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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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kamen und in Manhattan schwer zu bekommen waren. Er hauchte die Bälle an und ließ sie in seiner Handfläche kreisen. »Einverstanden?«, fragte er Coen.
    »Teste sie, Manfred«, sagte Schiller. »Sie könnten auf einer Seite verzogen sein. Dann hast du keine Kontrolle über sie, und er kann sie stärker anschneiden.«
    Coen hörte nicht auf ihn. »Wo ist dein Schläger, Sylvio?«
    Jetzt konnte sich Sylvio ein Lächeln leisten; er zog den Reißverschluss seines Beutels auf und holte den dicksten Schläger heraus, den Coen je gesehen hatte; es war ein Butterfly mit einer Superauflage, fünf Millimeter Gummi und Schaumgummi auf jeder Seite, mehr, als bei Turnieren erlaubt war. Im Vergleich dazu war Coens Mark V eine mickrige Waffe.
    Schiller beschwerte sich. »Manfred, er hat eine Keule in der Hand. Das schaffst du nie.«
    »Sylvio, wirf den Ball in die Luft.«
    Sie spielten zwei Minute zur Probe; Sylvios Schläge waren schlaff. Wie die meisten Profis zeigte er nicht vor Spielbeginn, was er konnte, doch schon jetzt war klar, dass Coen langsamer war.
    Sylvio flitzte schnell zu Odile und flüsterte ihr zu: »Du kannst nicht verlieren, Mama. Dieser Bulle kennt keine raffinierten Schläge.«
    Er kehrte zum Tisch zurück. »Coen, wir spielen einen Satz um den Hunderter, okay?«
    »Keinen Satz«, sagte Coen. »Ein ganzes Spiel.«
    Sylvio zwinkerte Odile zu. »Das ist ein Witzbold. Warum sollte ich diesen alten Mann ausrauben? Ich will fair sein. Wie viele Punkte soll ich dir vorgeben, Coen? Du kannst auch mehr haben.«
    »Keine Vorgabe.«
    Sylvio hielt beide Hände unter den Tisch; wenn er die erste Angabe haben wollte, musste Coen erraten, in welcher Hand der Ball war. »Links«, sagte er.
    Sylvio hielt seine rechte Handfläche mit dem Ball hoch. »Coen, hier und jetzt hat dich dein Glück verlassen.«
    Schiller wackelte mit dem Kopf. Kauernd, mit dem Arsch nah über dem Boden und dem Schläger auf Gürtelhöhe, damit Coen die Richtung nicht feststellen konnte, machte Sylvio fünf hundsgemeine Angaben, alle genau gleich; sie landeten in Coens Faust, weder Holz noch Gummi berührten den Ball; Coen konnte Sylvio nichts Besseres als seine Knöchel anbieten. Der Ball fiel jedes Mal wie Senkblei vom Tisch. Sylvio erreichte ein fünf zu null.
    Mit simplen hohen Angaben kam Coen mit zwei zu drei weg. Einmal verpasste Sylvio den Ball, weil er Odile ansah, und vier seiner fünf nächsten Angaben gingen an ihn. Coen spielte wieder mit den Knöcheln. Es stand zwölf zu drei für Sylvio.
    »Wie wär’s mit einem zweiten Hunderter, Coen?«
    »Schiller«, sagte Coen, »hol deine Geldkiste.«
    Sylvio sah den Bullen interessiert an. »Das war ein Witz. Ich ändere den Einsatz nicht mitten im Spiel.«
    Sylvio rechnete damit, Coen schon jetzt endgültig fertigzumachen, doch Coen holte sich drei der nächsten fünf Punkte.
    »Coen, du wirst den Halfter und das Abzeichen abnehmen müssen. Das lenkt mich zu sehr ab.«
    Schiller legte Protest ein. »Wo steht geschrieben, dass die Waffe weg muss? Hast du einen Vertrag mit ihm gemacht?«
    »Quatsch«, sagte Sylvio. »Dieser Mann versucht, meine Augen zu ruinieren. Warum sonst sollte er Gold auf der Brust tragen?«
    Odile war noch erbitterter als der Spieler. Coen legte den Halfter und das Abzeichen ab.
    Er war ein Mensch, der nichts zu verlieren hatte. Sylvio hätte einundzwanzig Punkte hintereinander machen können, und Coen hätte ohne einen Mucks das Geld in der Kaffeedose abgeschrieben. Odile wurde schmerzlich bewusst, dass Coen im Pingpong nicht zu verletzen war. Er hatte keine Eltern, für die er sorgen musste; die Abteilung des First Deputy konnte ihn verleugnen, doch seine Pension ließ sich so schnell nicht streichen. Schiller hielt seinen Blick, an den Schultern von Odile vorbei, auf die Tür gerichtet. Wenn der Chinese kam, während Schiller den Halfter im Schoß hielt, konnte Coen den Schläger als Brustschild benutzen. Sylvio war in den Ecken angreifbar, und wenn Coen seine Angaben überstanden hatte, konnte er diese Mängel im Spiel seines Gegners nutzen.
    »Der Ball springt nicht richtig«, meckerte Sylvio. »Er muss irgendwo einen Sprung haben.«
    »Neun zu sechzehn«, sagte Schiller und händigte Coen den anderen Ball aus. Odile brauchte keinen bärtigen Gnom, der den Spielstand wiederholte. Das Spiel war belanglos. Da sie sich nicht auf den Spieler verlassen konnte, schritt sie selbst ein, schleuderte ihre Schuhe von den Füßen und schlüpfte aus ihrem Rock. Sie würde Coen

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