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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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einzuschlagen. Sie hätte ihre letzten irischen Münzen verwettet, dass O’Toole diese Tür nicht in den gelben See schmeißen konnte.
    »Wo ist Dermott?«
    »Drinnen«, sagte Jamey. »Beim Fischer.«
    Sie nahm ihren Koffer aus dem Wagen, und Jamey klopfte an die große Eichentür. »Ich bin’s, O’Toole … und das Mädchen.« Die Tür ging auf, ohne dass ein Scharnier quietschte. Ein alter Mann mit Schrotflinte ließ sie vorbei. Das Haus war voller alter Männer. Sie standen auf der Treppe, in der Küche, verschwanden in den Esszimmern und kamen wieder heraus. Sie trugen Schrotflinten oder Pistolen in Holstern, in ihren Mundwinkeln klebten Zigaretten und Zigarren und sie fluchten sich gegenseitig an. Merkwürdige Leute für eine irische Burg an einem gelben See. Sie waren so amerikanisch wie Annie Powell. Diese alten Männer schienen nicht viel von Jamey zu halten. Sie spuckten in ihre Hände, als er sich einen Weg zwischen ihnen bahnte. »Der Waschlappen des Königs«, sagten sie. Jamey war stinkwütend. Warum pfefferte er sie nicht gegen die Wände? Sie feixten Annie an. Sie kamen näher und schnüffelten an ihr, und die Bosheit blitzte ihnen aus den Augen. »Kriegt der König was davon ab?«
    Jamey ließ nicht zu, dass sie sie heruntermachten. »Ich krieg ein Stück von deinem Schädel, wenn du nicht aufpasst.«
    Die alten Männer gingen mit ihren Schrotflinten auf ihn los. Der Esel wich nicht zurück. Ein anderer alter Mann kam aus dem Salon. Er trug komische Stiefel, die bis in seinen Schritt reichten. Die Stiefel wirkten wie aus Gelee. Sie wabbelten bei jedem seiner Schritte. »Wollt ihr wohl aufhören, um Himmels willen. Timothy Snell, nimm deine Hunde an die Leine. Wir haben Gäste. Seid nett zu Jamey.«
    Das war der Fischer, und diese alten Männer waren seine Leute. Er stapfte in seinen Geleestiefeln in den Salon. Annie hatte Ohren. Dermott war bei dem alten Fischer im Salon. Sie hörte die beiden tuscheln. Draußen auf der Straße konnte O’Toole ruhig singen und toben, aber in Castledermott führte ihr Mann die Gespräche.
    »Coote.« Seine süße Stimme zitterte. »Jamey bleibt bei mir.«
    »Kommt gar nicht infrage«, antwortete der alte Fischer. »Der Bursche reist ab. Er wird in New York gebraucht.«
    »Coote, ich kann dir größere Hirne und bessere Muskeln beschaffen.«
    »Kann sein, aber er sieht danach aus. Und das zählt. Wir können uns keine Armee erlauben, die einfach in die Straßen platzt und Kaufleute und Bewohner aufmischt. Ich muss auch an meinen Schutz denken.«
    »Du kennst seine Geschichte. Er wird gewalttätig, wenn ich nicht in seiner Nähe bin.«
    »Wir werden den Knaben schon beruhigen. Mach dir mal keine Sorgen.«
    Ihr Mann sagte: »Such dir einen anderen. Jamey steht nicht zum Verkauf.«
    »Wer hat denn die ganzen achtzehn Jahre wie ein Vater auf dich aufgepasst? Coote McNeill.«
    »Dann wird es vielleicht Zeit, dass ich mir einen anderen Vater suche …«
    Einer der alten Revolverhelden scheuchte Annie vom Salon fort. Man führte sie in ihr Zimmer. Sie ging eine Treppe hinauf, deren Holz weinrot lackiert waren. Wachsten die Revolverhelden die Böden? Warum hatte O’Toole »Castledermott« gesagt? Das Haus gehörte doch dem Fischer. Sie brachten sie in den zweiten Stock. Ein Wind fegte durch die Flure. Von ihrem Zimmer aus sah sie auf den gelben See hinaus. Sie hatte Glas in den Fenstern. Keine alte Pappe. Aber es gab nur ein schmales Bett in dem Zimmer.
    In jener Nacht kam Dermott nicht zu ihr. Draußen auf dem Flur murmelten die Leute des Fischers. Sie gaben ihr zu essen und schnalzten unflätig mit ihren Zungen, als ob solche albernen alten Männer ihren Körper verschlingen könnten. Annie Powell hätte sie mitsamt ihren Schrotflinten und allem die Treppe runtergeworfen, wenn sie versucht hätten, sie anzurühren. Sie aß Bananen und Sahne und lauschte ihrem Geplapper. Es ergab keinen Sinn.
    »Ein gelber See bedeutet Lachs, du Dummkopf. Ein blauer See Forellen. «
    »Wenn du so klug bist, warum mögen denn Lachse dann gelbes Wasser?«
    »Weil das nun mal ein komischer Fisch ist. Lachse sind sehr hochmütig. Warum sonst sollte sich McNeill mit ihnen abgeben? Die legen ihre Eier nicht in jeden hundsgewöhnlichen See. Er muss gelb sein. «
    »Scheiße, ich bin doch nicht nach Irland gekommen, um in einem Anglerheim zu wohnen. «
    »Coote wird schon gutes Geld damit machen. Er wird diese alte Bude hier in ein anständiges Hotel verwandeln. Ein Anglerparadies, verstehst du?

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