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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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reinzukommen.
    »Isobel, sie haben mich quer durch die ganze Stadt gehetzt«, sagte er. Sie mochte die nasalen Anklänge in seiner Stimme. De-Falco konnte nicht sprechen, ohne Blasen auf seinen Lippen zu bilden. Brown hatte seine Orgasmen zu nah an ihrem Ohr; von seinem Knurren konnte man taub werden.
    »Ich beklage mich nicht, Manfred. Du willst zu Arnold? Ich kann ein andermal wiederkommen.«
    Doch sie lagen auf Coens Tagesdecke und wanden und wälzten sich, wobei Coen keine Spucke auf ihrem Arm hinterließ wie DeFalco und auch nicht die Schrammen eines gelben Zehennagels auf ihrem Popo wie Brown. Er war nicht ausgehungert. Er besaß keine dieser Ehefrauen aus Long Island, kam nicht direkt aus dem Ehebett zu Isobel. Er verletzte sie nicht mit Babybildern und Schnappschüssen vom Vorgarten oder dem Familiensofa, die sie daran erinnerten, dass sie nur eine Portorriqueña war, eine Hilfskraft, die in der Gnade der Bullen stand. Auch löste er ihre Geschlechtsteile nicht von ihr los, indem er Lobeshymnen über die Hautfalten auf ihrer Klitoris ersann, bis sie das Gefühl hatte, nur noch aus ungewöhnlichen Genitalien zu bestehen. Der Israelita untersuchte sie nicht. Er linste nie von der Bettkante aus in verborgene Stellen. Für ihn war sie gern nackt. Er akzeptierte die Löcher in ihren Unterhosen, die milchigen Flecken auf ihren trägerlosen BHs. Doch sie kam nicht unter die Kerben in seinen Augenbrauen. Der Israelita erzählte ihr nichts von sich (sie hatte von Brown und von Arnold gehört, dass er seine Frau an einen Zahnarzt verloren hatte und im Alter von dreiundzwanzig zur Waise gemacht worden war). Sie wollte ihm gut zureden, ihm von ihren eigenen Verlusten erzählen, von einem Ehemann, der ihre Schwester vergewaltigt hatte und dann ans andere Ende des Landes zum großen Salzsee geflohen war, von einem Vater, der an Tuberkulose gestorben war, einem Bruder, der eine Taube zu weit verfolgt hatte und von einem Dach in Brooklyn gefallen war, doch sie spürte, dass der Israelita in Gedanken bei Arnold war, und sie wollte seine Konzentration nicht von dem Stiefel ablenken. Daher war sie still und tat nichts, als ihn an die Zeit zu erinnern.
    »Manfred, du brauchst keine Wanne einzulassen. Ich muss um eins zurück sein.«
    Doch er weichte sie ein. Noch nie hatte sie einen Bullen kennengelernt, der so sanft in einer Badewanne sein konnte. Er wusch ihr die Brüste, ohne sie zu taxieren oder ihre Schönheitsflecken zu lesen. Er stellte sich nicht mit dem Schweiß unter ihren Armen an. Er zählte nicht die Falten auf ihrem Bauch (Isobel schrieb sie den Abtreibungen zu, denen sie sich unterzogen hatte). Sie war spät dran und sie musste ihre Haare über Coens Badematte abschütteln und den BH auf nasse Haut anpassen. Manfred versuchte, sie aufzuhalten.
    »Der Mann von der Morgenschicht kann warten, Isobel. Er hat den ganzen Nachmittag Zeit, seine Colaflaschen einzusammeln.«
    »Manfred, du bist oben im Truppenraum. Du löst deine Kriminalfälle. Du kommst und gehst. Du schätzt die Jungen in den Uniformen nicht richtig ein. Sie pissen mir in die Schlüpfer, wenn ich nicht da bin, um ihre kostbare Telefonzentrale zu bedienen und ihnen Kaffee zu holen.«
    »Ich habe diese sackartige Uniformhose selbst schon angehabt, Isobel. Graue anstatt blaue. In der Akademie. Es würde mir nichts ausmachen, meine Medaille aufzugeben. Ich kann als Streifenbulle überleben.«
    Sie hatte es zu eilig für weitere Diskussionen. Stattdessen schmeichelte sie ihm. »Nadelstreifen steht dir besser.« Doch den da, diesen Israelita, hätte sie selbst in einer unförmigen blauen Uniform gemocht. Sie küsste ihn auf den Mundwinkel, die Zunge hinter zusammengepressten Lippen (andernfalls hätte sie nicht weggehen können) und suchte sich auf der Straße ein Taxi. Eine Hand stieß sie auf den Bürgersteig, ließ sie aber nicht fallen. Sie sah schwarze Strähnen unter einer roten Perücke. Der Chinese war Isobel dankbar. Sie hatte ihn in der Zelle mit Wasser und Pfeilwurz versorgt, als Coen ihn wegen der Fingerabdrücke ins Revier geschleift hatte. Er hätte keine Portorriqueña auf der Columbus Avenue umgebracht; er wollte Isobel nur daran erinnern, dass er ihr sehr verbunden war. In der freien Hand hielt er eine Einkaufstüte.
    »Ist da Arnolds Stiefel drin?«, fragte sie.
    Der Chinese zeigte seine Zähne. »Was ist los mit dir? Geht Blue Eyes vielleicht nicht mit einer Einkaufstüte zur Arbeit?«
    »Verfolgst du Manfred, Chino?«
    »Niemals«, sagte

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