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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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vormachen, Manfred. Ich bin ein Buchmacher, kein Wohltätigkeitsverein. Dein Vater, deine Mutter und dein Onkel Sheb haben mir kleine Gefälligkeiten erwiesen. Ich habe einige meiner Rechnungsbücher in ihren Eierkisten gelagert. Ich habe deinen Onkel auf Botengänge geschickt, damit er seine Selbstachtung nicht verliert. Ich habe ihnen ein Haus in Loch Sheldrake gratis zur Verfügung gestellt, aber deine Mutter war sich zu fein dafür. Sie wollte nicht, dass dein Vater von mir oder meinen Jungen verunreinigt wird. Sie war eine kultivierte Frau, diese Jessica. Es war mir ein Vergnügen, sie auf der Farm zu haben. Sie hat deinem Vater erzählt, ich hätte mir ihr geflirtet. Manfred, ich schwöre dir bei Jerónimos Leben, dass ich nichts getan habe, außer einmal ihr Knie zu berühren. Sie hätte mehr anziehen sollen, wenn sie in meinem Obstgarten spazieren gegangen ist.«
    »Papa, das erklärt immer noch nicht, warum sie das Gas vorgezogen haben.«
    »Manfred, dein Vater hat von Monat zu Monat weniger verkauft. Mit den Eiern, die ich ihm abgekauft habe, hätte ich eine ganze Armee ersticken können. Auf die Dauer war das einfach nicht tragbar.«
    »Dann hättest du ihm den Laden schließen sollen, ehe ich nach Deutschland ausgerückt bin. Wie hätte ich die Sache von dort aus bereinigen können?«
    »Sie hatten sich schon lange mit dem Gedanken getragen zu sterben. Dein Vater besaß zu viel Vornehmheit. Mit seiner Diät kann man in der Boston Road nicht existieren. Den Coens wäre es besser gegangen, wenn sie Fleisch statt Gras gegessen hätten.«
    »Erklär mir, warum Sheb seit so vielen Jahren Prämien von dir kassiert, Papa.«
    Papa schaute finster drein. »Was für Prämien?«
    »Zwei Dollar monatlich aus Jerónimos Hand.«
    »Manfred, treib es nicht zu weit. Ich habe noch Blut unter meinen zahllosen blauen Flecken. Nachdem er den Ofen für Albert angedreht hatte, war dein Onkel ein Irrer. Jorge hat ihn lachend und kreischend und von Kopf bis Fuß bepisst auf der Feuertreppe gefunden. César ist raufgeklettert, weil er ihn runterholen wollte. Aber er wollte nur mit Jerónimo gehen. Also ist das Baby raufgeklettert und hat Shebby die Hand gehalten. So haben wir ihn in den Laden geholt. Die Jungen haben ihm die Pisse abgewaschen. Er hat bei Jerónimo geschlafen, er hat von Jerónimos Teller gegessen. Und ich habe ihm das gleiche Taschengeld wie dem Baby ausgesetzt. Zwei Dollar monatlich. Für die Beerdigung haben wir ihm Jorges Mantel geliehen.«
    »Papa, jemand hätte daran denken sollen, mich einzuladen. Ich hatte das Recht, eine Handvoll Erde auf den Sarg meines Vaters zu werfen.«
    »Manfred, César hat an die Armee geschrieben. Er hat keine Antwort bekommen.«
    Coen hatte plötzlich keine Lust mehr, weiterzubohren. Er konnte Papas Kopf nicht einfach umdrehen, ihn zwingen, ihm beim Reden ins Gesicht zu sehen; das tat kein Guzmann. Coen drückte sich an die Wand. Papa stand auf. Die Sorge um Jerónimo ließ ihn auf dem linken Auge schielen. Er hatte mehr graue Haare, als Coen in Erinnerung gehabt hatte. Seine Knöchel waren bucklig vom Mixen der Eiscremesodas. Er küsste Coen freundlicher als zur Begrüßung.
    »Sei vorsichtig, Manfred. Du solltest Césars Chinesen nicht mehr ins Gesicht fassen. Er hat deinen Namen ausgesprochen.«
    Coen sah den Guzmanns aus dem Fenster nach. Papa konnte sich nicht bücken. Siebzehn Stunden täglich stand er hinter der Theke und daher war sein Gang steifbeinig. Er steckte seine Hand in Jorges Tasche, um Jorge über die Straße zu führen. In Manhattan blieben seine Schultern kalt. Jorge klagte; er war ausgehungert. Daher aßen sie im vegetarischen Restaurant Haferflockensuppe, ehe Césars Fahrer sie zum Laden zurückbrachte, Papas Magen gab sich ohne Rindfleisch oder Schweinefleisch nicht zufrieden, doch Jorge wirkte gesättigt. Im Wagen rülpste er durch die Faust. Papa dachte nicht gern an die Toten. Er hatte schon vollauf mit den Lebenden zu tun. Doch Alberts Frau hatte noch heute die Macht, ihm einen Stich zu versetzen. Nippel schafften ihn nicht übermäßig. Er hätte auf einem Lotterieschein hundert bessere Nippel als die von Jessica Coen auflisten können. Doch ihr Lächeln verkraftete er nicht. Albert bemitleidete er. Manfred liebte er. Jessica machte ihm nichts als Ärger. In ihrer Anwesenheit hatte er einen Ausschlag auf den Armen bekommen. Statt Zwanzigdollarscheine in den Kaminen seiner Farm einzupökeln, stand er oft hinter einem Baum und beobachtete Jessica, die

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