Das ist das Leben!: C'est la vie (German Edition)
Gestank eines richtigen Bocks erleben. Stundenlang die bekannten Kunstdrucke Das Stufenalter des Menschen betrachten. Hingerissen sein von der Schönheit seines Vaters und von seinen langen, schlanken Händen. Mit geschlossenen Augen, so lange man will, den verborgenen Geruch von Teer und Meer in den Schläfenhaaren eines Menschen riechen, den man liebt und der es zulässt.
Einen schönen blauen Lidstrich ziehen. Sich über die Tränen des jungen Mädchens wundern, das so gerührt ist, einen zu treffen. Versuchen, die Fühler einer Schnecke überraschend zu berühren. Versehentlich einen Stromschlag am Ellbogen bekommen. Eine Gruppe hübscher Jugendlicher bewundern. Begeistert sein von der ätherischen Form und Farbe einer Hibiskusblüte. Aufgrund der eindeutigen Gewissheiten, die die Zahl 40 mit sich bringt, meinen, dass man mit vierzig Jahren älter ist als mit fünfzig oder sechzig. Sich Sorgen machen. Unnötig Angst haben wegen eines Patzers, einer Unachtsamkeit, einer Verspätung oder vor dem, was »die Leute sagen« könnten. Von jemandem beachtet zu werden, dessen Wertschätzung einem am Herzen liegt. Ganz einfach zufrieden sein mit dem, was man gerade gemacht hat …
10. September
… bestimmte große Autoren nie gelesen haben, sich aber mit Freude an den geheimnisvollen »Hügel« auf den Antillen aus seinem ersten richtigen Kinderbuch erinnern. In Charles-André Julien-Brun verliebt gewesen sein, der Chor und Orchester der Pariser Gymnasien bei der Preisverleihung an die besten Schüler und Schülerinnen an der Sorbonne geleitet hat. Zwei Monate lang während der Scharlacherkrankung des Bruders – vor der Zeit der Antibiotika – in einem Internat für Taubstumme und einige Jahre bei der Congrégation Sœurs Saint-Charles an der École Sévigné in Saint-Étienne verbracht haben. Das Alleinsein genießen und sich verdrücken, wenn zu viel Trubel aufkommt.
Ähnlichkeiten erfassen, aber nicht malen können. Die Toten wieder zum Leben erwecken, indem man von ihnen spricht. Sich innerlich für seinen Kleinmut verfluchen, für seine Faulheit, seine Zögerlichkeiten, seine Unsicherheiten, seine fehlende Beharrlichkeit, für seine Empfindlichkeit, Langsamkeit, Verfressenheit, für seinen Hang, alles auf morgen zu verschieben, seine Angst zu »stören« und noch viele andere Unzulänglichkeiten.
Über das Adjektiv »misstrauisch« stolpern, mit dem ein Freund das schmerzliche Ende seiner Liebeserfahrungen erklärte, und sich fragen, wie man ohne Vertrauen leben kann.
Manchmal, wenn der Schmerz vorbei war, absolutes, zu Herzen gehendes, fast quälendes Glück empfunden haben.
Jemanden kennen, der dem Alltag gegenüber so gleichgültig ist, dass er aus dem Fenster schauen muss, wenn man ihn am Telefon fragt, ob die Sonne scheint oder ob es regnet.
Innerlich die unbarmherzigen Urteile und die amüsanten Charakterisierungen der Großmutter anwenden, die von ihren moralischen Ansichten und ihrer Auffassung der Geschlechter zeugen: Schmutzliese, Fettwanst, Mannweib, der gehört der Hintern versohlt, der will mit den großen Hunden pinkeln und bekommt das Bein nicht hoch, eingebildete Ziege, alter Drache, Hornochse, Windhund, Klatschmaul, Kriegstreiber, Ohrfeigengesicht, falscher Fuffziger, Maulheld, Grünschnabel, Zuckerpüppchen, armer Schlucker, Faulpelz, Herumtreiber. Auch innerlich rebellieren, wenn ein Erwachsener einen in eine Schublade mit seinen Großeltern steckt – und was noch alles!
Fasziniert sein, dass man nur wenige Falten hat, und traurig sein über seine hässlichen Narben. Neugeborene, ihre winzigen Händchen, ihre runden Augen und ihre wohlgeformten Münder betrachten – all die Stellen, die Wissen und Liebe aufnehmen werden.
Manchmal auf den Lämmer- und Zickleinmarkt im burgundischen Marcigny gehen – überhaupt gern auf den Markt gehen: die kalten Augen der Fische, Berge von Obst, Käselaibe, Kräuterstände. Genüsslich eine Bestandsaufnahme des reichen Angebots von Eisenwarenhandlungen und Kurzwarengeschäften machen.
Vor Freude beben beim Gedanken, jemandem eine schöne Überraschung zu bereiten. Geschichten erzählen. Laut lesen. Vier Katzen geliebt haben: Roulette, eine scheue graue aus der Auvergne, Julie, eine sture, gesprächige blaue Siamkatze, Petite Mère, eine gewitzte bretonische Tigerkatze, und ihren Sohn Mitchum – ein rot getigerter, sanfter Kater mit breiter Brust.
Auch nach achtundvierzig Apfeltaschen, Schokoladencroissants, Rosinenbrötchen, Schweinsohren und
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