Das Isaac-Quartett
Topals Schlaf zu stören. Sie hatte ihr Kleid wieder an.
Die Seide auf ihren Beinen machte Patrick melancholisch. Er war ein Ire, der die Thora in seinen Armen trug. Konnte er der kleinen Goie nahetreten? Ihr Geld anbieten? Sie hätte gesagt, er sei in der Rechnung der Guzmanns inbegriffen. Er war ein Heuchler, der Papa Vorträge über die Sünde gehalten hatte, die es bedeutete, Unzucht in einer Schul zu treiben. Er hätte Odile bedenkenlos im geheiligten Schrein seines Vaters versteckt und sich nach den Gebeten zu ihr hineingezwängt. Er hätte Hughie aus dem Fenster der Kapelle geschleudert, wenn der Rabbi seine Rechte auf das Mädchen in Zweifel gestellt hätte. Und jedem der Ältesten, der sich einmischte, hätte er den Kopf abgerissen. Patrick würde seine Konkubine behalten oder die Schul schließen.
Der Wahnsinn seiner Gelüste jagte ihm Angst ein. »Jesus«, sagte er. »Ich gehe jetzt.«
Odile kam in die Küche. Sie flirtete nicht mit ihm. Sie schälte sich nicht aus ihrem Kleid. Sie steckte ihre Hand nicht in Silvers Tasche. Er sperrte sich gegen sie, St. Patrick aus der Schul an der Bethune Street.
»Erzählen Sie, wie Sie die Braut des Fuchses geworden sind.«
»Wer sagt, dass ich seine Braut bin?«
»Papa. Ist das eines der Märchen der Guzmanns?«
»Nein. Aber es war eine lausige Hochzeit. Ich musste sechs Leute heiraten. Das war Zorros Idee.«
»Ein schöner Fuchs. Wollte er Sie in Stücke brechen wie Jerónimos Schokolade? Jeder Guzmann bekommt einen Riegel. Schade, dass sie Sie nicht durch sieben geteilt haben. Dann hätte ich auch meinen Anteil bekommen können.«
»Seien Sie nicht albern«, sagte sie. »Die Guzmanns hatten kein Interesse an einer Frau. Zorro hat Trauscheine gesammelt. Der Pfarrer war völlig bematscht. Er hatte keine Kirche. Er musste uns in der Kapelle eines puerto-ricanischen Bestattungsunternehmens trauen. Zorro dachte, die Guzmanns könnten nicht ausgewiesen werden, wenn die gesamte Familie mit einem amerikanischen Mädchen verheiratet war. Ich habe die Trauscheine mit verschiedenen Namen unterschrieben. Dem Pfarrer war das egal.«
»Mrs. Guzmann«, sagte Patrick. »Mein Glückwunsch.« Sie sah ihn schmollend an, während sie die Bänder ihres Kleides löste. »Nennen Sie mich nicht so. Ein Mädchen kann keine sechs Ehemänner haben. In New York ist das illegal. Außerdem bin ich minderjährig. Ich war siebzehn, als die Guzmanns mich geheiratet haben.«
Der Logik ihrer Argumentation konnte Patrick nichts entgegensetzen, und zur Tür kam er auch nicht. Sie fing ihn in ihrem Kleid ein. Das Gewicht ihres Busens auf seinem Unterhemd ließ seine Knie weich werden. Er sank in Odile, vom Hals abwärts taub. Er wollte nichts lieber, als für den Rest seines jämmerlichen Lebens die kleine Goie umarmen, ihre Nippel an seiner Brust spüren und auf Gummistelzen stehen.
9
In Patricks Familie hatte das Junggesellentum Tradition. In den letzten hundertfünfzig Jahren hatte kein Silver in Irland oder in Amerika vor dem fünfundvierzigsten Lebensjahr geheiratet. Murray Silver hatte seinen Schrein 1906 aus Irland hergebracht, als zweiundzwanzigjähriger Junge. Er hatte sich fünfundzwanzig Jahre für seine Synagoge abgerackert, ehe er sich eine Frau suchen konnte. Er war der Vorsteher der Bethune Street, und er verachtete Knausrigkeit an Synagogen. Die Gemeinde Limerick sollte eine anständige Markise, rotes und blaues Glas und ein Winterzimmer für die Unglücklichen haben, die um den Abingdon Square herum lebten.
Er heiratete Enid Rose, eine achtzehnjährige Waise, die das Brot in die Schul brachte. Das war 1931. Sie war ein sinnliches Mädchen mit Hüften, die sich durch ihre vielen Röcke abzeichneten (Patricks Vater hatte Enid im Winter kennengelernt), und mit einer Zunge, die den Kuss eines Kirchenvorstehers entgegennehmen konnte. Murray ging auf die fünfzig zu. Seine Haltung war gebeugt, weil er ständig die Leiter der Synagoge rauf- und runterkletterte, um die Decken zu schrubben und Stücke im Buntglas zu ersetzen. Seine irischen Glaubensgenossen dachten, eine junge Braut würde ihn umbringen. Sie rieten Murray, sie langsam zu nehmen. Murray sagte Pah! und verausgabte sich an Enid.
Die Ältesten der Schul erschraken über die Handschrift der Leidenschaft Murrays. Sehr bald war das Mädchen schwanger. Die alten Männer beteten zu Gott, dass sie in ihrem Leib nicht eine Waise austragen müsse. Die Ältesten täuschten sich in Murray. Er überlebte Patrick Silvers Geburt.
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