Das Isaac-Quartett
irgendeinen Revierwachtmeister Unkraut jäten. In Staten Island. Also benimm dich. Treib einfach das Mädchen auf.«
Coen setzte sich in den Wagen. »Bring mich zu Pimloe.«
»Niemals. Du hast schon eine Audienz mit ihm gehabt. Das genügt. Pimloe hat keine Zeit für so was.«
»Wieso nicht? Schlägt er heute beim Bürgermeister Eier auf?«
»Er ist nicht so wie du, Coen. Der trägt keine Tennisbälle in der Tasche mit sich rum.« Brodsky grinste. Dann fiel ihm Coens Knöchel wieder ein, und er rieb sich die Stirn. »Immer mit der Ruhe, Manfred. Niemand braucht zu schwitzen.«
»Child scheint gar nicht allzu scharf auf seine Tochter zu sein. Ich wette, sie wohnt mit einem professionellen Bocciaspieler in der Neunten Straße. Sie treiben’s im Speisesaal.«
»In der Neunten Straße? Dann ist’s leicht, sie zu finden.«
»Nimm den Finger aus der Nase und halt das Lenkrad fest, Brodsky. Ich will zur Amsterdam, Ecke Neunundachtzigste.«
Brodsky ließ ihn vor einem Haus aus blauem Tonsandstein raus, dessen Vorderseite mit zwei Fahnen drapiert war; auf den Flaggen waren exotische Schriftzeichen, ein Feld schlichter Sterne und Spuren von weiß, pflaumenblau und gold. Brodsky amüsierte sich über die Flaggen. »Was läuft? Ist das eins der Bordellos, von denen man dauernd hört? Zutritt nur für afrikanische Diplomaten?«
»Das ist die Schule für vermisste Mädchen.«
»Soll ich auf dich warten, Manfred?«
»Nein. Du kannst Pimloe sagen, ich sei hinter einem weißen Zuhälter her, der in einem Cadillac sitzt und hässliche Mädchen für Peru besorgt.«
Knaben und Mädchen in pflaumenfarbener Schultracht gingen ein und aus und lutschten Eis am Stiel. Die Mädchen der Carbonderry School, die ihre dunklen Strümpfe hochzogen, wirkten wie das krasse Gegenteil zu Odiles Wollust und Sinnlichkeit, obwohl sich einige mit einer Art plumper Anmut bewegten. Coen sah keine offensichtlichen Zuhälterwagen in der Umgebung der Schule stehen; keine Mark IV mit getönten Scheiben; keine cremefarbenen Eldorados; nichts Silbriges; nichts Minzgrünes. Zivilpolizisten mit Stirnbändern und Overalls kamen in einer Stunde viermal an Coen vorbei. Er erkannte sie an der Farbe ihrer Stirnbänder; donnerstags trugen die Anti-Crime-Jungens immer blau. Sie waren auf den Kinderbelästiger angesetzt, der sich ausschließlich in der West Side betätigte. Einer der Zivilpolizisten hielt Coen an. »Diese Schule schafft dich wohl, Süßer? Geilst du dich am Geruch von Mädchenschuhen auf? Wie heißt du?«
Coen hielt dem Zivilpolizisten sein Abzeichen unter die Zähne. Und der Zivilpolizist, der wesentlich jünger als Coen war und sich noch von goldenen Abzeichen einschüchtern ließ, schlich sich an eine andere Straßenecke. Weitere Stirnbänder tauchten auf. Coen musste Carbonderry aufgeben, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, sich jede Viertelstunde von Babybullen in Latzhosen blöd anquatschen zu lassen. Er entschloss sich, seinen Onkel Sheb zu besuchen. Vorher lief er zu einem Papayastand am Broadway und hielt nach einem Chileno in einem Schwarztaxi Ausschau. Der Chileno, heute taxilos, kam von sich aus auf Coen zu. Auf Coens Kosten tranken sie Papayasaft. Der Chileno wurde kribbelig, als Coen stumm blieb. Er neidete diesem Blue Eyes die Fähigkeit, ruhig zu bleiben, ein Agente, der den Anschein machte, nichts zu wollen und nichts zu schätzen. Daher ging der Chileno auf Coen zu. »Ich könnte eine Tasse Kaffee gebrauchen, Manfred. Mein Taxi ist in der Werkstatt.«
»Eine ganze Tasse?«, sagte Coen und ging damit auf das förmliche Feilschzeremoniell zwischen Kriminaler und Spitzel ein, doch ohne die Zuneigung, die er für Knoblauch-Arnold empfand. »Was hast du mir für eine ganze Tasse anzubieten?«
»Probier’s mal.«
»Einen weißen Zuhälter. Vielleicht kreuzt er in einem grünen Cadillac durch die Gegend. Seine Spezialität sind junge Mädchen. Ich will wissen, wie er heißt.«
»Weiß? Wie weiß? Blauäugig, Manfred?«
»Sagen wir mal: braun oder grau.«
»Probier’s bei Baskins. Elmo Baskins. Die Puppen nennen ihn Elmo den Größten.«
»Wo finde ich ihn?«
»Auf der Straße, Mann. Er fährt einen lohfarbenen Imperial.«
»Dafür geb ich dir nur eine halbe Tasse aus«, sagte Coen und entknitterte fünfzig Dollar für den Chileno. »Für die andere Hälfte musst du dich mehr anstrengen.«
Der Chileno nahm den Fünfziger, und Coen ging den Broadway herunter. Er schlug einen Haken zu einem Laden mit Nüssen und
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