Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
Vom Netzwerk:
man Cola mit Rum nippen, die Weissagungen im Buch der Wandlungen studieren oder sich über einem Pachisibrett tief empfundene Küsse denken konnte (andere Ausdrücke der Leidenschaften ließen die Cousinen nicht zu).
    Odile ging schroff mit Dorotea um; sie konnte keine Zunge in ihrem Ohr gebrauchen, während sie über den Chinesen nachdachte; sie konnte immer noch sein absurdes Haar unter der Vorhangleiste sehen. Sie erinnerte sich daran, was Janice einem Betrunkenen, der versehentlich im Dwarf stolperte,oder einem eingeschnappten Polizisten, der versuchte, die Bar ohne ordnungsgemäße Papiere auszuheben, antun konnte – ein gebrochener Finger, eine ausgerenkte Achsel, eine Backe voll Blut – und dann würde man Janice wegen ihres Eifers im Dwarf ins Untersuchungsgefängnis zurückschicken. Odile konnte es sich nicht erklären, aber sie wollte nicht, dass dem Chinesen etwas zustieß. Vielleicht, weil er als Kavalier um ihretwillen den Schuh getragen hatte. Der Chinese wusste, was ihr gefiel; keine Parfümflaschen, keine Nerzstolen, die jeder Kürschner herstellen konnte, sondern ein Krüppel-Schuh. Dorotea wechselte vom linken Ohr zum rechten über. »Warum erforschst du nicht Nicole, Sister?«, sagte Odile. »Lass deine Finger von meiner Möse.« Sie folgte Sweeney ins Hinterzimmer. Sweeney war die einzige, die sie nicht betatschte, die ihr nicht beim Tanzen die Ohren leckte. Zwei Pachisispielerinnen bemerkten Odile und Sweeney und verzogen sich. Sweeney brachte Odile in die dunkelste Ecke.
    »Hast du Männersorgen, Baby? Du kannst jederzeit zu mir ziehen. Verhungern würdest du nicht. Und dieses säuische Geld würdest du auch nicht mehr verdienen müssen.«
    Odile summte Peggy Lee. Sie kam nicht von dem Chinesen los. Zwischen den Refrains von »Golden Earrings«, Peggys Hit von 1947, fauchte sie: Chino Reyes, Chino Reyes. Mit einem gelben Nigger, der außerdem auch noch für Zorro arbeitete, schlief sie nicht. War sie etwa für den gestohlenen Schuh verantwortlich? Wie konnte sie den Chinesen davon abbringen, verrückt auf sie zu sein? Sie stieß die Pachisimännchen um, gähnte in ihre Faust und schlief an Sweeneys wattierter Schulter ein.
6
    An der Columbus Avenue galt er als der Superbulle. Man belästigte ihn wegen eines entlaufenen Affen, eines gestohlenen Fernsehers, eines Cousins, den eine Polizeistreife zusammengestaucht hatte. Nachdem man vor seinem Haus so viele Jahre lang einen Wagen des First Deputy hatte stehen sehen (Isaac entwickelte beim Damespiel mit Coen die besten Theorien), glaubten alle, dass Coen sich Gehör beim Commissioner verschaffen konnte. Die Frau, die über ihm wohnte, eine Witwe mit einem jungen Dalmatiner, sorgte sich um die Sicherheit ihres Hundes. Wie eine Epidemie hatten sich Hundevergiftungen im Central Park und in den angrenzenden Vierteln gehäuft, und Mrs. Dalkey wollte Coen das Versprechen abnehmen, den Giftmischer zu jagen. Sie bot ihm fünfzehn Dollar für seine Bemühungen an und kam allmorgendlich mit Rickie, dem Dalmatiner, in seine Wohnung, um ihn über die neuesten Vergiftungen auf dem Laufenden zu halten.
    Coen konnte den Hund nicht ausstehen. Mrs. Dalkey hatte ihn verdorben; das Vieh sabberte und hatte die Angewohnheit, Pisstropfen auf Coens Türschwelle zu hinterlassen.
    »Herr Detective, Herr Detective.«
    Coen stürzte im Schlafanzug zur Tür. Er hörte Rickie an den Wänden kratzen und Farbe kauen. Der Hund schnüffelte sich den Weg hinein. Coen rechnete mit Pisse auf seinen Möbeln. Er bot Mrs. Dalkey eine Kirschlimo und polnische Salami an. Ehe der Hund versorgt war, erzählte sie ihm nichts. Rickie fiel über die Salami her und trank aus einem langstieligen Kelch. Mrs. Dalkey konnte nicht so schnell essen. »Krämpfe«, sagte sie. »Mr. James’ Pudel Fredericka hat sich von der Leine losgemacht. Dieser Mörder hat den Steingarten in der Zweiundsiebzigsten Straße verseucht. Fredericka hat Steine gehustet. Sie ist tot umgefallen, als sie ihren eigenen Schwanz fangen wollte. Mrs. Santiago glaubt, sie hat ihn gesehen. Ein kleiner Puerto Ricaner, der Kindern Bonbons gibt. Er lebt im Armenasyl. Ich bin mir sicher. Es könnte sein, dass er auch der Lippenstift-Freak ist.«
    »Wieso, Mrs. Dalkey?«
    »Weil es wahrscheinlich ist, dass ein Mann, der Hunde hasst, auch kleine Kinder jagt. In Giftmördern und in Sexualverbrechern geht dasselbe vor.«
    Witwengeschwätz, sagte sich Coen. Er dankte Mrs. Dalkey für ihre Vorschläge und machte hinter dem Hund

Weitere Kostenlose Bücher