Das Isaac-Quartett
schon dazu bringen, sie anzusehen, ihn zwingen, sich zu ihrer Nacktheit zu äußern, ihn wenn möglich aus dem Konzept bringen. Odile trug an jenem Tag keine Unterwäsche, und Schiller, der die vollendete Form ihres Busens unter einem Hemd von Bendel bewundert hatte, war erstaunt, dass sich ihr Brustansatz ohne Hemd nicht änderte. Als kultivierter Mann, als höflicher Mann, schämte er sich der Erektion in seiner Tasche. Diese Odile hatte den festesten Busen im ganzen Land; zumindest Schiller glaubte das. Er war so sehr von Sinnen, dass ihm ihre seidigen Schamhaare entgingen. Coen war mit dem Ball beschäftigt. Er sah, dass Odile sich ausgezogen hatte, doch das behinderte sein Spiel nicht. Die Fürsorgeempfänger drehten durch. Sie kletterten auf ihre Stühle, schnalzten mit den Zungen und johlten; sie wären weiter gegangen, wenn sie nicht von der Waffe des Bullen auf Schillers Schoß gewusst hätten. Odile zog ihre Schuhe wieder an, um noch ein Stück größer als Coen zu sein.
Die Galerie kreischte: »Schätzchen, Schätzchen.« Schließlich bekam sogar Sylvio den Lärm mit; er hatte über den Zusammenbruch seines Spiels nachgegrübelt (es stand immer noch achtzehn zu zwölf für ihn). Er drehte sich um und sah Odile. Coen schoss drei Bälle an ihm vorbei. Sylvio hielt den Butterfly mit abgespreiztem Finger in der Hand. Kein Brustansatz und kein Venushügel hätten ihn derart aus der Fassung bringen können. Sylvio reagierte nicht sexuell (es hatten schon andere versucht, ihn während eines Spiels zu verführen und waren daran gescheitert). Das poröse Licht in Schillers Club war die Ursache für Sylvios Untergang; eine religiöse Offenbarung wurde ihm zuteil, eine Erscheinung. Nackt im schwülen Licht mit dunklen Striemen auf der Brust wie unzählige Wunden und einem Profil, das von den Schatten durchstochen wurde, die Coens Schläger warf, wurde das Mädchen für Sylvio eine der großen Märtyrerinnen, Santa Odile. Seine Finger wurden taub; er bekam den Ball nicht. Trotzdem hätte er Coen schlagen können; selbst in einer Krise war er besser als jeder Bulle. Doch Odile zog sich wieder an. Weinend, böse auf Sylvio, böse auf Schiller, böse auf Coen, steckte sie einen bleiernen Arm in das Bendel-Hemd. Ihr Hintern war noch halb zu sehen, als sie an der Galerie vorbeiging. Sylvio folgte ihr auf die Straße; er wandte seinen Kopf ruckartig in Coens Richtung. »Ich komme wieder, Bulle. Nächsten Monat. Ich rasier dir den Arsch, während du auf einem Stuhl sitzt. Ich gebe dir zwanzig vor, Mann. Du spielst wie ein Weib.«
Sylvio vergaß seinen Beutel und seine »Double Happiness« -Bälle; Coen musste sie ihm nachwerfen. Er wollte das Geld nicht. »Gib es der Wohlfahrt, Emmanuel. Sollen sich die Leute auf der Galerie Eis und Kuchen kaufen. Soll doch das ganze Hotel schlemmen. Aber heb ein paar Dollar für Arnold auf.« Er weidete sich nicht an Sylvios Niederlage wie Schiller, der sich hämisch freute. Schiller rasselte mit der Gelddose.
»Manfred, das ist wieder mal ein Spieler, der es sich zweimal überlegt, ehe er uns belästigt. Er wird es nicht wagen, seinen Schläger noch einmal in der Öffentlichkeit zu zeigen.«
Coen verspürte den Drang, hinter Odile herzulaufen, ein Bedürfnis, das er unterdrückte; sie war mit der Sportskanone gekommen, sollte sie auch mit ihr gehen. Er fragte sich, was sie mit Sylvio ausgehandelt hatte: Bargeld oder Bezahlung im Bett? Der Bulle war eifersüchtig. Er mochte sie trotz all ihrer Unarten. Ihr Gang in den hohen Schuhen mit den dicken Sohlen war gekünstelt. Sobald Schiller außer Hörweite war, murmelte er vor sich hin: »Du hast dich verrechnet, Odile. Ich bin der wahre Spieler, nicht Sylvio. Ich habe für Zorro schon um Geld gespielt, ehe dieses Baby wusste, was ein Schläger ist. Manfred Coen von der Loch Sheldrake Pingpong-Schule. Mit Sandpapier war ich fantastisch.«
Odiles Wangen brannten, als sie die Treppe hinauflief. Sie sah sich nicht nach Sylvio um. Ihre Rocknähte saßen schief. Aus dem Keller kam sie halb angezogen; sie war mit ihren Fingern nicht durch den Ärmel gekommen. Sylvio führte ihre Hand in den Ärmel und spürte den Luxus ihrer Knöchel.
»Rühr mich nicht an«, sagte sie. Sie drückte ihm hundert Dollar in die Hand. »Da hast du dein Geld. Verschwinde jetzt.«
Sylvio hielt sich einen Meter hinter Odile; er glich seine Geschwindigkeit jeweils ihren Schritten an. Seine Pupillen waren geschrumpft und Odile sah nichts von ihm als das dreckige Weiß
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