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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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der Chinese. »Der Bulle hat doch diese Straße nicht gepachtet. Ich sehe mich nach Geschäften um.«
    »Welche Art von Geschäften?«, fragte Isobel.
    »Jede Art.«
    »Gib mir den Schuh, Chino. Ich sage Manfred auch nicht, wo ich ihn herhabe. Ich sage, ich hätte ihn im Rinnstein gefunden.«
    »Der Spanier muss leiden«, sagte er und hielt die Einkaufstüte außer Reichweite. Er setzte Isobel in ein Taxi.
    »Bring ihn schnell hinter dich, Isobel. Blue Eyes steht ein kurzes Leben bevor.«
    Der Chinese ergötzte sich nicht an Isobels dicken Augen; er hatte das Ausmaß ihrer Anhänglichkeit an Coen falsch eingeschätzt.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte er. »Ich bin der Engel der Blauäugigen. Was soll ihnen zustoßen, solange ich in Manhattan bin?«
    Isobel traf im Revier ein, als die Fußstreife gerade auszog. Manche marschierten mit Knüppeln zwischen den Beinen, zielten auf Isobels Lenden. »Coens Mädchen«, sagten sie. »Shotgun Coens Braut.« Sie strömten aus dem Haus und rissen Isobel mit sich, bis sie sich aus dem Gedränge winden konnte. Der Wachtmeister, der sich in Isobels Abwesenheit um das Telefon kümmerte, lachte so sehr, dass er vergaß, sie zu schelten. Solange Isobel nicht da war, konnte er seinen nachmittäglichen Aufgaben nicht nachgehen. Er musste eine bestimmte Zigarrenmarke für den Schwager des Captains ausfindig machen und die Gattin des Lieutenants zu einem Schönheitssalon in Queens chauffieren. Isobel wehrte sich nicht allzu sehr gegen das Wandern seiner Daumen. Er war zu sehr mit den bevorstehenden Aufgaben beschäftigt, um tief zu graben. Und Isobel dachte an Coen.
5
    Coen musste seinen Namen zweimal sagen, ehe Arnold ihn einließ. Arnold humpelte wieder zu seiner Couch. Er wohnte in einem Hotel für »Einzelzimmerdauerbeleger« an der Columbus Avenue. In einer Kakaodose auf der Heizung bewahrte er seine sämtlichen Küchenvorräte auf. Außen auf der Fensterbank stand die Käseschale. Auf beiden Nasenflügeln hatte er blaue Kratzer. Er hielt ein japanisches Schwert in der Hand.
    »Ich bring den Chinesen um, wenn er zu Besuch kommt. Ich werde ihm sein Muschelspiel schon beibringen. Ich schreibe ihm ein Damebrett auf den Magen.«
    »Was ist passiert, Arnold?«
    Arnold hieb mit der stumpfen Kante des Schwerts auf seinen Klumpfuß ein. »Er hat mich gestellt, Manfred. In der Amsterdam. Die Drecksau hat mir mit einer Einkaufstasche das Bein gestellt. Er hat meinen dicken Schuh gestohlen.«
    »Hat er eine rote Perücke aufgehabt?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Es ging viel zu schnell.«
    »Bist du sicher, dass es Chino war?«
    Arnolds Gesichtsausdruck verdüsterte sich. »Ich kenne seine Taktik. Für einen Schuh bekommt man selbst im Leihhaus nichts. Nur ein Choleriker kommt auf die Idee, einem Krüppel seinen Schuh wegzunehmen. Er hat was zu mir gesagt, Manfred. Er hat gesagt, ich soll den süßen Blue Eyes grüßen.«
    »Ich nehme das in die Hand, Arnold. Du ruhst dich jetzt aus.«
    Coen setzte sich auf die Couch. Arnold beobachtete seine fahrigen Gesten. Sein Patrón war höflich und respektierte Arnolds wunde Punkte. Daher wollte Arnold ihm die Last von den Schultern nehmen. »Sag mir, was du brauchst, Manfred.«
    »Nichts«, sagte Coen.
    Arnold wollte ihn drankriegen, ehe Coen sich äußerlich beruhigte. »Was kann ich für dich tun? Sei nicht unfair, Manfred.«
    Coen senkte den Kopf. »Ich suche einen weißen Zuhälter. Elmo. Elmo der Größte. Er ist hinter kleinen Mädchen her. Wo kann ich ihn finden?«
    »Leih mir einen Dollar.« Arnold nahm das Schwert als Krücke und zog sich hoch. Das Schwert hinterließ Dellen im Teppich. Er ging zu der Prostituierten nebenan. Die Hure war für die Bekleidungsindustrie und einen Großteil der West Side zuständig. Sie war Arnold verpflichtet. Ehe der Truppenführer ihn rausgesetzt hatte, hatte ihr Arnold immer kleine Annehmlichkeiten im Revier verschafft, wenn sich die Zivilbullen aus Coens Bezirk über die Mädchen hergemacht hatten. Durch Arnold konnte Coen sich mit jeder Hure im ganzen Hotel in Verbindung setzen. Er horchte auf das Schwertgeklirre im Gang. Arnold gab Coen den Dollar zurück.
    »Betty sagt, am Times Square. Sie will kein Geld von dir annehmen. Dieser Elmo parkt vor dem Busbahnhof. Er ist ein grober Kunde. Die Niggerzuhälter lassen ihm viel Raum. Er schnappt sich die Bauernmädchen direkt vom Bus. Du weißt schon, Ausreißerinnen aus dem Süden. Schwarze und weiße, von elf aufwärts. Der fürchtet sich vor nichts,

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