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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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sauber. Dann fuhr er mit der U-Bahn in die Bronx. Der Name César Guzmann war zu oft gefallen; zu viele Schafsköpfe beschäftigten sich mit ihm. Er wollte sich direkt an die Quelle begeben, zu Papa persönlich, um nach César und nach Childs Tochter zu fragen. Papa mochte zwar in der Boston Road verwurzelt sein, aber er hatte Zugang zu seinen fünf Söhnen.
    Moisés Guzmann war mit einer Brut kleiner Jungen und ohne Mujer oder Ehefrau über Havanna in die Boston Road gelangt. Das war 1939 gewesen. Sechzig Jahre lang hatten die Guzmanns in Lima/Peru in besetzten Häusern gelebt und die Religion der Limenos angenommen. Sie waren Kleinkrämer, Schmuggler und Taschendiebe, typische Großstadtsumpfblüten. In ihren Katechismen bewahrten sie hebräische Glücksbringer auf. Sie beteten Moses, Johannes den Täufer und den Heiligen Hieronymus an. Die regelmäßigen Kirchgänger mieden sie. Andere sahen fort. Die Guzmanns sahen sich als Holländer, obwohl sie kein Wort Niederländisch sprechen konnten. Vor Amerika hatte sich die Familie in Lissabon, in Amsterdam und in Sevilla rumgetrieben. Die Guzmanns aus Peru hatten keine Erinnerungen an diese fremden Orte. Moisés war aus Lima geflohen, weil er einen Bullen ermordet hatte. Allein mit fünf Jungen wurde er für die Norteamericanos » Papa«. Er kaufte einen Süßwarenladen und zog ins Hinterzimmer. Er opferte seine Liebe zu Guajaven und Schweinefüßen und brachte sich bei, wie man den wässrigen Kaffee und den gesüßten Sprudel macht, den die Gringos anbeteten. Mit seinen Süßigkeiten und den Jungen beschäftigt (1939 war César noch keine zwei) brauchte Papa sieben Jahre, um eine Bande nordamerikanischer Taschendiebe zu organisieren. Aus Peru trafen Cousins ein. Es gab eine Phase, in der vierzehn Männer und Knaben in Papas Süßwarenladen wohnten. Die Cousins heirateten, tauchten in Brooklyn oder New Jersey unter, und Papa musste sich einschränken. Von der Polizei der Bronx und den fünf führenden jüdischen Banden erhielt er die Genehmigung, eine Lottoannahmestelle im Laden zu errichten. Die fünf Banden vernichteten sich gegenseitig, und Papa blieb mit dem Monopol auf der Boston Road zurück.
    Coens Zug fuhr quietschend aus dem Tunnel an der Hundertneunundvierzigsten Straße und auf den erhöhten Bahnsteig an der Jackson Avenue in der Bronx. An der Stelle, wo der Zug ans Licht kam, waren Klumpen harten grauen Schleims an den Wänden, die Coen als kleinen Jungen erschreckt hatten und die ihm immer noch etwas anhaben konnten. Diese Art der Fortbewegung unter dem Boden, von den Säulen der Jackson Avenue in den flachen Tunnel, Wände, die den Zug umschlossen, machte Coen seekrank, und wenn er in der Kunstschule angekommen war, war ihm immer speiübel gewesen und die Eibrote in seinem Esspaket waren ihm vergällt.
    Er ging nicht direkt zu Papa. Der Süßwarenladen war eine Hauptannahmestelle, und Coen hätte Papas Schieber und Kundenfänger erschrecken können. Daher gab er dem Laden genügend Zeit, sich auf den Besuch eines fremden Bullen einzustellen. Er stellte sich auf die gegenüberliegende Straßenseite, gleich neben den puertoricanischen Spielclub, der Papa als Ausguck diente. Die Clubmitglieder beäugten ihn durch die Gardinen. Coen enthüllte ein Stück seines Pistolenhalfters. Er wollte von den Puerto Ricanern ertappt werden. Er war erleichtert, als sie dem Süßwarenladen Zeichen gaben, indem sie die Gardinen schwenkten. Coen lächelte. Dann ging er in den Laden. Papas Schieber und Kundenfänger waren in die Regale mit dem Schulbedarf versunken. Mit dem Rücken zu Coen überprüften sie Lottozettel. Niemand rührte sich bei seinem Eintreten. Papa stand hinter der Theke und bereitete Bananensplits für zwei schielende Mädchen vor, die auf seinen Barhockern saßen. Die Mädchen mit den dicken Gläsern vor den Augen mussten Schwestern oder zumindest Cousinen sein. Sie hüpften auf den Stühlen auf und ab und kreischten vor Wonne, als Papa ihnen ein großes Glas Maraschinokirschen hinstellte. Papa mochte ein großer Bankier im Glücksspiel sein, doch deshalb vernachlässigte er seine Eisspezialitäten noch lange nicht. Er sah Coen erst an, als er die beiden Mädchen zufriedengestellt hatte. »Ein Klacks, Mr. Guzmann. Marietta will noch eine Kirsche.«
    Erst als sich die Mädchen den Bauch rieben und heiße Wangen bekamen, kam Papa um die Theke herum, um Coen zu umarmen. Sie fielen sich neben Papas »Bromo-Selzer« -Automaten um den Hals. Er scheute sich

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