter seinem Arm graben, dort eine Stunde schlafen, und trotzdem hätte sie noch rechtzeitig aufstehen können, um mit Dorotea im Dwarf zu tanzen.
    Im Juni würde Odile neunzehn werden. Sie hatte in elf Filmen und dreizehn Kurzfilmen die Hauptrolle gespielt. Für einhundertundfünf Männer hatte sie sich Schaumtabletten in die Vagina gesteckt; dabei war Vander nicht mitgerechnet, den sie mit zwölf Jahren verführt hatte, Bummy, der nicht unter ihre Kleider vorgedrungen war, der Chinese, der nicht weiter gegangen war, als Sperma auf ihren linken Oberschenkel zu tröpfeln, Jerónimo, der sie mit geschlossenen Augen genommen hatte, César, dem sie mehr oder weniger gehörte und der keine Einladungen brauchte, um in die Jane Street zu kommen, die vier übrigen Guzmanns (Topal, Alejandro, Papa und Jorge), und auch nicht Coen. (Odile, die jüdische Männer in ihrer Nacktheit gesehen hatte, Männer wie Bummy und den Bullen, verstand immer noch nicht, warum die Guzmanns diese lästigen Hautstücke auf ihren Schwänzen hatten. Von César bekam sie keine Erklärungen. So nahm sie an, die Guzmanns seien schlechte Juden.) Sie entzündete die grünen Gedächtniskerzen, die ihr César gegeben hatte, als ihr Hund

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