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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Manfred.«
    »Den lehr ich das Fürchten«, sagte Coen und stand von der Couch auf. Arnold verfolgte Coen mit dem Schwert.
    »Ich gehe mit, Manfred. Ohne mich wirst du nicht mit ihm fertig.«
    »Ich werde mit ihm fertig. Hat Betty gesagt, was für ein Auto er hat? Fährt er einen lohfarbenen Imperial?«
    »Sie sagte, einen Apollo. Ein Buick Apollo in irgendeinem schmutzigen Farbton.«
    Coen zog sich am Kinn, eine Angewohnheit, die er von seinem Vater übernommen hatte, der manchmal tagelang kein Ei verkauft hatte. »Ich komme nicht mal hinter die Automarke.«
    »Was willst du von einem solchen Geier, Manfred?«
    »Ich tue der Polizei einen Gefallen.«
    Coen stieg über die Limoflaschen im Gang. Einige Bewohner flüsterten ihm aus ihren Zimmern zu: »He, Mann, was ist passiert?« Sie wussten auch ohne Knoblauch-Arnold über Coen Bescheid. Sie kannten ihn aus Schillers Tischtennisclub im Kellergeschoss des Hotels. Wenn sie es satt hatten, Wände anzustarren und miesen Wein von ihren Fensterbänken zu trinken, gingen sie zu Schiller runter, machten es sich auf einer Bank gemütlich und beobachteten den Flug der Bälle im schwachen Licht. Diese Stunden waren ihnen besonders lieb. Schiller schloss nie. Schiller, ein bärtiger Gnom, der in einem winzigen Zimmerchen hinter seinen Tischen wohnte, verspottete seine schickeren Kunden, weil sie sich unter Pennern aufhielten. Er teilte sein Pumpernickelbrot aus. Er buk ihnen Gemüsetaschen. Doch er war ausgesprochen launisch. Wenn die Penner ihm zu viel Dreck machten oder mit Brotkügelchen nach den Spielern warfen, räumte Schiller die Bank. Normalerweise dauerte es eine Woche, bis die Hotelbewohner Schiller soweit verziehen hatten, dass sie mit ihm seinen Meerrettich schnüffelten und seine Pumpernickel aßen. Den Spanier hassten sie. Schiller jagte Arnold nicht mit ihnen hinaus. Arnold hatte Anrecht auf den Stuhl, der dem für Coen reservierten Tisch gegenüberstand. Aufgrund der Handschellen, die Arnold besaß, und auch wegen seiner Kontakte zu den Bullen Manhattans fühlten sie sich ihm unterlegen. Also plärrten sie Arnolds Geheimnisse heraus. Sie machten seinen Gang nach. Das kommt von der Inzucht, sagten sie. Ein Vater fickt seine Tochter, und dabei kommt ein Arnold mit zusammengewachsenen Zehen raus. Wie sonst soll man eine Mama finden, die nur zwölf Jahre älter ist als ihr Sohn? Es war allgemein bekannt, dass Arnolds Vater Totengräber in San Juan war. Der Spanier, so behaupteten sie mit Vorliebe, sei mit fünf mit seiner Schwester-Mutter-Tante aus Rico gekommen, weil sie bei den Niggern in Harlem Karriere als Prostituta machen wollte. Das kleine Scheusal hätte sich die Zehen mit Ostereierfarbe angemalt und sei durch Harlem gehumpelt, um Kerls für seine Mutter aufzureißen. Da musste er doch ein Riesenross sein, oder etwa nicht? Wer, wenn kein Ausgestoßener, hätte sich an einen blauäugigen Juden gehängt?
    Coen war versucht, schnell in den Club zu schauen (Schiller bewahrte Coens Schläger, seine Turnschuhe, sein Handtuch und seine Hose in einem Schrank voller Schuhe auf). Wenn er jetzt zu Schiller ging, würde er den ganzen Nachmittag lang spielen und anschließend nicht mehr viel Energie oder Enthusiasmus für die Zuhälter vom Busbahnhof aufbringen. Daher strich er die Falten seiner Hose glatt und latschte zum Times Square. Coen war einer der letzten Kriminalbeamten New Yorks, die keinen Wagen hatten. Gelegentlich borgte er sich einen grünen Ford bei der Mordkommission aus, den er selbst fuhr. Doch er zog die U-Bahn oder seine eigenen Füße vor. Hinter dem Steuer fielen ihm die Eier seines Vaters ein, Jerónimo, die zwei Töchter seiner Frau, und seine Aufmerksamkeit wandte sich von der Straße ab. Die Bullen im Revier glaubten, Coen habe einen geheimen Fahrer, jemanden vom Büro des First Deputy, der ihn durch die Gegend fuhr, und das bestärkte sie nur umso mehr in der Überzeugung, dass Coen eine Petze und ein Spitzel für die Chefs war.
    Er ging durch die Neunte Avenue. An der Siebenundvierzigsten Straße lutschte er eine Orange aus. An den Gewürzständen naschte er. Er kaufte griechisches Gebäck und freute sich, dass er die Neunte Avenue der Achten vorgezogen hatte. Die Pornovorführungen auf dem Bürgersteig, die Kunstledergeschäfte, die weichen Filzhüte und die Abendanzüge der marktschreierischen Clubköder hätten ihn nur deprimiert. Coen, der ermordete Babys im Leichenschauhaus gesehen und geröstete Leichen nach einem Brand gerochen hatte,

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