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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Verkleidung. Sie läuft vor ihm her, wackelt mit dem Arsch, und die beiden gehen in die Schul, die Isaac niedergebrannt hat. Macht das Jerónimo zum Lippenstift-Freak?«
    »Ich bin kein Yankee-Anwalt. Ich kann die Feinheiten von falsch und richtig nicht zerpflücken. Aber wenn Isaacs Wunderknaben das Baby am Hosenaufschlag erwischen, wird es lange humpeln. Isaac weiß, wie man einen Richter anlächelt. Sie werden ein Loch für das Baby graben, und man wird es nie mehr finden.«
    Papa berührte seine Lippen.
    »Moses, ich kann dir helfen, wenn ich das Baby vorher finde. Ist es in Manhattan oder in der Bronx? Sag es mir.«
    Papa zuckte die Achseln und kümmerte sich wieder um seine Kasserolle.
    Patrick lief ziellos durch die Straßen. Das Guinness in seiner Hose hatte angefangen zu kochen. Er öffnete mit dem Daumen eine Flasche und trank das heiße dunkle Bier. Mit der Sonne in den Augen kam er zum Abingdon Square. Ein Streifenpolizist in seiner Sommeruniform hielt ihn für einen Penner und grub ihm einen Gummiknüppel in die rechte Seite. »Zisch ab, du Dreckschwein. Verpiss dich in die Bowery. Hier wohnen achtbare Bürger.«
    Patrick klagte nicht; er ließ zu, dass die Energie im Knüppel eines Bullen ihn weitertrieb. Er würde zwei Bezirke nach Jerónimos Unterschlupf durchkämmen müssen. Der Riese war verloren. Sollte er den Spielplatz an der Ecke Little West und Zwölfte Straße im Auge behalten? In Richtung Neunte Avenue trotten? In die Backsteinhäuser von Chelsea eindringen? Er schlug Haken, die ihn in die Dreiundzwanzigste Straße brachten. Er hatte keine Flaschen mehr in der Hose. Er würde sich in eine irische Bar verziehen und Nachschub holen müssen. Sollte er die Straßen außer Acht lassen und dem Baby von Dach zu Dach folgen? Während er am Bordstein entlang schlenderte, fuhr ihm ein staubiges Taxi fast die Kniescheiben ab. Die hintere Tür ging auf. Ein vertrautes Grunzen rief ihn aus dem dunklen Innern an. »Hopp, Ire.«
    Patrick zauste die ausgefransten Enden seiner Armel und ließ sich in die Polster fallen. Das Taxi schoss los. Der Riese saß neben Zorro Guzmann, dem Fuchs der Boston Road.
    »Meine Glückwünsche, Ire.«
    »Zorro, die Guzmanns gratulieren nur aus Gehässigkeit. Was habe ich dir diesmal getan?«
    »Es kommt von Herzen, Ire, das verspreche ich dir. Papa sagt, du bist in Odile verliebt.«
    »Papa redet viel.«
    »Nimm die Goie, Ire. Zorro gibt sie dir.«
    »Vielleicht kannst du die Goie gar nicht vergeben.«
    »Wozu die Beleidigungen?«, sagte Zorro. Er räkelte sich auf dem Sitz. »Ich besitze vierzig Prozent von ihr, wenn das überhaupt reicht. Aber wer ist schon knausrig? Ire, du hast dich um meinen Bruder gekümmert. Das ist vierzig Prozent jeder Goie wert.«
    »Dein Vater glaubt, ich hätte das Baby an Isaac verkauft.«
    »Täusch dich nicht in ihm, Ire. Für Jerónimo würde er die halbe Bronx ermorden.« Zorro zog das Metallspielzeug des Babys aus seiner Tasche. »Das hättest du Papa nicht zeigen dürfen. Du hast seine Gefühle verletzt.«
    »Was für ein Jammer«, sagte St. Patrick. »Papa beeidet, das sei Isaacs Werkzeug, ein Senkblei, um Jerónimo zu ertränken.«
    »Nein«, sagte Zorro. »Es gehört Jerónimo. Meistens bewahrt er es in seinem Hemd auf.«
    Der Riese beugte sich dicht zu Papas jüngstem Sohn rüber. »Dann sollte dein Vater zugeben, wer die Kinder auf den Dächern in Stücke reißt.«
    »Ire, du arbeitest für uns. Denk daran. Du sollst Jerónimo beschützen, nicht ihn in Handschellen legen.«
    »Jesus«, murmelte Patrick. »Und was soll ich mit den toten kleinen Jungen anfangen? Hätte ich neue Beute für Jerónimo ranschaffen sollen? Soll ich ihm Geleit auf die Dächer geben, Señor
    Zorro?«
    »Wir sind nicht wie die Norteamericanos, Ire. Du hast Zorros Wort. Mein Bruder wird keinem Dach mehr in die Nähe kommen.«
    »Immerhin etwas. Dafür muss ich wohl dankbar sein.« St. Patrick sah durchs Fenster auf die aufgeblähten, erdrückenden Straßen. Wie seinem Vorfahren, O’Carevaun dem Riesen, war ihm nach Zerstörung ganzer Landstriche zumute. Wenn Cruathair den Hafen von Cork auseinandernehmen konnte, würde Patrick Manhattan zerkauen. Straßenzug um Straßenzug, Menschen verdauen, Laternenpfähle, Hunde und Mauerwerk. Seine Kehle war gottlos rau. Patrick starb vor Durst. »Ich bin ausgedörrt«, sagte er und zog sich aus den Polstern hoch. »Noch eine halbe Minute, und ich kotze Blut. Lass den Wagen anhalten.«
    Zorro musste den Riesen zurückhalten.

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